Das Thermometer sackte auch in Fürth weiter nach unten. Minus 18 Grad wurden jetzt gemessen. Die Marktfrauen hatten ihre Sonnenschirme umgelegt, um sich vor dem Eiswind zu schützen. Die Kutscher saßen dickvermummt mit Mütze und Ohrenschützern (in Fürth damals auch "Radiohörer" genannt) auf dem Bock und die Frauen trugen pelzgefütterte Stiefel und warme Handschuhe. Nur Schnee wollte nicht fallen. Am letzten Sonntag und mit Wiederholung am Montag gab die "Städtische Volkssingschule Fürth" jeweils ein Chorkonzert im Volksbildungsheim (heute Comödie). Unter der Leitung von Otto Englmaier eroberten die Fürther Schüler stürmisch die Herzen der Besucher. Die Fassade des Hauses Alexanderstraße 6 (Gaststätte "Zum Kavallerieheim") wurde dank finanzieller Hilfe der Brauerei Humbser abscharriert und das Gesimse ausgebessert. Stadttheater Fürth: "Die vier Gesellen", Lustspiel von Huth. Freitag, 23. Dezember 1938 Es loderten die Flammen in eisiger Nacht. An allen Ecken und Enden der Stadt kündeten Feuerzeichen von der "Wintersonnenwende". Das Lichtfest feierten z.B. die Fürther NSDAP, HJ und BDM, aber auch Sportvereine wie der völkische Verein Guths-Muths. Immer dazu gehörten Trommler, Fanfaren, Sprechchöre, ein brennender Holzstoß, eine Stimme aus dem Dunkel, die Feuerrede, Fackeln, SiegHeil-Rufe sowie Deutschland- und Horst-Wessel-Lied am Ende. Am ersten Weihnachtsfeiertag war das Offenhalten von Bäcker- und Konditoreien, Blumengeschäften und Zeitungskiosken gestattet. Die Friseure durften bis 12 Uhr offenhalten, Fotografen bis 14 Uhr. Am zweiten Weihnachtsfeiertag hatten alle Läden zu schließen, außer Milchgeschäften in der Zeit von 8 bis 11 Uhr. Samstag, 24. Dezember 1938 Der aus Fürth stammende Kleideraufschlitzer, der sich stets auf der vorderen Plattform der Straßenbahn weibliche Opfer suchte, wurde von einem "Schnellgericht" zu einem Jahr und acht Monaten Gefängnis verurteilt. Ihm wurden 65 Fälle nachgewiesen, in denen er stets im Gedränge Kleid, Rock oder Mantel unterhalb der Taille mit einem besonders scharf geschliffenen Taschenmesser aufschnitt. Man vermutete, dass sich viele weitere Opfer nicht gemeldet hätten. Der materielle Schaden wurde mit 1500 RM beziffert. Für die Festtage kostete im Fischgeschäft Nordsee der gut gewässerte Aischgründer Karpfen 17 Pfennige je 100 Gramm. Weltspiegel: "Du und ich" mit Brigitte Horney und Joachim Goltsch. Alhambra: "Heidi" mit Shirley Temple und Jean Hersholts. Dienstag, 27. Dezember 1938 In den Tagen des Weihnachtsfestes feierten in Fürth sämtliche Ortsgruppen der NSDAP. Dazu wurden zahlreiche Gaststätten und Turnhallen herangezogen. Am Ende jeder Weihnachtsveranstaltung beschenkte ein Pelzmärtl die Teilnehmer. In den vielen Geschenken waren insgesamt acht Gutscheine für je einen deutschen Volksempfänger aus der "Dr.-Goebbels-Rundfunkspende" enthalten. Alle Aktionen waren darauf ausgerichtet, den Fürther Volksgenossen eine Weihnachtsfreude zu bereiten. Im Weihnachtsgeschäft verbuchte der Fürther Einzelhandel 1938 deutlich mehr Umsätze als 1937, wobei der "Silberne Sonntag" die Kassen am stärksten klingeln ließ. Mittwoch, 28. Dezember 1938 Rechtzeitig zu Weihnachten hatte es in ganz Mittelfranken geschneit. Es war kalt und der Schnee knirschte bei den Spaziergängen an den Weihnachtsfeiertagen unter den Stiefeln. Die meisten Fürther hatten das Weihnachtsfest geruhsam im Kreis der Familie verbracht. Donnerstag, 29. Dezember 1938 Wie schon in den Vorjahren wurde auch 1938 der Brauch der "Neujahrs-Glückwünsche" zugunsten des WHW durchgeführt. Ab dem 27. Dezember konnte man bei den Dienststellen der Fürther NSVolkswohlfahrt in die dort aufgelegten Listen gegen eine Spende von mindestens einer Reichsmark seinen Namen eintragen. Alle Namen wurden in der Silvesterausgabe im FA veröffentlicht. Nach den Weihnachtsfeiertagen bis Silvester wurde in den meisten Fürther Einzelhandelsgeschäften 64
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