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P o litik

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Zeitgeschichte

Jugend und Wehrpolifik Wehrerfassung verschieden beantwortet (NFSZ, jpi) — Die Wehrpflicht, W est­ deutschlands Lieblingsthema Nummer 1, an dem sich nicht nur die Gemüter der Parlamentarier erhitzen, sondern gleichermaßen auch in zahlreichen Ivlassendiskussionen die Schüler, rückt langsam in greifbare Nähe. Die ersten wehrpflichtigen Nürnberger und Fürther Pennäler mußten sich bereits in den letzen Wochen bei den Erfassungs­ behörden melden. Während Fürth eine fast 100 prozentige Erfassung der Wehr­ pflichtigen verzeichnet — von 177 kamen nur vier nicht, davon drei ent­ schuldigt — ließen sich in Nürnberg von 815 „Bundeswehrkanditaten“ nur 240, das sind etwa 29 Prozent, erfassen. M it gem ischten G efühlen b etrachteten die zw ischen 1. J u li u nd 30. S eptem ber 1937 geborenen S chüler die K ärtchen, die ihnen von d er E rfassungsstelle zu­ geschickt w urden. Es spricht fü r die politische U nkenntnis vieler Schüler, daß sie anfangs g a r n icht glauben w oll­ ten, es sei „schon so w e it“, u nd das Ganze fü r einen Scherz hielten. Ein C b erstu d ien d irek to r, bei dem ein Schüler w egen d er E rfassung um U n­ terrich tsb efreiu n g nachsuchte, glaubte sogar, die K a rte n sta m m ten von einer „kom m unistischen T arn o rg an isa tio n “. Zum Zeichen, daß ein Teil d er Ju g en d der W ehrpflichtfrage nicht nach V o g el-S trau ß -M an ier aus dem Weg gehen w ill, b efaß ten sich inzw ischen w äh ren d d er le tzten M onate ru n d 50 S ch ü lerzeitu n g sred ak teu re au f T ag u n ­ gen und B esichtigungen m it d e r P ro ­ b lem atik der W ehrpflicht u nd u n te r ­ rich teten sich ü b e r den derzeitigen S tan d der B undesw ehr. So besuchte auf E in lad ung am erikanischer M ilitärs eine G ruppe schlesw ig-holsteinischer Schü­ lerzeitu n g sred a k teu re auf einer acht­ tägigen Inform ationsreise U S -am eri­ kanische N A T O -S tützpunkte in der 'B undesrepublik. Die Schüler w u rden u. a. nach L an d stu h l geflogen und n ah m en als B eobachter an S a n itä ts­ m an ö vern bei D arm sta d t und an einer B esichtigung d er P anzerdivision „spearh ea d “ in F riedberg/H essen teil. A uf dem W iesbadener M ilitärflughafen fü h rte n die A m erik an er den O ber­ schülern eine eindrucksvolle F e u e r­ löschübung vor, fü r die m an 1200 L ite r Benzin angesteckt h atte. In M ü n ster­ lag er besuchten die Jugendlichen das P an ze rg re n ad ie r-L eh rb a taillo n d e r B u n ­ desw ehr. Sie ließen sich d o rt gleich die zünftige „K lu ft“ v erp assen und spielten — probew eise — ein w enig „S oldaten“ m it, u m ih ren L esern ja möglichst realistisch das „S oldatenie b en “ zu schildern. M ehr der T heorie w a r eine von JU N GE PRESSE u nd dem B u n desverteidigungs­ m in isterium v e ra n sta lte te T agung in L inz am R hein gew idm et. Von den R ednern des B undesverteidigungsm ini­ steriu m s e rn te te O berst G ra f von B audissin besonderen B eifall. Die neue Bundesw ehr,, so sagte er, w erde sich

„Achtung, S tillgestanden!“ K eine L andser der B undesw ehr stehen auf dem linken Bild stram m , sondern Schüler, die sich einm al probew eise in den A rbeitsanzug der B undesw ehr stecken ließen. Da m uß natü rlich die richtige H altung auch gleich geübt w erden. D er Offizier lächelt anerk en n en d . Ob sie das w ohl in der Schule so fein gelernt haben? — (Rechtes Bild) S chülerzeitungsredakteure u n te rh a lte n sich m it O berst G raf von Baudissin. B ilder: G oldm ann, Witzsch

