(29.) Heute wurde mit den Arbeiten für Errichtung der neuen Brücke über die Rednitz an Stelle der abzutragenden Maxbrücke begonnen. August 1902 (1.) In letzter Magistratssitzung wurde angeregt, ob es nicht angezeigt sei, die Handwagen, Schubkarren etc. vom Pflasterzoll (3 Pfennige pro Stück) zu befreien. Der Magistrat beschließt, den Zoll auch weiterhin zu erheben. (2.) 70 Knaben wurden heute in die Ferienkolonie nach Pommelsbrunn gebracht; die seit 3 Wochen dort befindlichen Mädchen kehren zurück. (5.) Unter der Überschrift „Industrielle Rückblicke“ veröffentlicht der „Fürther Central-Anzeiger“ mit dem Zeichen W nachstehendes: In den letzten drei Decennien hat die hiesige Industrie einen gewaltigen Aufschwung genommen. Dennoch ergibt ein Rückblick, dass viele Geschäftszweige teils ganz, teils nahezu von der Bildfläche verschwunden sind. So gab es im Jahr 1843 dahier noch 51 selbständige Drechslermeister, die nichts weiteres als Tabakspfeifen, Pfeifenteile oder Zigarrenspitzen aus Horn und Holz verfertigten. Dieser Geschäftszweig ist nunmehr nur noch einzeln vertreten, denn die Tabakspfeife steht fast auf dem Aussterbeetat und von den Zigarrenspitzen ist die am meisten begehrteste die aus Papier verfertigte. Selbständige Gürtlermeister gab es dahier im Jahre 1843 noch 36, die sich durch Herstellung von Messingbrillen, Gürtel- und Mantelschließen, Metallknöpfen usw. in sorgenfreier Weise nährten. Gegenwärtig verzeichnet das Adressbuch nur noch 19 Gürtlermeister, obwohl die Einwohnerzahl seit 1843 von 15.000 auf nahezu 60.000 angewachsen ist. Nagelschmiedmeister gab es noch in den 50er Jahren dahier 4, nunmehr existiert kein einziger mehr. Das Gleiche ist bei den selbstständigen Kammachern der Fall, deren es 8 und bei den Lichterziehern, deren es 10 gab. Von den 50 Strumpfwirkergeschäften existiert nicht ein einziges mehr... Webermeister gab es dahier in den vierziger Jahren noch 46, der letzte derselben war der spätere bekannte Gastwirt J. Hufnagel. Aufgehört zu existieren haben seit 1843 des weiteren dahier die Geschäfte Uhrgehäusemacher (12), der Zirkelschmiede (3), der Federkielfabrikanten (8), der Feldspiegelmacher (28), der Mandelkaffeebrenner (32), der Uhrschlüsseldrechsler (6), der Knopfstecher (14), der Spiegelroller (7), der Branntweinbrenner (60), der Hafenbinder (5), der Krautschneider (4), der Holzmesser (12) usw. Der letzte der dem Untergang geweihten Industriezweige war derjenige der Quecksilberbeleger, der noch im Jahr 1884 in voller Blüte stand. Infolge eines von Dr. Bruno Schönlank veröffentlichen Werkes sah sich die königliche Regierung veranlasst, über die Belegen derartige harte Bestimmungen zu verhängen, dass deren weitere Existenz zur Unmöglichkeit wurde. Soweit unser Rückblick, der bestens das Dichterwort illustriert: Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit. - Und neues Leben blüht aus den Ruinen. September 1902 (1.) Das neue Schulhaus (südlich) in der Schwabacher Straße ist heute in Benützung genommen worden. (17.) Eröffnung des neuen Stadttheaters... So ist es denn Wahrheit geworden! Was schon unsere Väter sehnsüchtig gewünscht, was Bühnen- und Bürgerkreise längst erstrebt, was Behörden gefordert, was opferwillige und tatkräftige Männer gefördert, was kunstsinnige Hand erdacht und kunstfertiges Geschick ausgeführt, was das Interesse der ganzen Bevölkerung wach hielt vom ursprünglichen Plan über den ersten Spatenwurf hinweg bis zum letzten Pinselstrich; heute steht es als kostbares Kleinod vollendet vor uns - das neue Stadttheater... Der „Fränkische Kurier“ schließt seine Betrachtungen wie folgt: Die Nachbarstadt Fürth hat mit ihrem neuen Theater eine Zierde erhalten, deren Besichtigung in nächster Zeit wohl der Zielpunkt unserer Bevölkerung sein wird. (20.) Heute abend 5 Uhr Eröffnung des Warenhauses Forchheimer und Schloss im Neubau am Obstmarkt. (21.) Die vereinigten Aluminiumschlägermeister von Schwabach, Fürth und Nürnberg haben sämtliche Gehilfen und Beschneiderinnen ausgesperrt. Oktober 1902 (3.) Die Hebefeier des Sanatoriums fand vergangenen Samstag nachmittags 5 Uhr in einfacher, jedoch würdiger Weise statt... (22.) Errichtung einer allgemeinen Ortskrankenkasse... (30.) Der Anschluss des Gymnasiums an das Elektrizitätswerk für den Unterricht in Physik und Geographie mit 565 Mark Kosten wird vom Magistrat genehmigt. November 1902 (4.) Vom Landgericht dahier wurde ein hiesiger Arbeiter, der von der Polizei ertappt wurde, als er in der englischen Anlage Blumenstöcke mutwillig ausriss, mit 6 Monaten Gefängnis belohnt! 52
Seite:Käppner-Chronik 1887-1910.pdf/52
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