17.525
Bearbeitungen
K (Textersetzung - „im Internet]“ durch „online]“) |
|||
(13 dazwischenliegende Versionen von 6 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
In Fürth sollte in den 1960er Jahren die gesamte Altstadt diesem Konzept unterworfen werden. Durchgeführt wurde hiervon nur der Sanierungs-Abschnitt 1: [[Gänsberg]] | [[Bild:'Alter'_Gänsberg.jpg|mini|right|Luftbild des "alten" Gänsbergs zu Beginn der Flächensanierung, der Parkplatz gegenüber der [[Kirche St. Michael]] ist der Bereich des zerstörten "[[Schulhof]]s"]]Als '''Flächensanierung''' wird ein historisches stadtplanerisches Konzept bezeichnet, welches die Stadtsanierung durch großflächigen Abriss von Altbausubstanz und anschließender Neubebauung nach dem Leitbild der „autogerechten Stadt“ zum Gegenstand hatte. Erst später setzte sich mit zunehmender Sensibilisierung der Bevölkerung der Gedanke einer behutsamen ''Stadterneuerung'' durch. | ||
In Fürth sollte in den 1960er Jahren die gesamte Altstadt diesem Konzept unterworfen werden. Durchgeführt wurde hiervon nur der Sanierungs-Abschnitt 1: [[Gänsberg]]. Das Altstadtviertel St. Michael konnte gerettet werden. | |||
== Flächensanierung in Fürth == | == Flächensanierung in Fürth == | ||
=== Ausgangssituation === | === Ausgangssituation === | ||
[[Bild:Utopia.jpg| | [[Bild:Utopia.jpg|mini|right|Gedankenspiele zur Neubebauung]]Die Fürther Altstadt hatte den [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] verhältnismäßig unbeschadet überstanden, eine der wenigen Baulücken war der im ''Dritten Reich'' zerstörte [[Schulhof]] der [[Fiorda|jüdischen Gemeinde]]. Die organisch gewachsene, kleinteilige Stadtstruktur galt in den [[1950]]er Jahren nach dem Geist der Zeit als in weiten Teilen unsanierbarer Problemfall. | ||
Seinerzeit stellte der Freistaat Bayern nur für den Neubau von Wohnraum Gelder zur Verfügung, nicht aber für die Sanierung von Altbauten, auch der Denkmalschutzgedanke mit entsprechenden Gesetzen setzte sich erst viel später durch. Die vorherrschende, mittlerweile wieder völlig überholte Ideologie der ''autogerechten Stadt'' sah im Zuge der fortschreitenden Motorisierung die Anpassung der Städte an reibungslosen Individualverkehr als oberstes Ziel an: Breite Straßen und ausreichende Parkmöglichkeiten wurden erforderlich. | Seinerzeit stellte der Freistaat Bayern nur für den Neubau von Wohnraum Gelder zur Verfügung, nicht aber für die Sanierung von Altbauten, auch der Denkmalschutzgedanke mit entsprechenden Gesetzen setzte sich erst viel später durch. Die vorherrschende, mittlerweile wieder völlig überholte Ideologie der ''autogerechten Stadt'' sah im Zuge der fortschreitenden Motorisierung die Anpassung der Städte an reibungslosen Individualverkehr als oberstes Ziel an: Breite Straßen und ausreichende Parkmöglichkeiten wurden erforderlich. | ||
Zeile 22: | Zeile 23: | ||
== Sanierungsgebiet 1: Gänsberg == | == Sanierungsgebiet 1: Gänsberg == | ||
