Engelhardt'schen Gießerei abgestellt werden, weil Kinder Gesträuche auf die Schienen warfen, welche sich in die Triebräderstangen verwickelten. (30.) Im Sitzungssaale des Amtsgerichts wurde von der Polizei eine Razzia vorgenommen. Außer einer Anzahl fragwürdiger Mannspersonen wurde auch eine „Dame“ aus Nürnberg aufgegriffen. Mai 1888 (1.) Von heute an kann mit Mögeldorf und dem Schmausenbuck bei Nürnberg telefonisch verkehrt werden. (4.) Durch die nun vollendete Neupflasterung des Marktes sowohl als der unteren Königstraße ist einem seit langen Jahren schon gefühlten dringendem Bedürfnis abgeholfen worden. (12.) In einer außerordentlichen Magistratssitzung wurde der Antrag des Gemeindekollegiums auf sofortige Besprengung aller Straßen durch die Gemeinde der Verbescheidung unterstellt. Nach langen Debatten wurde der Antrag abgelehnt und der Antrag Scharff angenommen, vorerst nur die ungepflasterten und neugepflasterten Straßen zu besprengen. - Die hiesigen Tageblätter wimmelten in den letzten Tagen nicht wenig von Eingesandt's, die alle Klagen über den riesigen Staub enthielten und mit Hinweis auf die nun fertige Wasserleitung Abhilfe verlangten. Juni 1888 (1.) Unter großer Beteiligung war heute in der Michaelskirche Trauergottesdienst für den verstorbenen Pfarrer Langhans; sehr groß war auch die Beteiligung beim Leichenzug nach dem alten Kirchhof. Die Beisetzung fand statt in dem Diakonissengrab unweit der Auferstehungskirche. (6.) Durch Errichtung großer Glasschleifereien wurde eine große Anzahl Arbeiterfamilien aus Oberfranken und Oberpfalz herangezogen, welche viele Kinder mit hierher brachten. Im letzten Monat allein betrug nach Aussage des städtischen Schulrates dieser Zuzug über 100 Kinder. Hierunter leidet nicht nur der Unterricht wegen der geringen Vorbildung dieser Zuzügler, sondern es wird durch diese abnorme Vermehrung der Schülerzahl auch die Errichtung mehrerer Klassen notwendig, woraus nicht unbedeutende Kosten erwachsen. Die Frequenz sämtlicher Klassen der Volksschule beträgt zur Zeit 5150 Kinder, gegen 4906 im Vorjahr. (14.) Antrag im Magistrat zur Errichtung eines Schweinemarktes: Zur Zeit kommen die Schweine in Wagenladungen mittels Eisenbahn hier an und werden dann in den Straßen den verschiedenen Metzgereien und Wirten behufs Ankaufes zugetrieben. Dass heutzutage so ein Zustand noch existieren kann, ist allerdings ein Unikum und man hofft durch Errichtung eines Schweinemarktes entsprechende Abhilfe. - Vom 1. Juli ab wird in widerruflicher Weise für Latrinen- und Dungfuhrwerke Befreiung von der Entrichtung des Pflaster- und Brückenzolles gewährt. (15.) Die Kunde vom Ableben des Kaisers Friedrich III. traf hier um 1 Uhr mittags ein. Am Rathaus wurde eine umflorte deutsche Flagge ausgesteckt; wie auch schwarze und andere Fahnen an Privatgebäuden. Verschiedene Geschäftsläden zeigten in ihren Schaufenstern äußere Zeichen der Trauer. - Vor dem Schöffengericht hatten sich heute sieben Glasschleifer wegen Vergehens nach Paragraph 153 der Reichsgewerbeordnung zu verantworten. Anlässlich des Streiks in der Wiederer‘schen Fabrik sollen sie Genossen gezwungen haben, an der Verabredung zum Erlangen und besserer Lohnverhältnisse teilzunehmen. Zweien der Angestellten konnte derartiges nicht nachgewiesen werden; vier andere verhielten sich weniger passiv, indem sie Riemen im Fabriksaale auslösten und sogar einen Hauptriemen abschnitten, wie sie auch aufforderten: „Alles aufhören, Arbeit einstellen“ usw. Auch diese wurden freigesprochen, weil das Gericht keinen Zwang auf die persönliche Willensfreiheit erblicken konnte. Nur einer erhielt zwei Tage Gefängnis, weil er einem Kollegen, welcher die Arbeit nicht einstellte, auf der Straße zurief: „Schäme dich, hüte dich“. Durch Strafbefehl war über alle sieben Personen eine siebentägige Haft verhängt gewesen. (18.) Aus Anlass der Beisetzung Kaiser Friedrich III. war Trauersitzung der städtischen Kollegien, sowie Trauergottesdienst in der protestantischen, katholischen Kirche und Synagoge; einstündiges Trauergeläute. Während des Gottesdienstes waren alle Läden geschlossen, wie auch vielseitig Trauerflaggen ausgehängt wurden. Eine Beileidsadresse an Kaiser Wilhelm II. wurde vom Magistrat abzusenden beschlossen. (23.) Heute früh sieben Uhr verunglückten in einem Brunnen des Hauses Königstraße 88 durch Erstickung zwei Arbeiter, Werner und Mahr, welche behufs vorzunehmender Reparaturen in den Brunnen sich begeben hatten. Requirierte Mannschaften von der Feuerwehr brachten leider nur die Leichen aus dem Brunnen und es zeichnete sich hierbei Vizeobersteiger Christian Stefan aus, welcher, nachdem er eine Leiche bereits zutage gefördert hatte, nochmals in den Schacht sich hinabließen, jedoch selbst sofort bewusstlos herausgezogen werden musste, wovon er sich nach Verlauf einer halben Stunde wieder erholte. Die andere Leiche wurde durch Feuerwehrkommandant Gießwein herausgeholt. (26.) Das Kriegsministerium hatte die Absicht, während der Manöverzeit ein ganzes Regiment Infanterie auf sieben Tage und eine Schwadron Reiterei auf 20 Tage hierher zu legen. Auf erhobene Demonstration seitens des Magistrats kommen nur zwei Bataillone hierher, und zwar in Massenquartier; die Reiterei wird auswärts untergebracht. 9
Seite:Käppner-Chronik 1887-1910.pdf/9
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