Eisstauung waren auch der Wasserleitungssteg und Fronmüllersteg, wie auch die Poppenreuther Brücke in Gefahr. Die Wasserleitungsrohre in der Nürnberger Straße (im Pferdebahngeleis) sind auch stellenweise eingefroren und mussten mit Dampf aufgetaut werden, was teilweise jetzt noch nicht bewerkstelligt ist. Erfrierungen von Ohren, Nasen, etc. kamen vielfach vor und es brachte die Industrie „Ohrenschützer“ auf den Markt. (9.) In heutiger Magistratssitzung wurde beschlossen, vom Schuljahr 1893/94 angefangen, die hiesige isolierte Lateinschule durch Anfügung einer 6. Klasse in ein Progymnasium umzuwandeln. Die Kosten aus der Personal- und Realexigenz, sowie Pensionslast übernimmt die Gemeinde so lange, als nicht in Folge anderer Rechtstitel der Staat oder Kreis künftig die Kosten zu tragen haben. In Verbindung mit dem Progymnasium bleibt die Vorschule mit dem Charakter einer Simultanschule, deren 4 Klassen mit wirklichen Lehrern besetzt werden. (10.) Ein verheirateter Volksschullehrer und die 20jährige Tochter eines hiesigen Gärtners sind seit gestern abgängig; wie man nun hört, unterhielten dieselben ein Liebesverhältnis und man nimmt an, dass sie gemeinschaftlich nach Amerika durchbrannten. (11.) Wasserversorgung: In früheren Jahren musste in Brandfällen das zur Löschung benötigte Wasser entweder aus den Pumpbrunnen der Häuser oder gar der Rednitz oder Pegnitz entnommen werden. Im Jahr 1886 wurde in der Stadt mit dem Bau einer Wasserleitung begonnen und dieselbe bereits im Herbst 1887 dem Betrieb übergeben. Das Wasser liefern 8 Filterbrunnen, welche an eine gemeinsame Saugleitung angeschlossen sind. Durch diese Saugleitung fließt das Wasser in den vor der Pumpstation bei Dambach gelegenen Sammelbrunnen... Das Wasser wird mittels Pumpen direkt in die Häuser und nur der Überschuss in das auf der Alten Veste liegende Hochreservoir, aus zwei Kammern mit je 1.000 cbm Inhalt bestehend, gedrückt... Das Hauptrohrnetz hat jetzt eine Länge von 31.433 Metern... Der Feuerwehr stehen jetzt 242 Unterflurhydranten zur Verfügung. (14.) Für zwei heute beabsichtigte Faschingsumzüge musste aus Rücksicht auf die öffentliche Ordnung die Benützung der Straßen polizeilich untersagt werden. (15.) Das Thermometer zeigt um 1 Uhr nachmittags in der Sonne +26 Grad. - Durch ortspolizeiliche Vorschrift ist das Treiben von Schweinen durch die Stadt verboten, wenn mehr als 2 Tiere in Frage kommen. (24.) Eine gestern im „Grünen Baum“ tagende Versammlung beschloss, den Boykott über das Bier der Brauerei Evora und Meyer von heute an aufzuheben, nachdem die Wiedereinstellung der 3 Braugehilfen in eine der hiesigen Brauereien seitens der Brauereifirma Humbser zugesagt wurde. Zwei der Gehilfen etablierten sich inzwischen als Wirte... (26.) Heute wurde mit dem Ausschank des Salvators im Brauereianwesen Geismann begonnen und daselbst 70 Hektoliter vertilgt. Die Ludwigsbahn und Pferdebahn brachten die Gäste aus Nürnberg in großen Mengen. März 1893 (2.) Ende 1892 waren 73 Gasmotoren mit 198 ½ Pferdekräften in Betrieb mit rund 200.000 cbm Gasverbrauch. April 1893 (1.) Von heute ab sind 3 neue gelbe Postbriefkästen in Benützung; bisher waren es 19 Stück, welche mittels Postfuhrwagen abgeholt wurden; die jetzige Entleerung wird in einen Sack, den der Postbote mitbringt, bewerkstelligt. (9.) Konfirmanden waren es in diesem Jahr 152 (-23) Katholiken und 606 (-81) Protestanten. Nachdem auf die Auferstehungskirche allein 61 Kinder weniger kamen als voriges Jahr, so ist mit Bestimmtheit anzunehmen, dass der schon lange anhaltende schlechte Geschäftsgang viele Arbeiterfamilien veranlasste, von hier wegzuziehen. (26.) Am 23. und 24. fand hier eine Konferenz bayerischer Rabbiner statt. Mai 1893 (1.) Auf einer Pappel an der Pegnitz gegenüber der Baldstraße wehte eine rote Fahne mit der Inschrift: „Hoch lebe die revolutionäre Sozialdemokratie 1893“. Dieselbe wurde auf Betreiben der Polizei von der Feuerwehr herabgeholt. (2.) Nachdem mehrere Schüler des Maistraßenschulhauses an Scharlach erkrankten, woran deren 2 rasch verstarben, ist das Schulhaus bis auf Weiteres geschlossen worden, um Desinfektionen, Anstreicharbeiten usw. vorzunehmen. Juni 1893 (2.) Brauereibesitzer W. Evora stirbt, 47 Jahre alt. Derselbe war langjähriges Mitglied des Gemeindekollegiums und für die bevorstehende Reichstagswahl als Kandidat der demokratischen Partei für den Wahlkreis Fürth-Erlangen aufgestellt. 24
Seite:Käppner-Chronik 1887-1910.pdf/24
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