[[Datei:A1722 Gänsbergabriss.jpg| | [[Datei:A1722 Gänsbergabriss.jpg|mini|right|Stand der Abrissarbeiten um 1973]]Die Expertise bescheinigte dem Gänsberg-Viertel einen Anteil von 88,7 % ''mangelhafter bis abbruchreifer Substanz''. [[1958]] wurde über den Gänsberg eine Bausperre verhängt, der [[1962]] die ersten Abrissaktivitäten rund um das alte [[Gefängnis]] an der [[Katharinenstraße]] folgten. Doch bis zur endgültigen Neubebauung, die erst mit der Einweihung der [[Stadthalle]] im Jahr [[1982]] als beendet betrachtet werden kann, dauerte es wegen zwischenzeitlichem Finanzierungsstopp noch so lange, dass das Areal zwischenzeitlich besser unter dem Namen '''Scherzerwüste''' bekannt war - benannt nach dem damaligen Oberbürgermeister [[Kurt Scherzer]]. Aus heutiger städtebaulicher Sicht ist der einstweilige Baustopp eine Art Schadensbegrenzung, da später nicht mehr die ursprünglich angedachten Bebauungsformen verwirklicht wurden, sondern neuere Architektur zur Ausführung kam. An der Stelle des noch vorher realisierten Baubeginns entlang der [[Katharinenstraße]] gegenüber dem [[Jüdischer Friedhof|jüdischen Friedhof]] kann man sich heute ein Bild vom ursprünglich angedachten Stil der Neubebauung machen. | ||
[[Datei:Löwenplatz 1970 vs 1974 img998.jpg|miniatur|rechts|Löwenplatz 1970 vs. 1974]] | [[Datei:Löwenplatz 1970 vs 1974 img998.jpg|miniatur|rechts|Löwenplatz 1970 vs. 1974]] | ||
Zeile 28: | Zeile 29: | ||
=== Sozialer Aspekt === | === Sozialer Aspekt === | ||
[[Datei:Gänsberg Sanierung.jpg| | [[Datei:Gänsberg Sanierung.jpg|mini|left|Gänsbergsanierung um 1980]] | ||
Da bei der Flächensanierung die Bevölkerung umgesiedelt werden musste, zerbrach das soziale Gefüge der zentralen Innenstadt in weiten Teilen. Dies hatte für den näheren Umkreis des Gänsbergs enorme Folgen. So änderte sich z. B. die Struktur der Gastronomie in den folgenden Jahren drastisch und viele Geschäfte um den Gänsberg verschwanden aus dem Stadtbild. | Da bei der Flächensanierung die Bevölkerung umgesiedelt werden musste, zerbrach das soziale Gefüge der zentralen Innenstadt in weiten Teilen. Dies hatte für den näheren Umkreis des Gänsbergs enorme Folgen. So änderte sich z. B. die Struktur der Gastronomie in den folgenden Jahren drastisch und viele Geschäfte um den Gänsberg verschwanden aus dem Stadtbild. | ||
Zeile 42: | Zeile 43: | ||
Die unter [[Flächensanierung#Ausgangssituation|Ausgangssituation]] zitierte Begründung der Gutachter lässt die Beliebigkeit dieser Beurteilung erkennen. Und in der Tat stellten dieselben Gutachter ein ebensolches vernichtendes Urteil auch der Regensburger Altstadt aus, deren Flächensanierung glücklicherweise nur ansatzweise umgesetzt werden konnte und die heute zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Auch der in Fürth als 2. Stufe angedachte Kahlschlag der Altstadt von St. Michael entlang der [[Gustavstraße]] konnte nicht durchgesetzt werden und straft mit seiner heutigen Gestalt die damaligen Gutachter Lügen. | Die unter [[Flächensanierung#Ausgangssituation|Ausgangssituation]] zitierte Begründung der Gutachter lässt die Beliebigkeit dieser Beurteilung erkennen. Und in der Tat stellten dieselben Gutachter ein ebensolches vernichtendes Urteil auch der Regensburger Altstadt aus, deren Flächensanierung glücklicherweise nur ansatzweise umgesetzt werden konnte und die heute zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Auch der in Fürth als 2. Stufe angedachte Kahlschlag der Altstadt von St. Michael entlang der [[Gustavstraße]] konnte nicht durchgesetzt werden und straft mit seiner heutigen Gestalt die damaligen Gutachter Lügen. | ||
