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Quecksilber war relativ leicht zu verarbeiten, rief aber bei den Arbeitern schwere Gesundheitsschäden hervor. Erkrankungen des Magens, Schwindel, Kopfschmerz, „Ameisenkriechen“ in den Gliedern bis hin zur völligen Zerrüttung des Nervensystems („Mercurialismus“). | Quecksilber war relativ leicht zu verarbeiten, rief aber bei den Arbeitern schwere Gesundheitsschäden hervor. Erkrankungen des Magens, Schwindel, Kopfschmerz, „Ameisenkriechen“ in den Gliedern bis hin zur völligen Zerrüttung des Nervensystems („Mercurialismus“). | ||
Schon Ende des 18. Jahrhunderts waren die gesundheitsschädlichen Folgen der Arbeit mit Quecksilber gut bekannt und beschrieben: | |||
::''"Die Beleg-Arbeit ist die schädlichste Manipulation bey dieser Glasarbeit, und die schädlichste unter tausend andern Arbeiten. Nur in lüftigen hohen Zimmern, und von solchen Personen läßt sich diese Arbeit, und da nur durch Absätze treiben, die nicht zum Schweis geneigt, und besonders trocken an den Händen sind, und sich äusserst reinlich halten, nicht eher etwas genießen, als nachdem sie sich gewaschen haben, und nach vollbrachter Arbeit sich ganz umkleiden. Bey aller dieser Vorsicht wird sich dennoch niemand finden, der sagen kann, daß er alt dabey geworden, und es lange Jahre getrieben habe, die mehresten werden unvermögend, und zwar in kurzer Zeit, und geben den mitleidvollsten Anblick Ich habe Leute gesehen, die weder Trank noch Speise zum Mund zu bringen im Stande waren; so sehr hat sich der Mercurius durch den Odemzug und die Schweislöcher mit dem Blut des Menschen, vereinigt, und sie zitternd gemacht."''<ref>''Beyträge zur Geschichte der Künstler und Handwerker zu Fürth.'' In: Journal von und für Franken, Band 4, S. 708-728, 1792 - [http://www.ub.uni-bielefeld.de/diglib/aufkl/journalfranken/journalfranken.htm online-Digitalisat der Universität Bielefeld]</ref> | |||
Seit [[1847]] gab es zwar Arbeitsschutzvorschriften: kurze Arbeitszeiten, niedrige Raumtemperaturen, gute Raumlüftung und Baden nach der Arbeit. Aber die Lebenserwartung der Arbeiter war trotzdem weiterhin sehr gering. Weil die Spiegel zudem häufig in Heimarbeit, z.B. auf dem Küchentisch hergestellt wurden, erkrankten ganze Familien. | Seit [[1847]] gab es zwar Arbeitsschutzvorschriften: kurze Arbeitszeiten, niedrige Raumtemperaturen, gute Raumlüftung und Baden nach der Arbeit. Aber die Lebenserwartung der Arbeiter war trotzdem weiterhin sehr gering. Weil die Spiegel zudem häufig in Heimarbeit, z.B. auf dem Küchentisch hergestellt wurden, erkrankten ganze Familien. | ||
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Obwohl Justus v. Liebig bereits 1835 entdeckt hatte, dass man mittels chemischer Reduktion von Silberionen durch Aldehyde einen Silberspiegel erzeugen kann und [[1854]] auf die technische Umsetzung das Patent erhielt, hat sich bis in die Achtzehnhundertsechziger Jahre an den elenden Bedingungen in der Spiegelherstellung nichts Nennenswertes verbessert. | Obwohl Justus v. Liebig bereits 1835 entdeckt hatte, dass man mittels chemischer Reduktion von Silberionen durch Aldehyde einen Silberspiegel erzeugen kann und [[1854]] auf die technische Umsetzung das Patent erhielt, hat sich bis in die Achtzehnhundertsechziger Jahre an den elenden Bedingungen in der Spiegelherstellung nichts Nennenswertes verbessert. | ||
[[1857]] schreibt Dr. [[Beeg]]: "Bekanntlich ist das beständige Umgehen mit Quecksilber der Gesundheit gefährlich und kann sogar den Tod bringen. Bei dem Belegen bildet sich durch das Mischen [...] ein schwarzer Staub, feinst vertheiltes Quecksilber, das in dieser Form am meisten zur Verdünstung geeignet ist. Die Arbeiter nennen diesen Staub auch "Gift". [...]. Die Quecksilberdämpfe dringen eben so sehr durch die Respirationsorgane, als durch die Poren der Haut in den Körper [...]."<ref>J. K. Beeg: ''Die Fürther | [[1857]] schreibt Dr. [[Beeg]]: | ||
::''"Bekanntlich ist das beständige Umgehen mit Quecksilber der Gesundheit gefährlich und kann sogar den Tod bringen. Bei dem Belegen bildet sich durch das Mischen [...] ein schwarzer Staub, feinst vertheiltes Quecksilber, das in dieser Form am meisten zur Verdünstung geeignet ist. Die Arbeiter nennen diesen Staub auch "Gift". [...]. Die Quecksilberdämpfe dringen eben so sehr durch die Respirationsorgane, als durch die Poren der Haut in den Körper [...]."''<ref>J. K. Beeg: ''Die Fürther Spiegelmanufaktur.'' In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57. - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10340265-2 zum online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref> | |||
Angespornt durch das Wissen über die schrecklichen Gesundheitsfolgen von Quecksilber und die Entdeckung von Liebig über die Silberspiegelherstellung stellte Dr. Beeg eigene Untersuchungen an, "in der Hoffnung, ein Verfahren ausfindig zu machen, welches fabrikmäßig angewendet werden und die gefährliche Quecksilberbelegung beseitigen könnte."<ref>J. K. Beeg: ''Die Fürther | Angespornt durch das Wissen über die schrecklichen Gesundheitsfolgen von Quecksilber und die Entdeckung von Liebig über die Silberspiegelherstellung stellte Dr. Beeg eigene Untersuchungen an, "in der Hoffnung, ein Verfahren ausfindig zu machen, welches fabrikmäßig angewendet werden und die gefährliche Quecksilberbelegung beseitigen könnte."<ref>J. K. Beeg: ''Die Fürther Spiegelmanufaktur.'' In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57. - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10340265-2 zum online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref> | ||
Im Jahre [[1862]] stellte als erster der Fürther Spiegelfabrikant [[Christian Winkler]] seine Spiegelbelegung von Quecksilber auf Silberbelegung um. Aber noch [[1883]] wendeten erst ein Sechstel der Spiegelbetriebe in Fürth das neue Silberbelegungsverfahren an. Auch die Arbeiter selbst unternahmen nichts dagegen, weil es ihnen eine besseres Einkommen sicherte. Das neue Silberbelegungsverfahren setzte sich trotzdem mit der Zeit dann durch. [[1886]] wurde schließlich das Quecksilber-Verfahren verboten. | Im Jahre [[1862]] stellte als erster der Fürther Spiegelfabrikant [[Christian Winkler]] seine Spiegelbelegung von Quecksilber auf Silberbelegung um. Aber noch [[1883]] wendeten erst ein Sechstel der Spiegelbetriebe in Fürth das neue Silberbelegungsverfahren an. Auch die Arbeiter selbst unternahmen nichts dagegen, weil es ihnen eine besseres Einkommen sicherte. Das neue Silberbelegungsverfahren setzte sich trotzdem mit der Zeit dann durch. [[1886]] wurde schließlich das Quecksilber-Verfahren verboten. |