Bernhard Walter: Unterschied zwischen den Versionen

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Nach einem schweren Autounfall im Herbst 1939 mit Schädelbruch sei er als nicht mehr kriegsverwendungsfähig eingestuft gewesen. Im KZ Sachsenhausen zum Erkennungsdienst versetzt und dort dazu ausgebildet worden. Ab Okt./Nov. 1940 in Auschwitz den Erkennungsdienst als Leiter aufgebaut und bis Januar 1945 geleitet.<ref>Vernehmung von Walter bei der Polizeidirektion Fürth durch einen Gerichtsassessor der Oberstaatsanwaltschaft beim LG Frankfurt a. M. am 14.11.1959 anlässlich der Vorbereitung des 1. Auschwitz-Prozesses</ref>
Nach einem schweren Autounfall im Herbst 1939 mit Schädelbruch sei er als nicht mehr kriegsverwendungsfähig eingestuft gewesen. Im KZ Sachsenhausen zum Erkennungsdienst versetzt und dort dazu ausgebildet worden. Ab Okt./Nov. 1940 in Auschwitz den Erkennungsdienst als Leiter aufgebaut und bis Januar 1945 geleitet.<ref>Vernehmung von Walter bei der Polizeidirektion Fürth durch einen Gerichtsassessor der Oberstaatsanwaltschaft beim LG Frankfurt a. M. am 14.11.1959 anlässlich der Vorbereitung des 1. Auschwitz-Prozesses</ref>


==Wirken während des Zweiten Weltkriegs==
==Tätigkeit während des Zweiten Weltkriegs==
Von Anfang Januar 1941 bis zur kriegsbedingten Räumung des Lagers im Januar 1945 leitete er den Erkennungsdienst der Politischen Abteilung im KZ Auschwitz. Er baute den in Block 26 des [[Wikipedia:KZ Auschwitz I (Stammlager)|Stammlagers]] befindlichen Erkennungsdienst auf. Sein Assistent war der als Fotograf eingesetzte SS-Unterscharführer Ernst Hofmann, zusätzlich mussten zehn bis zwölf Häftlinge die beiden SS-Männer bei ihrer Arbeit unterstützen. Im Wesentlichen wurden in dem dort befindlichen Fotostudio zur erkennungsdienstlichen Erfassung nichtjüdische Häftlinge für die Akten fotografiert (drei Portraitaufnahmen, frontal mit und ohne Mütze sowie von der Seite) und auch deren Fingerabdrücke abgenommen. Teils wurde auch im Auftrag des Lagerkommandanten oder der SS-Lagerärzte fotografiert. Laut einer Nachkriegsaussage Walters im NS-Jargon sei es vorgekommen, dass „besonders typische Vertreter des Judentums zum Fotografieren in den Erkennungsdienst geschickt wurden“.
Von Anfang Januar 1941 bis zur kriegsbedingten Räumung des Lagers im Januar 1945 leitete er den Erkennungsdienst der Politischen Abteilung im KZ Auschwitz. Er baute den in Block 26 des [[Wikipedia:KZ Auschwitz I (Stammlager)|Stammlagers]] befindlichen Erkennungsdienst auf. Sein Assistent war der als Fotograf eingesetzte SS-Unterscharführer Ernst Hofmann, zusätzlich mussten zehn bis zwölf Häftlinge die beiden SS-Männer bei ihrer Arbeit unterstützen. Im Wesentlichen wurden in dem dort befindlichen Fotostudio zur erkennungsdienstlichen Erfassung nichtjüdische Häftlinge für die Akten fotografiert (drei Portraitaufnahmen, frontal mit und ohne Mütze sowie von der Seite) und auch deren Fingerabdrücke abgenommen. Teils wurde auch im Auftrag des Lagerkommandanten oder der SS-Lagerärzte fotografiert. Laut einer Nachkriegsaussage Walters im NS-Jargon sei es vorgekommen, dass „besonders typische Vertreter des Judentums zum Fotografieren in den Erkennungsdienst geschickt wurden“.


