eines maschinell rotierenden Topfes konnte man ganz ohne Pinsel ein Bild im Stil „moderner Malerei“ herstellen. Nur die Farben musste man dazu auswählen. Der Erlös kam politischen Gefangenen zugute. Am traditionell freien Kirchweih-Montagnachmittag traten Bauamt und Sparkasse zu einem Wohltätigkeits-Fußballspiel gegeneinader an. Das Bauamt gewann mit 4:2. Für die Fürther Lebenshilfe kamen dadurch 600 DM zusammen. Da es zur Fürther Kirchweih seit dem Bau der Grenzanlagen durch die DDR keine „Harfenzupfer“ mehr gab, konzentrierte sich das musikalische Angebot an die Gaststättenbesucher auf Alleinunterhalter oder Stimmungs-Trios. Berühmt-berüchtigt waren die Kirchweihabende in Werner Riedels „Theatergaststätten“. Keine Chance auf Plätze ohne vorherige Reservierung! Mittwoch, 7. Oktober 1970 Das Fürther Finanzamt und seine Beamten arbeiteten so vorbildlich und modern, dass sich Steuerverwaltungen anderer Bundesländer an dem „Fürther Modell“ orientierten. Jetzt studierte Berlins Finanzsenator die Fürther Finessen. Das Fürther System war nach Betriebsgröße und Steueraufkommen eingeteilt und nicht mehr, wie bisher, nach Buchstaben. Der Finanzbeamte bearbeitete jetzt das Fachgebiet, auf das er sich spezialisiert hatte (z.B. kleine Handwerksbetriebe). Die Bürger aus dem Nordosten Fürths trugen der Stadtverwaltung ihre Wünsche vor. Vor allem die Ronwaldsiedler beklagten sich wegen fehlender Sickergullys in ihren Straßen. Nach langen Regenfällen kam es stets zu Überschwemmungen vor ihren Anwesen. Freude aber auch bei den Espanbewohnern, war der Platz des ehemaligen Espanlagers doch gründlich gereinigt worden. Donnerstag, 8. Oktober 1970 Nirgendwo auf der Fürther „Kärwa“ war es so proppenvoll wie vor der Schaubude der Boxer auf der Fürther Freiheit. Fünf Fleischberge standen für Herausforderer aus dem Publikum bereit. Gewann ein Herausforderer, gab es Siegprämien zwischen 20 DM und 40 DM – jedoch nur bei einem K.o.-Sieg! Kaum meldete sich ein Sportsmann zum Kampf, strömte das Publikum in die Arena. Man hielt natürlich zu dem vermeintlich Schwächeren. Das große Nebenzimmer der „Humbser-Bräu-Gaststätte“ reichte kaum aus, um alle geladenen Vertreter der umliegenden Gemeinden aufzunehmen. Die Stadt Fürth gab ihren traditionellen Kirchweihempfang. Gebackene Karpfen und einheimisches Bier verfehlten ihre Wirkung nicht. Freitag, 9. Oktober 1970 Inmitten der Fürther Freiheit leuchteten während der „Kärwa“ Tausende von Blumen. Die Blumentombola der Gärtner-Verbandsgruppe Fürth diente ausschließlich caritativen Zwecken. Der Fürther Einzelhandel ging in die Offensive: Wegen des nicht genehmigten verkaufsoffenen ersten Kirchweihsonntags setzte man in einer eigens angesetzten Pressekonferenz alle Hoffnungen auf den traditionellen „Bauernsonntag“. Kleine Plakate an den Schaufenstern sollten den Kunden signalisieren, dass man sich vom Service her Besonders um sie bemühe. Samstag, 10. Oktober 1970 Das gemeinhin als „grau“ bezeichnete Fürth begann immer mehr „grün“ zu werden. Der neue Rhein-Main-Donau-Kanal verunstaltete Fürth nicht, sondern zog sich immer stärker als Ordnungsfaktor der Landschaft durch den Fürther Südwesten. Die ersten zarten Grüngürtel säumten Teile der Wasserstraße. Der Europakanal wurde für die Fürther zu einer Attraktion erster Klasse. Ideale Spazierwege für Jung und Alt entstanden beiderseits des Kanals. Neue Variante im Bilderbogen der Fürther „Kärwa“: Der Bayerische Rundfunk, Studio Nürnberg, lud im „Grünen Baum“ zum „Kärwastammtisch“. OB Scherzer, Pfarrer Wilhelm Bogner, Heimatdichter Ernst Kiesel, Archivdirektor i.R. Adolf Schwammberger und Kirchweihgänger Hans Neger standen Moderator Herbert Lehnert Rede und Antwort.
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