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"Großdeutsche Feuerbestattung" statt der herkömmlichen Erdbestattung und in Sportvereinen erklärten "Dietwarte" den Mitgliedern den Kampf Adolf Hitlers, Rassemerkmale, Erbkrankheiten und deutsche Tugenden. In der Damenmode rutschten die Röcke ein Stück nach oben, bedeckten aber immer noch sittsam das Knie. Ganz nach oben in der Gunst des Publikums schaffte es Leni Riefenstahls Film "Tag der Freiheit - unsere Wehrmacht." Von den einstmals über sechs Millionen Arbeitslosen bei der Machtübernahme 1933 standen Ende November 1936 gerade noch 1.076.000 Arbeitslose dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Dazu leistete der Reichsarbeitsdienst (RAD) ganze Arbeit. So konnte im September 1936 der 1000. Autobahnkilometer zum Befahren freigegeben werden. Mittels Straßensammlungen, Abzeichenverkauf, Spenden, Sonderveranstaltungen und sechs Eintopfsonntagen (Motto: "Sonntag zieht mit Dampf, der Eintopf in den Kampf!") unterstützte das Winterhilfswerk (WHW) etwa 2,6 Millionen Hilfsbedürftige. Keiner der Volksgenossen sollte hungern oder frieren. Die Geburtenrate der Kleeblattstadt stieg seit 1933 rasant. Verzeichnete man damals 943 Geburten pro Jahr, so leisteten 1935 ganze 13 Hebammen Hilfestellung bei Geburten von 1286 zukünftigen Pimpfen und BdM-Mädchen. Die Säuglingssterblichkeit betrug 7,5%. In Fürth lebten (Oktober 1936) 78.157 Einwohner, um die sich im Stadtgebiet 63 Ärzte, 25 Zahnärzte und 20 Dentisten kümmerten. Medikamente gab es in zehn Apotheken. Das Fürther Krankenhaus verfügte über 400 Betten und wurde auch von Patienten des Umlandes genutzt. 1935 nahm man im Krankenhaus auf der Schwand 2458 Tbc-Untersuchungen und 3124 Reihendurchleuchtungen vor. Die Schulzahnklinik behandelte im gleichen Zeitraum 1950 Kinder in 102 Sprechstunden. Zum kulturellen Angebot trug in der Saison 1935/36 das eigenständige Fürther Stadttheater mit 299 Vorstellungen und 202.711 Besuchern bei, was zu einer Platzauslastung von 68,8% führte. Hinzu kamen sechs Kinos mit insgesamt 2484 Plätzen. Zu den Neuanschaffungen in der Volksbücherei (heute Comödie) zählten Bücher wie "Die großen Deutschen", "Erziehung zum Soldaten" oder "Die seelische Widerstandskraft im modernen Krieg". Dem 1933 gegründeten Geschichtsverein "Alt-Fürth" unter der Leitung von Dr. Schwammberger gehörten mittlerweile 170 Mitglieder an. Bei den Schulen verschob sich der Schwerpunkt von der Bekenntnis- zur Gemeinschaftsschule. An den drei Fürther "Höheren Schulen" durften jetzt nur noch "arische" Schüler und Schülerinnen angemeldet werden. Die erste "HJ-Fahne" Fürths wehte auf der Mädchenschule am Kirchenplatz. (Dazu mussten mindestens 90% aller Schülerinnen beim BdM integriert sein). Wie groß der Umbruch innerhalb eines Jahres war, zeigt das Beispiel der Oberrealschule Fürth: Waren 1935 erst 54% aller Schüler Mitglied der HJ, so waren es am Ende des Schuljahres 1936 unglaubliche 97,2%! Aufgrund der Betonung des Sportunterrichts konnten zwei Drittel aller Fürther Schüler und Schülerinnen nach Verlassen der Schule schwimmen. Viele Sportfeste (z.B. Hans-Lohnert-Sportfest) förderten den Gemeinsinn durch Tauziehen, römische Wagenrennen oder Hindernisstaffeln. Für die Erwachsenen häuften sich Gepäckmärsche und Termine für die Abnahme des SA- Sportabzeichens. Die Stadt Fürth beschäftigte als einer der größten Arbeitgeber in der Stadt 555 Arbeiter, Angestellte und Beamte. Am Fürther Rathausturm hingen zur Kirchweih 1600 Glühlampen und zur Weihnachtszeit in der Innenstadt 131 Adventskränze. Im Rathausgebäude wurden 1936 die alten Kachelöfen abgerissen und durch neue "Dampfheizungen" ersetzt. Auf 100 Einwohner entfielen 12 Rundfunkteilnehmer und 3,3 statistische Autobesitzer. Das Fürther Kanalnetz hatte mittlerweile eine Länge von 72,9 km erreicht. Die Steigerung der Hochbautätigkeit im Vergleich zum Vorjahr betrug 23%. Schwerpunkte der Bautätigkeit waren der Espan, die Hard, das Eigene Heim sowie die Südstadt. Das Gelände am Kavierlein diente als Ablageplatz für den gesamten Fürther Müll (1935: 26.570 Kubikmeter). Unter dem Motto "Fürth soll schöner werden" ließ OB Jakob hässliche Reklameschilder ebenso entfernen wie eine ganze Tankstelle am "Grünen Markt". Höhepunkte des "Feierns" im Jahresverlauf waren die Zeiten von "Puculator" (mit "Live-Übertragung" im Rundfunk) und "Fürther Kirchweih" sowie das Fest der Sonnenwende (einschließlich des "Julfestes" im Winter) mit dem Feuerspringen. Besonders hervorzuhebende Veranstaltungen im mehr oder weniger steifen Fürther Fasching waren der "3. Theaterball" im Parkhotel (Motto: "Keiner zu viel an Bord"), der WHW-Maskenball im Fürther Geismannsaal (mit Faschingsprinz Emil Most, dem späteren legendären Fürther Festwirt) und der Hausball im Kulturverein (mit der Dekoration "Hotel zum blauen Nil"). Monate später gastierte erstmals Serge Jaroff mit seinen umjubelten "Don-Kosaken" im Geismannsaal. Juli war die Zeit der Gartenfeste in den Gartenkolonien. Keines dieser Feste fand ohne die Kinderbelustigungen Sackhüpfen und Wurstschnappen statt. Idyllen: Auf dem Fürther Stadtparkweiher zogen ab dem Frühjahr die beiden Schwäne (Hans und Gretel) ihre Kreise, in den Straßen der Innenstadt verkauften fünf "Glücksmänner" in ihren langen grauen Umhängen Lotterielose und auf dem alten Ludwigskanal tuckerten immer noch die 2