Freitag, 22. Januar 1937 Vorbereitung für den Ernstfall: In der Zeit zwischen dem 21. und 23. Januar fanden im Bereich Nürnberg-Fürth Luftschutzübungen in Form eines Fliegeralarms statt. Der Beginn des Fliegeralarms erfolgte schlagartig durch Radfahrer in Zivil, die im Auftrag der Polizei handelten. Die Radfahrer trugen am linken Arm eine blaue Armbinde und waren mit Signalhörnern ausgestattet. Der Beginn des Fliegeralarms wurde durch langgezogene Töne angezeigt, die Entwarnung mit kurzen Tönen. Die Passanten hatten während der Dauer des Fliegeralarms Wohnhäuser oder öffentliche Schutzräume aufzusuchen, Autofahrer mussten parken und die Fahrzeuge verlassen. Das "Stehenbleiben" von Personen auf der Straße war verboten. Bei einem Vortragsabend der Fürther Reichsbahnsportler führte der Redner u.a. als Begründung für die Notwendigkeit von Leibesübungen aus: "Körperliche Ertüchtigung und charakterliche Festigung wurden schon immer als Grundlagen eines gesunden, mächtigen Staates, Verweichlichung und Hingabe an volksfremde Einflüsse als zerstörende Mächte bezeichnet. Die in den Gesetzen unserer germanischen Vorfahren vorgeschriebene Übung in Kampfspielen und Manneszucht ermöglichten diesen den Sieg gegen die hinsichtlich der Bewaffnung und Kriegskunst hoch überlegenen römischen Legionen." Zentral-Lichtspiele: "Der Bettelstudent" mit Fritz Kampers und Johannes Heesters. Samstag, 23. Januar 1937 Über die Presse wurden die Eltern Fürther Schulkinder auf den "Kindermaskenzug" eingestimmt. Schüler und Lehrer hatten sich sowohl im Werkunterricht wie auch in ihrer Freizeit (angeblich) gerne und freudig für die Arbeiten zur Verfügung gestellt. Sogar in den Abendstunden wurden noch Masken gebastelt. Hässliche Masken waren verboten. Die Kostüme und Masken waren so anzufertigen, dass warme Kleidung darunter getragen werden konnte. Die im Zug gezeigten Darstellungen entsprachen einer Mischung aus einem Jahreszeitenbilderbuch und Kindermärchen. Der "Ball der Stadt Fürth" im Parkhotel warf seine Schatten voraus. Die NZ sprach von einem außerordentlich guten Vorverkauf an Eintrittskarten. Weltspiegel: "Das Hermännchen" mit Hilde Krüger und Paul Henkels. Stadttheater Fürth: "Der Hunderter in der Westentasche", Schwank von Real/Ferner. Montag, 25. Januar 1937 Die Hetze gegen das Judentum nahm ihren Lauf! Im Weißengarten und im Evangelischen Vereinshaus fanden für die NSDAP-Ortsgruppen Fürth-Nord und Fürth-Mitte Schulungsabende zum jüdischen Gesetzbuch "Talmud" statt. Danach würden Juden so handeln, wie es ihnen der Talmud vorschreibe. Der ganze Inhalt sei ekelerregend. So fordere der Inhalt zu Meineid, Diebstahl, Raub, Ehebruch und sämtlichen erdenklichen Verbrechen auf. Fazit: Die Lösung der Judenfrage ist der Schlüssel zur Weltgeschichte. Die Fürther HJ bat die Bevölkerung um die Zurverfügungstellung von "Heimen". Dieser Werbefeldzug fand in ganz Deutschland statt. Am Sonntag wurden in Fürth deshalb an verschiedenen Brennpunkten des Stadtverkehrs entsprechende Tafeln aufgestellt. Wegen der Ansteckungsgefahr von Scharlach fanden 1937 in Fürth keine "Kindermaskenfeste" statt, was die Kinder natürlich sehr bedauerten. Dienstag, 26. Januar 1937 Rund 1000 Besucher füllten den Saal des Volksbildungsheimes (heute Comödie), weitere 500 Personen erhielten keine Eintrittskarten mehr, um den schwäbischen Humoristen Willy Reichert zu erleben. Die meisten Lacher ernteten Willy Reichert und sein Partner Oskar Heiler mit ihren originellen Rollen als "Häberle" und "Pfleiderer". Das Lachen entrümpelte die Herzen der Fürther von so mancher Griesgrämerei. Im Gedenken an den zum "Märtyrer" hochstilisierten Hitlerjungen Herbert Norkus
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