an. Die Zahl lag am 1. April 1945 bei 623, zu Beginn des Jahres 1946 schon bei 1740 Säuglingen. Erfreulicherweise ging die Säuglingssterblichkeit zurück. Während 1945 von den 623 Säuglingen 71 starben, waren es von den 1740 Säuglingen zum Jahresbeginn 1946 nur 69. In der Schwabacher Straße in Höhe der Zentral-Lichtspiele entstand oft ein lebensgefährliches Gedränge. Die auf dem schmalen Gehsteig anstehenden Kinobesucher kollidierten mit den aus- und einsteigenden Straßenbahnfahrgästen. Die Stadtverwaltung wurde deshalb erfolgreich bei der Straßenbahndirektion Nürnberg vorstellig. Die Straßenbahnzüge hatten künftig so anzuhalten, dass der mittlere Wagen in Höhe des Straßenbahn-Halteschildes zu stehen kam. Im überfüllten Saal des „Christlichen Vereins Junger Männer“ (CVJM) sprach der Erlanger Arzt Dr. Gröger über „Geschlechtskrankheiten und ihre Folgen“. Der St. Josefs-Tag am 19. März wurde in Bayern als gesetzlicher Feiertag begangen. Zentral-Lichtspiele: „Der freche Kavalier“, ein amerikanischer Boxsportfilm mit Erol Flynn in der Hauptrolle. 22. März 1947 Die KPD eröffnete die Diskussion um die Abschaffung des § 218. Man vertrat die Ansicht, dass dieser Paragraf keine Existenzberechtigung mehr habe. Nach zusätzlichen fachmännischen Ausführungen eines Frauenarztes forderte die Mehrheit der Anwesenden eine Freigabe der Schwangerschaftsunterbrechung in staatlichen Kliniken unter der Voraussetzung der medizinischen und sozialen Indikation. Weiterhin sollten mittellose Frauen über die Krankenkassen empfängnisverhütende Mittel erhalten. Immer wieder wurden Einzelheiten vom Fürther Schwarzmarkt bekannt. Handelsobjekte waren Lebensmittelmarken. Sie stammten aus Diebstählen, Veruntreuungen oder aus Fälscherwerkstätten. Die Preise waren teilweise „geschmalzen“. So erwarb ein Fürther Arzt beispielsweise Zuckermarken für 50 Pfund für 3750 RM. Ein wenig Entwarnung an der Kalorienfront: Auf die Brotsonderabschnitte 1 und 2 der Grundkarten 99 für Erwachsene konnten ab sofort je 1000 g Roggenbrot bezogen werden. Die Gesamtbrotration stieg damit in der 99. Zuteilungsperiode für Erwachsene von 6500 g auf 8000 g. Die Gewinnlisten zur Lumpensammlungslotterie lagen zur Einsichtnahme bei Friedrich Schoder, Mathildenstraße 36-38, Hermann Fiedler, Rudolf-Breitscheid-Straße 9-11 und Georg Hartmann, Schwabacher Straße 28, auf. Gewinnlose musste man bis 15. Mai beim Wirtschaftsamt, Kohlenmarkt 3, Zimmer 32, einreichen. Freudige Nachricht aus München: Das Staatsministerium für Sonderaufgaben teilte mit, dass das Gebäude der Fürther Oberrealschule definitiv ab 5. April frei sein werde. 26. März 1947 Traurige Aussichten: Wegen der anhaltenden Kälte konnten die vorgesehenen Kohlemengen nicht geliefert werden. Fürther Betriebe, die auf laufende Kohleenergie angewiesen waren, konnten erst dann mit einem Brand beginnen, wenn sie einen Kohlenvorrat für mindestens sechs Wochen hatten, sonst würde sich die Produktion nicht rechnen. Selbst wenn man jetzt Kohle liefern würde, könnte die Produktion somit frühestens erst Mitte Mai wieder anlaufen. Mit scharfen Worten wandte man sich im Fürther Stadtrat gegen jene asozialen Elemente, die zwar im KZ einsaßen, sich aber nun als politisch Verfolgte ausgaben und das Ansehen der wirklichen Opfer schädigten. Im Pressewald rauschte es: Während der gewöhnlich Sterbliche seit Jahren kein Schweinefleisch mehr zu Gesicht bekam und die Kalorienrationen ständig kürzer wurden, vertilgte „eine Handvoll Parasiten“ (so die Presse!) zentnerweise Fleisch und Wurstmengen. Der Fürther Polizei gelang die Festnahme einer Bande von Schwarzschlächtern. Sogar ein Metzgermeister leistete Beihilfe. Das Schlemmernest in der Saarburger Straße wurde in einer Nacht- und Nebelaktion ausgehoben. Insgesamt wurden 74 kg rohes Schweinefleisch, 59 kg geräuchertes Schweinefleisch und 24 kg Wurstwaren beschlagnahmt. Dazu kamen noch 27 Konservendosen Fleisch. Alhambra-Kino: „Jeder hilft sich wie er kann“, ein amerikanisches Filmlustspiel mit Jean Arthur, Charles Coburn und Joel McCrea in den Hauptrollen. 29. März 1947 Im Monat März wurden keine Flüchtlinge nach Fürth zugewiesen. Lediglich 125 Einzelflüchtlinge, deren 40
Seite:Kuntermann 1946-47.pdf/40
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