Eine Passage des Gutachtens beschreibt schon damals ganz genau das Wissen um das, was hier am Gänsberg verloren ging | Eine Passage des Gutachtens beschreibt schon damals ganz genau das Wissen um das, was hier am Gänsberg verloren ging: ''Denn auch wenn das Erneuerungsgebiet "keine Einzelobjekte" enthalte, "die im Sinne der Denkmalpflege als solche als unbedingt schutzwürdig anzusprechen sind", finde sich gleichwohl "eine ganze Anzahl von Gebäuden, die in ihrer baulichen Erscheinung und städtebaulichen Stellung erhebliche Reize aufweisen. Ebenso zeichnet sich das ganze Gebiet durch eine ausgesprochen menschliche Atmosphäre aus, die aufzuopfern der Akademie schwerfällt."'' | ||
==Feierlicher Abschluss der Sanierungsmaßnahmen durch die Stadt Fürth am 6.4.1984== | |||
Die „Fürther Nachrichten“ titelten am 7. April 1985 '''„Neues Gänsbergviertel läßt sich feiern“'''. Zum Abschluss der Sanierung um den [[Löwenplatz]] steigt ein kleines Fest und eine Ausstellung in der [[Stadthalle]]. Am 6. April übergab der Oberbürgermeister offiziell das Sanierungsgebiet seiner Bestimmung und eröffnete die Dokumentation 650 Wohnungen und 40 Geschäfte sind entstanden – Investitionen von ca. 250 Millionen DM - Freibier zum Auftakt | |||
Der Abschluss des bisher größten und ehrgeizigsten Fürther Sanierungsprojekts, die völlige Neugestaltung des Gänsbergviertels, ist gestern nachmitag mit einem Festakt in der neuen Stadthalle und einen Straßenfest im Neubaugebiet eindrucksvoll gefeiert worden. | |||
==Literatur== | ==Literatur== | ||
Zeile 52: | Zeile 58: | ||
* [[Unser Gänsberg (Buch)|Unser Gänsberg]], Fürth, 1984 | * [[Unser Gänsberg (Buch)|Unser Gänsberg]], Fürth, 1984 | ||
* [[Alexander Mayer]]: ''Gegenpol zum gewachsenen Viertel St. Michael: der geplante Gänsberg''. Fürth 1995 - [http://www.dr-alexander-mayer.de/downloads/Gaensberg.htm | * [[Alexander Mayer]]: ''Gegenpol zum gewachsenen Viertel St. Michael: der geplante Gänsberg''. Fürth 1995 - [http://www.dr-alexander-mayer.de/downloads/Gaensberg.htm online] | ||
* Die Abräumer: 20 Jahre nach Abschluss der Flächensanierung des Gänsbergviertels in Fürth - [http://www.rijo.homepage.t-online.de/pdf/DE_FU_TO_gaensber.pdf PDF-Datei] | * Die Abräumer: 20 Jahre nach Abschluss der Flächensanierung des Gänsbergviertels in Fürth - [http://www.rijo.homepage.t-online.de/pdf/DE_FU_TO_gaensber.pdf PDF-Datei] | ||
Zeile 62: | Zeile 68: | ||
* [[Fraveliershof]] | * [[Fraveliershof]] | ||
* [[Beim Liershof]] | * [[Beim Liershof]] | ||
== Bilder == | |||
{{Bilder dieses Ereignisses}} | |||
[[Kategorie:Geschichte]] | [[Kategorie:Geschichte]] | ||
Zeile 67: | Zeile 76: | ||
[[Kategorie:Flächen und Areale]] | [[Kategorie:Flächen und Areale]] | ||
[[Kategorie:Altstadt]] | [[Kategorie:Altstadt]] | ||
{{Vorlage:Höfefest}} |