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FÜRTHERMARE Vor kurzem erst war ich mit einem Theologenfreund im Fürthermare. Dort gibt es unter anderem als Solebad einen relativ dunklen Raum mit Schweigegebot. Man liegt in der warmen Salzbrühe wie im Toten Meer. Man fühlt sich getragen und wenn die Ohren unter Wasser sind, hört man geheimnisvolle psychedelische Musik. Über einem, hoch oben läuft eine Lightshow ab, der ganze Kosmos öffnet sich, die Gestirne laufen ihre Bahn und als Altphilologe fällt mir wieder ein, dass „Kosmos“ Schmuck, Ordnung und Weltall bedeutet. Angesichts der unendlichen Weite oder Tiefe des Weltalls, die hier allerdings nur vorgespiegelt war, fragte ich meinen Freund, wie man eigentlich in dieser Verlorenheit an einen persönlichen Gott glauben könne. Wenn es einen Schöpfergott tatsächlich gegeben haben sollte, die griechische Gleichsetzung von „Ordnung“ und „Weltall“ spräche ja dafür, dann könnte dieser Gott tatsächlich nur ein höchstqualifizierter Ingenieur gewesen sein mit Hausmeisterbefugnissen, der für den reibungslosen Ablauf der Gestirne zuständig wäre. Für menschliche Fragen wäre dieser Gott leider nicht mehr zuständig, diese Detailfragen könnten ihn total überfordern. Ich fragte ihn erst später, naturgemäß, denn vor Ort hätte uns empörtes Zischen zum Schweigen gebracht. Um uns herum lagen stumme, schwere Tiere, Manatis, Seekühe, männlichen und weiblichen Geschlechts. Sie trieben auf dem Wasser, mit Händen oder Füßen verankert an den Stangen, die das Becken umgaben. Manche trieben auch frei, nur ab und an drehte sich einer dieser mächtigen Körper wie betäubt um seine eigene Mitte. Das klingt nach Rilke, aber heutzutage möchte jeder alles noch einmal oder erstmals oder immer wieder etwas erfahren: sich selbst oder jene geheimnisvolle Mitte, um die sich alles dreht, oder das Geburtserlebnis, rebirthing genannt oder die vorgezogene Nahtoderfahrung. Man sollte ja alles einmal im sicheren Labor oder auf der Therapeutencouch erleben, bevor man sich dem Entsetzliche, dem Unausweichlichen aussetzt. Man kann sich ja sicherheitshalber einfrieren lassen und hoffen, dass sich auf diese Weise das Ende doch noch etwas hinausschieben lässt. Das alles geht einem durch den Kopf, während man – von außen betrachtet – scheintot, zeitlos auf den Fluten treibt. Das mit „zeitlos“ stimmt nicht so ganz, weil der Bordcomputer an meinem Handgelenk jede Daseinsminute aufzeichnet, um daraus einen möglichen Finanzausgleich zu errechnen. Aber sei`s drum: man fühlt sich aufgehoben. Das Fürthermare ein Mutterleib, in dem wir als pränatal oder postnatal verfettete Embryonen treiben. Wer aber bis zum Abend nicht ohne Hebammenunterstützung das wohlige Wasser verlassen hat, der fällt für immer der Fürther Kriminalstatistik anheim. Tote treiben immer länger. Ein wunderbarer Frankentatort wäre gefunden. FRITZ SCHNETZER

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REDAKTION: Thomas Werner, Siegfried Meiner, Angelika Modschiedler

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