durch eine dem okratische, s ta a tb ü r­ gerliche D urchbildung von d e r alten W ehrm acht unterscheiden. Auch K ritik w u rd e von S eiten d er Jugendlichen laut. D ie B u n d esw eh r m üsse m it den m o d ern sten W affen, also auch m it ta k ­ tischen A tom w affen au sg erü ste t w e r­ den. M an w olle n ich t das „F u ß v o lk “ d er NATO bilden. Es d ü rfe keine deutschen S oldaten geben, solange noch sogenannte K rieg sv erb rech er gefangen geh alten w ü rd en . Ü b er die N otw endig­ k eit un d N ützlichkeit d er allgem einen W ehrpflicht k o n n te n atü rlich auch h ier keine E inigung gefunden w erden. An d er F ra g e d e r W eh rdienstverw eige-

ru n g — der B undesvorsitzende d er „G ruppe d e r W eh rd ien stv erw eig erer“ K öper w a r selbst anw esend — e n t­ zündete sich erw artu n g sg em äß ein h e f­ tig er M einungsstreit. Das R echt auf W eh rd ien stv erw eig eru n g w ird von d er B u n d esw eh r voll an e rk an n t. In G esp rä­ chen ste llte sich h erau s, daß es einen — n u r im zw eigeteilten D eutschland möglichen — Weg gibt, die W ehrpflicht diplom atisch zu um gehen: E in W ehr­ d ien stu n w illig er m ü ß te seinen stä n d i­ gen W ohnsitz n u r nach W estberlin v e r­ legen. B erlin u n te rste h t näm lich dem V ierm ächtestatus; W estb erlin er B ürger sind d ah e r nicht w ehrpflichtig!

Mellies: Mehr politische Bildung und Ostforschung (jpi) — Für eine eingehendere Ostfor­ schung und stärkere Förderung von Reisen westdeutscher Schüler in die Sowjetzone sprach sich der stellver­ tretende SPD-Vorsitzende W ilhelm M ellies in einem Interview m it dem Bonner Vertreter der JUNGEN PRESSE aus. Es m üßten jedoch für diese Reisen genügend M ittel zur Ver­ fügung stehen, um die Unabhängigkeit der westdeutschen Besucher zu ge­ währleisten. Offizielle Kontakte w est­ deutscher Jugendverbände zur „Freien Deutschen Jugend“ seien allerdings solange abzulehnen, w ie die Freiheit der mitteldeutschen Jugend bedrängt sei.

deutschen Schulen a u f dem G ebiet d er politischen B ildung u n d E rziehung h errschten. Mellies bezeichnete die V er­ stä rk u n g des staatsb ü rg erlich en U n ­ te rrich ts an allen Schulen als w ese n t­ lichen B eitrag zur geistigen A u sein an ­ dersetzung m it dem K om m unism us.

M ellies fo rd e rte eine rasche E ingliede­ rung d e r ju n g en S B Z -F lüchtlinge in die W irtsch aft der B undesrepublik. M an m üsse die jugendlichen G äste aus d er Zone herzlich em pfangen und den S tud en ten aus d er sog. „DDR“ m it sta atlich er finanzieller U n terstü tzu n g ein S tudium an U n iv ersitäten d e r B u n ­ d esrepublik erm öglichen.

R und 300 w estdeutsche S chülerzeitungen e r­ hielten anfangs O ktober von d er Botschaft der UdSSR zwei P ro b e n u m m e rn der Z eit­ schrift „Die S o w jetunion h e u te “. Die in In ­ halt und Illu strie ru n g , auf die M entalität des W esteuropäers berechnete Z eitschrift w ird von- d e r P resseabteilung' der B otschaft herausgegeben, und verö ffen tlich t v ornehm ­ lich A rtikel aus dem ku ltu re lle n , w irt­ schaftlichen und sportlichen L ehen der S ow jetunion. Rein politische P ro p a g an d a­ a rtik el feh len . Die B otschaft ste llt — w ie es in einem von dem P resseattach e der B ot­ schaft A. S ergejew U nterzeichneten B egleit­ schreiben h eiß t — i}en S chülerzeitungen die Z eitschrift auf W unsch w eiter zu.

D er ste llv e rtre te n d e SPD -V orsitzende beklagte auch die M ängel, die an vielen

Ein Drittel der Schüler wußte nichts (NFSZ) — Bei einer Um frage, die „Das Fragezeichen“, Schülerzeitung d er O berreal­ schule m it G ym nasium W eilheim/Obb. zum T hem a „17. Ju n i 1953“, v eran staltete , stellte sich heraus, daß ein D ritte l der b efragten Schüler der 4. bis 7. Klasse nichts ü b er den 17. J u n i w ußte.

Sowjetbotschaft wirbt