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DER ARME UND DER REICHE Ala der liebe Gott wieder einmal auf Erden wandelte, wurde er müde. Er sah am Weg zwei Häuser Stehens einen Luxusbungalow und ein selbstgeklebtes Fer_ tighaus. Er klopfte an der Pforte des Bungalows ein, denn dem Reichen würde er nicht so zur Last fallen. Der Reiche öffnetet "Wer bist du denn?""Ich bin der liebe Gott und ich bitte um ein Nachtlager." "Gern, aber wäre die Martinskirche nicht standesgemässer?" "Jaja, aber da waren lauter - hmmm- unbekleidete Mädchen drin." "Stimmt! Da wird ja heute christlicher Striptease aufgeführt. Und die Stephanskirche geht auch nicht, denn da ist heute abend christliche Tanzmusik an der Reihe. Hörst du den Lärm dort drüben? Das ist die Stephar.skirche." "So," sagte der liebe Gott, "und ich dachte,das sei ein Beat/Schuppen." Als der liebe Gott dann bat, doch endlich das Nachtlager sehen yu dürfen, sag te der Reiches "Du kannst hier nicht schlafen, sonst ist der arme Mann wieder tagelang beleidigt." "Dankeschön", sagte der liebe Gott und klopfte an der Tür des armen Mannes. Alsbald sprang die Tür auf und die armen Leute jauchzten und führten den lie ben Gott freudestrahlend in die gute Stube. Nach dem kärglichen Mahl, das aus Austern und Pastetchen bestand, gab es noch Kaffee. Da bat der arme Mann bescheiden, ob er ihn nicht in Ordnung bringen könnte. "Wen denn?" "Nun, den Fernseher." "Aber ich verstehe nichts vom Fernsehen", entschuldigte sich der liebe Gott, "ich bin doch nur der liebe Gott."

Der Reiche sah bald das Fertighaus des armen Mannes in seiner ganzen Pracht dastehen und erfuhr, welche Bewandtnis es damit hatte. Flugs reiste er dem lieben Gott nach und bat ihn auch um die Erfüllung eines Wunsches. Der liebe Gott riet dem reichen Mann davon ab, sich etwas zu wünschen, aber der Reiche bat ihn so inständig darum, dass er schliesslich nachgab und den Wunsch ge­ währte. Der Reiche reiste wieder rasch nach Hause und als er daheim war, wünschte er zu wissen, was sein Metzger in die Wurst tut. Als er es wusste, fiel er um und blieb mausetot liegen. Daraus können wir sehen, dass ein gesunder Bildungsnotstand und die einklassige Volksschule nützlich sind. Wissen aber bringt Unheil.

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Da waren die armen Leute ganz betrübt. "Na, ich kann ja mal draufklopfen." Und der liebe Gott klopfte auf den Fernseher und der bekam ein Bild, so schön, wie er es noch nie gehabt hatte. Die armen Leute fielen dem lieben Gott glückselig um den Hals und fragten, was es mache. "Ach, nichts", sagte der liebe Gott, "das ist in der Kirchensteuer drin." Sie schauten alle noch ein wenig das Fernsehprogramm an. Es war gerade die Ta­ gesschau dran und der arme Mann zeigte dem lieben Gott stolz die wichtigen Po­ litiker. "Schau, lieber Gott, das- sind wirklich brave und verdienstvolle Leute. Obwohl sie so hoch über uns stehen, steigen sie alle vier Jahre einmal vom Re­ gierungshimmel herab und mischen sich unter das einfache Volk und schütteln uns allen die Hände. Ja, sie haben wirklich menschliche Schwächen." "Ach ja", sagte der liebe Gott, "die Vergesslichkeit zum Beispiel."1 "Die Vergesslichkeit???" "Ja. Sie vergessen immer, von wem sie gewählt worden sind." "Ach", sagte der ar me Mann, "das glaube ich aber nicht. Sie sind bestimmt alle sehr frohrn." "So", sagte der liebe Gott, "nun gehen wir aber ins Bett." "0 ja", sagte der ar me Mann, "morgen ist Samstag, da wird hart gearbeitet." "Samstag??? Morgen ist doch Donnerstag!" "Das ist schon lange ganz anders. Jetzt haben wir doch die Vierunddreissig-Stunden-Woche. Da ist Freitag Sonntag und Donnerstag ist Sonn­ abend und sonnabends arbeiten wir nicht, da arbeiten wir schlarz." "So", sagte der liebe Gott, "dann ist der frühere Sonnabend jetzt also blauer Montag, oder?" "Stimmt", sagte der arme Mann. "Und Sonntag? Der alte Sonntag?" "Der ist Feier­ tag. Aber Montag, da wird wieder geschafft." Als sich der liebe Gott am anderen Morgen verabschiedete, stellte er den braven armen lauten drei Wünschefrei. Der arme Mann überlegte: "Als erstes wünsche ich uns natürlich die ewige Seeligkeit und als zweiten Wunsch möchte ich, dass wir beide solange wir leben immer genug zum essen haben und dass es uns nie schlecht geht. Aber für den dritten Wunsch weiss ich nichts." Der liebe Gott dachte eine Weile nach: "Wunsche dir doch einfach, dass dein Fertighaus endlich fertig wird.“ "Ach ja, wenn es doch endlich kleben würde, das wäre mir schon sehr recht."

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