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Butter beschlagnahmt werden. Bei einer Druckerei in der Nähe von Bad Kissingen wurden die für den Erwerb notwendigen Lebensmittelkarten gefälscht. Vier Personen konnten festgenommen werden, welche den Verkauf der illegalen Lebensmittelmarken vornahmen. Der schwarze Druckbetrieb wurde geschlossen. Im Zuge der Entnazifizierung stand eine Fürther Hausfrau zur Verhandlung vor der Spruchkammer. Sie war seit 1933 Parteimitglied, Angehörige der NS-Frauenschaft seit 1937 Ortsabteilungsleiterin für Kultur und Erziehung. Eine Zeugin sagte eidesstattlich aus, dass die resolute Hitleranhängerin als Dank für ihre Dienste in der Partei in Dresden Hitler persönlich die Hand drücken durfte, woraufhin sie sechs Monate lang niemand die rechte, sondern nur die linke Hand gab, um die rechte Hand nicht „zu entweihen“. Sie wurde in Gruppe II der Aktivisten eingeteilt. Als Strafen ausgesprochen wurden ein Jahr Heranziehung zu Sonderarbeiten für die Allgemeinheit, Einziehung der Hälfte ihres Vermögens, berufliche Einschränkungen auf fünf Jahre sowie Wohnungs- und Aufenthaltsbeschränkungen auf zwei Jahre. 1. Februar 1947 Das „goldene Herz“ der Fürther: Die bis 19. Januar durchgeführte Wintersammlung für Flüchtlinge hatte große Resonanz gefunden. Insgesamt 3786 Bekleidungsstücke, 8215 Hausratgegenstände und 895 Möbelstücke konnten durch die Helfer eingesammelt werden. Außerdem wurde mehr als 13.000 RM an Geld gespendet. Dabei war zu beachten, dass durch die Kohlenferien der Kontakt unter den Schülersammlern nicht eng genug war. Wo keine Sammler hinkamen, wurde auch nichts gegeben. Es wurde eiskalt. Kein Schnee in Fürth, aber Temperaturen um minus 20 Grad. Der tägliche Weg zur Arbeit glich einem Canossagang. An den Haltestellen warteten die Passanten in der beißenden Morgenluft, um dann in teilweise ungeheizten Räumen ihrem Tagewerk nachzugehen. Im Fürther Stadtrat wurden die Verhältnisse an der männlichen Berufsschule diskutiert. Zur Zeit gab es nur Klassen für Kaufleute, Berufslose und Hilfsschüler, insgesamt 250 Schüler, die von Lehrern ausreichend unterrichtet wurden. Für 1150 Schüler der gewerblichen Berufsschulklassen standen aber nur zwei Lehrkräfte für den theoretischen Unterricht zur Verfügung. Den praktischen Unterricht unterstützten Handwerksmeister, Pensionisten und Aushilfskräfte zu 80%. Die Verteilung von Schuhcreme erfolgte auf die ausgegebenen Schuhcreme-Bezugsmarken. Es gab für ein bis zwei Personen eine Bezugsmarke, gültig für eine Dose oder 50 g offener Schuhcreme. Alhambra-Kino: „Adam hatte vier Söhne“, ein deutscher Familienfilm mit Ingrid Bergmann in der Hauptrolle. 5. Februar 1947 Sämtliche Fürther Gewerkschaften schlossen sich einem Generalstreik ihrer Nürnberger Kollegen an, der am Montag, 3. Februar, von 12 bis 18 Uhr dauerte. Grund dafür war ein Bombenattentat auf das Gebäude, in welchem die Nürnberger Spruchkammer IV in der Karl-Bröger-Straße untergebracht war. Der Sprengstoffanschlag hatte zu hohem Sachschaden geführt. Der Luftdruck war so stark, dass u.a. etwa 50 Fenster bis zur Höhe des 6. Stockes zerstört wurden. Die im Erdgeschoss gelegenen Geschäftsräume des Schuhhauses Sellack wurden weitgehend zerstört. Die Beschwerden über den Straßenbahnverkehr häuften sich. Planmäßige Züge konnten nicht ausrücken, weil die Triebwagen entweder fehlten oder zur Reparatur anstanden. Allein vom 3. bis 13. Januar wurden 96 beschädigte oder technisch defekte Wagen ins Ausbesserungswerk gebracht. Aufgrund der Materialknappheit war es fast unmöglich, kriegsbeschädigte Wagen zu reparieren. Dazu kam durch die Kälte ein Krankenstand beim Personal von 20%. Bei einer Überprüfung der Straßenbahnwagen der Linien 1 und 51 stellte man fest, dass ein Großteil der jungen Schaffner ohne Winterunterwäsche und ohne Mäntel Dienst leistete. Es erging Urlaubssperre, ferner wurden dienstfreie Schaffner eingesetzt und Überstunden angeordnet. Briefmarkenhändler verbuchten gute Geschäfte, denn sie konnten „Hitler-Briefmarken“ wegen des zunehmenden Seltenheitswertes zu Wucherpreisen verkaufen. Die Kohlennot führte Fürth hart an den Rand einer Katastrophe. Zu den Hauptverbrauchern zählten der Fürther Schlachthof (400 Zentner im Monat), die Großküche Riedel (700), das Internierungslager (900), das Krankenhaus (3500), alle Bäckereien (8000) sowie die Stadtverwaltung (4200). Vier Bäckereien hatten ihren Betrieb schon einstellen müssen, bei den meisten reichte der Brennstoffvorrat noch etwa 8 Tage. Zahnärzte, Ärzte, Büroangestellte und Handwerker arbeiteten trotz gesundheitsschädlicher Minustemperaturen, um nicht schließen zu müssen. Man sehnte sich nach dem Frühling. 8. Februar 1947 35