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52 – 18/19�  Altstadtverein Fürth

Die Quellenlage zur Altersbestimmung von Für th Von Thomas Werner

Eine der am meisten verbreiteten Thesen zur Altersbestimmung von Fürth ist die historisch bekannte Flussfahrt Karls des Großen vom seinerzeit gescheiterten Kanalbau (Karlsgraben) bei Treuchtlingen bis Würzburg im Jahre 793, der man eine Übernachtung in den Fürther Rednitzwiesen angedichtet hat und mit hypothetischen Etappen damaliger Flussreisen begründen wollte. Im Zusammenhang mit dem dann aus einer Papsturkunde des Jahres 1323 bekannten Martinspatrozinium in Fürth ist man schon 1705 auf die Idee verfallen, dass der von Karl dem Großen so geliebte Kirchenpatron gleichzeitig auch für den Schutz der Kirche in Fürth verantwortlich gewesen sein müsste aufgrund einer Stiftung im Rahmen der oben genannten Übernachtung. In den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts hat man diese Überlegung aufgegriffen und aus der Verbreitung der Martinspatrozinien in unserer Gegend ein taktisches Vorgehen der fränkischen Könige erkennen wollen, um gegen alles, was an Bedrohungen aus dem Osten zu erwarten war, gewappnet zu sein, weil Kirchen mit diesem Patrozinium als Zentrum fränkischer Königshöfe die Verteidigungslinie markiert haben sollen. Als Ergebnis solcher ausgedachten Strukturen ist man zu dem Schluss gelangt, dass Fürth seit ca. 750 n. Chr. existieren müsse, genaueres sei aber weiteren Forschungen vorbehalten. Dieser Forschungsstand der 30er Jahre ist bis heute leider nicht revidiert worden, lässt aber zugleich die Vermutung aufkeimen, dass zur Zeit des germanophilen Nationalsozialismus die These verbreitet werden sollte, der Osten sei durch die Stärke fränkischer Könige „zivilisiert“ und „christianisiert“ worden und habe einer slawischen Ausbreitung erfolg-

reich entgegen gewirkt. Wird die germanophile Ansicht demnach auch heute noch in Fürth vertreten? Dieses so beliebte Geschichtsbild muss einer genaueren Überprüfung unterzogen werden, denn schon die gedanklich konstruierten Verbindungen und Beziehungen lassen erkennen, dass lange auseinander liegende Zeiträume einfach verkürzt und damit in direkten Zusammenhang gebracht worden sind – eine Methode, die wissenschaftlich gesehen nicht zulässig ist oder wenigstens einer empirischen Belegkette bedurft hätte. Über die Irrtümer, Missverständnisse und Fehlinterpretationen, die der Erforschung der historischen Vorgänge nicht zuträglich waren, ist im Altstadtbläddla Nr. 47, 2013/14, S. 34 – 39 berichtet worden. Im folgenden Artikel soll der Frage nachgegangen werden, welche der historischen Abläufe für eine mögliche Datierung ernsthaft in Erwägung zu ziehen sind, welche Quellen dafür zur Verfügung stehen und wie oder ob sich das auf die frühe Fürther Ortsgeschichte ausgewirkt haben kann. Die relevanten Quellen und Literaturangaben sind in Kursivschrift hervorgehoben. Karls Flussfahrt auf der Rednitz 793

Als 1705 Johann Alexander Boener in der Einleitung zu seinem Werk „Kurzer Bericht von dem Alterthum und Freyheiten des freyen Hof=Markts Fürth ...“ die Bootsfahrt Karls des Großen auf der Rednitz mit Fürth in direkten Zusammenhang gebracht hatte, konnte er bereits auf die Gelehrsamkeit des Humanisten Willibald Pirckheimer (1470 – 1530) zurückgreifen, ohne daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. In einer über hundert Jahre später folgenden Dis-

kussion wird einerseits im 1. und 13. Jahresbericht des Hitorischen Verein Mittelfrankens durch die Autoren Feuerbach und Redenbacher bezweifelt, dass die Schiffsreise überhaupt stattgefunden habe, während der Fürther Stadtchronist Fronmüller diese Fahrt befürwortet hat. Beide Seiten haben für ihre Argumentation auch die entsprechenden Zitate der Belegstellen beigefügt, dass für den Laien zunächst unklar blieb, welcher der unterschiedlichen Auffassungen mehr Glauben geschenkt werden durfte. Die älteste Quelle zu dieser Flussfahrt sind die zeitgenössischen fränkischen Reichsannalen (Annales regni Francorum), die den Reiseweg Karls im Blick gehabt haben und davon sprechen, dass die Weiterfahrt vom Karlsgraben (Fossa Carolina) über die Rednitz in den Main per Schiff/Boot nach Würzburg erfolgt sei. Eine andere Quelle, die sogenannten Einhardsannalen (Annales qui dicuntur Einhardi), berichtet zwar ausführlich über den Kanalbau (Karlsgraben) 793, erwähnt dann aber nur noch, dass Karl der Große Weihnachten in Würzburg und Ostern 794 in Frankfurt verbracht habe. Auf eine Bootsfahrt wird nicht eingegangen genau so wenig darauf wie er dorthin gelangt ist. Während die Reichsannalen die karolingischen Könige in bestem Licht erscheinen lassen, wird in den Einhardsannalen auch von Negativem und Misslungenem oder besonderen Schicksalsschlägen erzählt, was sie natürlich sehr glaubwürdig erscheinen lassen. Wenn von der Flussfahrt nichts zu lesen ist, wird das aus heutiger Sicht so interpretiert, dass es für den Autor als selbstverständlich vorausgesetzt nicht erwähnenswert gewesen sei. Die in der fachlichen Literatur kürzlich geäußerten Anmerkungen, die Einhardsannalen sei35