Tugenden“ wie Stolz, Kühnheit oder Aufrichtigkeit im Wettkampf nahebrachte. In Fürth etablierte sich der „Kampfbund für Deutsche Kultur“, der die Ausmerzung fremdgeistiger undeutscher Literatur zum Ziel hatte. Stellenbewerber wurden jetzt bei Einstellungsgesprächen konsequent auf ihre nationalsozialistische Gesinnung hin geprüft. (Wie lange war der Bewerber schon Mitglied in der NSDAP oder in der SA?) Ohne „weltanschauliche Festigung“ keine Chance mehr auf eine Anstellung. Wer lange schon in fester Stellung war, aber nicht der NSDAP oder deren Ablegerorganisationen angehörte, wurde nicht mehr befördert. Die Arbeitslosigkeit nahm im Jahr 1934 rapide ab. Von den über sechs Millionen Erwerbslosen bei Beginn der Machtübernahme Hitlers am 30. Januar 1933 waren Ende 1934 noch 2,2 Millionen Arbeitslose übriggeblieben – sofern die veröffentlichten Zahlen stimmten. Wie viele Arbeitslose in staatlich angeordneten Bauprogrammen wie Autobahnbau (Reichsarbeitsdienst), bei kommunalen Instandsetzungsarbeiten oder dirigistisch angesetzten Notstandsarbeiten (z.B. Erntehelfer) tätig waren, konnte nicht ermittelt werden. 1934 entstanden in Fürth durch derartige Bauprogramme Häuser auf der Hard, im Eigenen Heim, hinter dem Lohnert-Spielplatz und in der Leyher Straße. Tatsache war auch, dass Trauungen, Umsätze im Möbelhandel und gewährte Ehestandsdarlehen im Gleichschritt in die Höhe schossen. Immer mehr Wert wurde auf eine sportliche Körperschulung gelegt, was sich statistisch schon in der Zunahme der Mitgliederzahl bei den Sportvereinen zeigte. Sehr viele Angehörige der HJ = „Hitlerjugend“ (in Fürth hatte man 1930 mit sieben Hitlerjungen begonnen, bis Ende 1934 waren über 8000 Fürther Jungen der HJ beigetreten!) gehörten einem Sportverein an, bei den Mädchen im BDM = „Bund Deutscher Mädel“ (warum hieß es eigentlich nicht Mäd“chen“?) war das Verhalten ähnlich. Ein gestählter Körper bei unterdurchschnittlicher Intelligenz war den Nazis weit wichtiger als ein scharfsinniger geistreicher Schwächling. Auffallend viele SA-Männer boxten, um Reaktionsschnelligkeit und Schlagkraft zu trainieren. Kinder und Jugendliche traten das ganze Jahr über zu sportlichen Wettkämpfen an wie beim „Sonnwendfest“, „Straßenstaffellauf Nürnberg-Fürth“, „Fest der Deutschen Jugend“, den „Deutschen Kampfspielen“ in Nürnberg oder den Fürther „HansLohnert-Spielen“. (Bei letzteren dominierten Tauziehen, Hindernisstaffeln und möglichst schnell gebaute Menschenpyramiden.) Selbst in der Kälte des „Julfestes“ am 22. Dezember auf dem „Guts Muths-Sportplatz“ zeigte man sich sportlich aktiv. Die Körperertüchtigung machte auch vor den städtischen Beamten Fürths nicht halt: Zweimal wöchentlich war Teilnahme Pflicht und wurde durch Stempelung auf Anwesenheitskarten dokumentiert. Seit Jahresmitte 1933 verfügten die meisten Sportvereine schon über sogenannte „Wehrsportabteilungen“, in denen ausschließlich paramilitärische Disziplinen wie Geländeübungen, kilometerlange Gepäckmärsche oder Kleinkaliberschießen im wöchentlichen Trainingsprogramm zu absolvieren waren. Ganz hoch im Kurs standen 1934 „erbbiologische Rassefragen“. So las man z.B. am 10. April das Thema „Die Rassenfrage als Grundlage des nationalsozialistischen Staates“ auf dem Zettel des Vortragsprogramms im überfüllten Saal des „Grünen Baum“. Anfang Dezember diskutierten mittelfränkische Ärzte in Fürth zum Thema „Rassenhygienische Tagesfragen“. Renner in den Leihbüchereien waren die Bücher „Kurzgefasste deutsche Rassenkunde“ (Kleinschmidt) und das „Hausbuch der Judenfrage“ (Fritsch). Im Sinne der Lehre Darwins würden sich schließlich nur die Stärksten auf Dauer behaupten. „Faules Blut“ wollten die Nazis daher durch eine Blutreinigung aufgrund entsprechender ehelicher Verbindungen „aufnorden“. Seit dem 7. April 1933 war es z.B. deutschen Beamten verboten, eine Ehe mit einer Nichtarierin einzugehen und mit Jahresbeginn 1934 galt das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, was die Unfruchtbarmachung geistig und körperlich Minderwertiger gestattete. Im Laufe von Generationen sollte das beste deutsche Blut aus Verdrängungskreuzungen wieder den Urtyp des nordischen Menschen (Arier) in größeren Einheiten entstehen lassen. So bestimmte nach Ansicht der Nazis z.B. der Stirnwinkel das Niveau der geistigen Fähigkeiten. Vom intellektuellen nordischen Menschen mit der fast senkrechten Stirn umfassten die Tabellen alle Völker der Erde bis zur fast spitzwinkeligen Stirnform des vermeintlich tumben Menschenaffens.
Seite:Kuntermann 1934.pdf/2
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