welcher für Unterführung (Tunnel) der Schwabacher Straße ist und durch das Ergebnis derselben dafür werben will. (19.) Das neue Volksschulhaus in der Maistraße ist seinem Zweck übergeben worden und sind bereits 4 Klassen daselbst in Benützung. (23.) Der Apostel der Menschlichkeit, Johannes Gutzeit (Leutnant a. D.), hielt heute im „Grünen Baum“ in 2 Abteilungen Vortrag über das Thema: „Vernunftgründe gegen das Prügeln in der Schule.“ Eintrittspreis 20 Pfennige. Gutzeit, ein Feind der heutigen Kleiderordnung, trägt einen Talar aus weißgelbem Wollstoff, der bis zu den Knöcheln reicht und mit einem Gürtel um die Lenden befestigt ist; als Fußbekleidung trägt er Sandalen, Strümpfe keine, Kopfbedeckung keine, dafür langes wallendes Haar, das mit einem Band zusammengehalten ist. Derselbe ist Vegetarier. Über seine Erfolge dahier wird dem Nürnberger Korrespondenten geschrieben: „Der Gesundheitsapostel Gutzeit fand hier mit seinem Auftreten und Wirken wenig Anklang. Der Jünger Diefenbachs hatte sich zu seinem Vortrag als Thema gewählt: „Vernunftgründe gegen das Prügeln in der Schule“. Andern Tages wurde er aber anscheinend von einem Schulmann in fein ironisierender Weise belehrt, dass ihm Pädagogik ein böhmisches Dorf sei. Alsbald verließ uns Herr Gutzeit, um anderwärts in seinem Sinne zu pflügen.“ (29.) Seit heute ist das Doppelgleis der Pferdebahn vom Hotel National dahier bis zum Plärrer in Nürnberg in Betrieb. Der Fahrpreis ist von morgen ab für diese Strecke 20 Pfennige (bisher 15 Pfennige). (30.) Kirchweihsonntag regnerisch, Nachmittag gegen 2 Uhr Gewitter. Durch den Sturm erlitten die Schaubuden mehrfach Beschädigungen. Oktober 1888 (1.) Seit heute verkehrt zwischen Fürth und Zirndorf an Stelle des Carriolpostwagens ein 4sitziger Postomnibus. (9.) Auf der Kirchweihmesse wurde eine große Partie irdenes Kochgeschirr, weil zu stark bleihaltig, mit Beschlag belegt. (10.) Tagsüber Regen (2. Kirchweihmittwoch). Auf Antrag einer Anzahl Messfieranten beschließt der Magistrat mit 6 gegen 3 Stimmen: „Die Kirchweihmesse, wie sie geht und steht, bis einschließlich Sonntag, den 14. zu verlängern.“ Im Publikum fand dieser Beschluss Freunde und Gegner. (5.) Das „Fürther Tagblatt“ schreibt: „Vergangenen Samstag wurde in der Leyher Waldspitz eine originelle Wette eingegangen und auch sofort von dem Betreffenden - abgefressen. Ein kleiner Mann (Handlanger) behauptete, 8 sehr große Blutwürste mit Suppe, eine Portion Backsteinkäse, eine Portion Kesselfleisch und zwei Pfund Pressack, jede Portion mit Kraut, die mit Käse ausgenommen, und einen 30-Pfennig-Kipf auf einmal aufessen zu können. Zwei Maß Bier wurden noch dazu bewilligt und von dem Manne das Ganze mit großem Appetit vertilgt; als er fertig war, schaute er sich nach weiteren Fressalien um.“ (29.) Die hiesige Presse brachte über die jüngste Aufführung des „Trompeter von Säckingen“ eine mehr oder weniger abfällige Kritik. Dies gab nun dem Theaterdirektor Reck Veranlassung, in einem Brief an die Redaktionen der hiesigen Zeitungen „Verschiedenes zur Sprache zu bringen, was wohl schon längst hätte gesagt werden sollen.“ Es betrifft das die unzulänglichen Einrichtungen jeder Art im hiesigen Theater, welche eben für die Ansprüche an ein Theater der Jetztzeit nicht mehr genügen und kommt zu dem Fazit, „dass für Fürth eine neue, würdige Stätte für die dramatische Kunst geschaffen werde.“ November 1888 (7.) [Eine Beschwerde gegen das auf Grund der Sozialistengesetze verbotene Waldfest (12. August 1888) wurde von der königlichen Kreisregierung abgewiesen, da „... es nur den Zweck verfolge, die Arbeiter für die sozialdemokratischen Ideen immer mehr heranzuziehen und die auf den Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteten Bestrebungen der Sozialdemokratie zu fördern. Die Kreisregierung nimmt hierbei noch auf Vorgänge gelegentlich des am 29. Juli auf dem Evorakeller in Fürth stattgehabten Arbeiter-Sommerfestes Bezug, wobei dem sozialdemokratischen Parteiführer Bebel Ovationen bereitet und vielfach rote Abzeichen in demonstrativer Weise getragen worden seien.“ (11.) Von heute an befinden sich Comptoir und Kassalokale der Brauerei Joh. Humbser in den neuen Brauereigebäuden, Schwabacher Straße 35. Durch die vor 5 Jahren gleichfalls verlegte Brauerei Mailänder oberhalb der Wolfschlucht, sind nun zwei der größten hiesigen Brauereien aus der Bäumenstraße entfernt worden und befindet sich daselbst nur noch die Brauerei Geismann, welche im Laufe dieses Jahres bedeutend vergrößert, mit neuen Maschinen und 35 Meter hohem Dampfkamin versehen wurde. Letztere Brauerei liefert seit einigen Jahren das so beliebte Salvatorbier. (13.) Als heute Morgen nach 2 Uhr in einer Bäckerei an der Frankfurter Landstraße ein Bäckerlehrling geweckt werden sollte, welcher mit 2 anderen jungen Leuten sein Nachtlager oberhalb der Backofenwölbung genommen hatte, fand man diese 3 Personen tot und zwar infolge Einatmung von Kohlenoxydgas. (19.) Der Telefonbetrieb ist ab heute im neuen Postgebäude. 11
Seite:Käppner-Chronik 1887-1910.pdf/11
Aus FürthWiki