Aus: Fürth 1970 - Fürther Geschichtswerkstatt - Bearbeitet von Gert Kuntermann - gekürzt von Bernd Jesussek für FürthWiki - 18.12.2024 Freitag, 2. Januar 1970 Trotz strengen Frostes feierten die Fürther den Beginn der neuen Dekade mit viel Getöse. In Fürth wurde noch nie so viel Geld in Feuerwerkskörper investiert. Die Neujahrsnacht wurde glatteisverdächtig – symbolisch zu deuten als „Rutsch ins neue Jahr“. Auf die Stadt warteten wichtige Entscheidungen: Die Oberbürgermeisterwahl, die Entscheidung über eine mögliche UBahn sowie ein Beschluss zur Theaterbespielung, nachdem die Theaterehe mit Nürnberg aufgrund der Ablehnung eines höheren Fürther Zuschusses faktisch geschieden war. Ein altes Silvester-Brauchtum war in Cadolzburg noch nicht ausgestorben: Dort wurden – wie jedes Jahr – in Öl getränkte alte Besen angezündet. Damit sollte symbolisch „das Schlechte“ des abgelaufenen Jahres zusammen mit dem Besen verbrannt werden. Im Filmprogramm zum Monatsbeginn u.a.: „Hurra die Schule brennt“ mit Heintje Simons und Peter Alexander (Admiral), „Die Kaktusblüte“ mit Ingrid Bergmann und Goldie Hawn (Bambi), „Ludwig auf Freiers Füßen“ mit Hansi Kraus und Kristina Nel (City) sowie „James Bond 007: Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ mit George Lazenby und Telly Savalas (Park). Samstag, 3. Januar 1970 Traditionell zum Jahresausklang ehrten Dr. h.c. Schickedanz und Gattin Grete im QuelleVerwaltungsgebäude verdiente Mitarbeiter. Vier Getreue waren 40 Jahre, drei Mitarbeiter 25 Jahre in der Quelle-Unternehmensgruppe tätig. Knöcheltiefer Schnee, klirrender Frost und eisiger Ostwind herrschte in den ersten Tagen des neuen Jahres. Die Autos streikten und die Straßen wurden zu tückischen Eispisten. Außer „Schneewandern“ ist ja bis heute in Fürth Wintersport kaum möglich. Es fehlt an Abfahrtshängen und Schlittschuhplätzen. Kein Wunder, dass immer mehr Bürger einen Winterurlaub fern der Heimat buchten. Montag, 5. Januar 1970 Feierstunde im Nürnberger Quelle-Kasino für Fürths Ehrenbürger Konsul Dr. h.c. Gustav Schickedanz. Er erhielt aus der Hand von Ministerpräsident Dr. Alfons Goppel „in Anerkennung seiner um Volk und Staat geleisteten Verdienste“ das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik mit Stern und Schulterband. An der Feierstunde zum 75. Geburtstag des Geehrten nahm eine große Gästeschar teil, darunter mehrere Minister. 1955 betrug der QuelleUmsatz 260 Mio DM bei 5500 Beschäftigten, jetzt lag man bei 3,5 Mrd DM und beschäftigte 38.000 Personen. Gustav Schickedanz hatte als Mäzen immer ein offenes Herz und eine noch offenere Hand. Anlässlich seines 75. Geburtstages erweiterte Dr. h.c. Schickedanz die betriebliche Altersversorgung des Quelle-Konzerns. Alters- und Invalidenrenten wurden erhöht, Witwenund Waisenrenten neu eingeführt. Die monatliche betriebliche Altersrente betrug ab jetzt 1% für jedes volle Quelle-Dienstjahr, gerechnet von der Höhe der normalen gesetzlichen Altersrente des Mitarbeiters. Nach 25 Dienstjahren erhielt ein Betriebsangehöriger also 25% seiner gesetzlichen Normalrente vom Quelle-Konzern als Zusatzrente, für die damalige Zeit eine sehr honorige Geste. Im Wochenprogramm des Fürther Stadttheaters: Die Wiederholungen der Schauspiele „Biografie“ von Max Frisch sowie „Onkel Wanja“ von Anton Tschechow, beide Aufführungen in der bisherigen Besetzung. Wegen des DFB-Pokalwettbewerbs war die Mannschaft der SpVgg an diesem Wochenende spielfrei, nachdem man in der Vorrunde schon ausgeschieden war. Dienstag, 6. Januar 1970 Die Zeugen Jehovas hatten zu einem Kongress in den Geismannsaal eingeladen. Über tausend Anhänger Jehovas aus der fränkischen Umgebung strömten nach Fürth. Da sich das
1