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Walter, der in der SS-Siedlung des KZ Auschwitz mit seiner Familie in unmittelbarer Nachbarschaft der Familie seines berüchtigten Kollegen [[Wikipedia:Wilhelm Boger|Wilhelm Bogner]] lebte, wurde im Februar 1942 zum SS-Hauptscharführer befördert. Walter nahm an den Erschießungen von Häftlingen an der [[Wikipedia:Schwarze Wand (KZ Auschwitz)|Schwarzen Wand]] teil. Im September 1942 wurde ihm das [[Wikipedia:Kriegsverdienstkreuz (1939)|Kriegsverdienstkreuz]] II. Klasse mit Schwertern verliehen. Spätestens ab Sommer 1944 war Walter auch zusätzlich zu seiner Funktion als Leiter des Erkennungsdienstes [[Wikipedia:Kompaniefeldwebel|Spieß]] beim Kommandanturstab des KZ Auschwitz. Er organisierte für die Angehörigen der Lager-SS auch Filmvorführungen. Im Zuge der Räumung des KZ Auschwitz befahl er dem in seiner Abteilung eingesetzten Häftling [[Wikipedia:Wilhelm Brasse|Wilhelm Brasse]] vor dem Eintreffen der [[Wikipedia:Rote Armee|Roten Armee]] im Januar 1945 die Negative und Abzüge der erkennungsdienstlichen Häftlingsfotografien zu verbrennen. Brasse entsprach zum Schein dieser Anweisung, solange Walter anwesend war, und löschte anschließend das Feuer im Ofen, um die Dokumente für die Nachwelt zu sichern. Anschließend leistete Walter Kriegsdienst bei Einheiten der [[Wikipedia:Waffen-SS|Waffen-SS]]. Im Frühjahr 1945 war er noch im [[Wikipedia:KZ Mittelbau-Dora|KZ Mittelbau-Dora]] eingesetzt.
Walter, der in der SS-Siedlung des KZ Auschwitz mit seiner Familie in unmittelbarer Nachbarschaft der Familie seines berüchtigten Kollegen [[Wikipedia:Wilhelm Boger|Wilhelm Bogner]] lebte, wurde im Februar 1942 zum SS-Hauptscharführer befördert. Walter nahm an den Erschießungen von Häftlingen an der [[Wikipedia:Schwarze Wand (KZ Auschwitz)|Schwarzen Wand]] teil. Im September 1942 wurde ihm das [[Wikipedia:Kriegsverdienstkreuz (1939)|Kriegsverdienstkreuz]] II. Klasse mit Schwertern verliehen. Spätestens ab Sommer 1944 war Walter auch zusätzlich zu seiner Funktion als Leiter des Erkennungsdienstes [[Wikipedia:Kompaniefeldwebel|Spieß]] beim Kommandanturstab des KZ Auschwitz. Er organisierte für die Angehörigen der Lager-SS auch Filmvorführungen. Im Zuge der Räumung des KZ Auschwitz befahl er dem in seiner Abteilung eingesetzten Häftling [[Wikipedia:Wilhelm Brasse|Wilhelm Brasse]] vor dem Eintreffen der [[Wikipedia:Rote Armee|Roten Armee]] im Januar 1945 die Negative und Abzüge der erkennungsdienstlichen Häftlingsfotografien zu verbrennen. Brasse entsprach zum Schein dieser Anweisung, solange Walter anwesend war, und löschte anschließend das Feuer im Ofen, um die Dokumente für die Nachwelt zu sichern. Anschließend leistete Walter Kriegsdienst bei Einheiten der [[Wikipedia:Waffen-SS|Waffen-SS]]. Im Frühjahr 1945 war er noch im [[Wikipedia:KZ Mittelbau-Dora|KZ Mittelbau-Dora]] eingesetzt.
==Kriegsgefangenschaft und Rückkehr nach Fürth==
==Kriegsgefangenschaft und Entnazifizierung==
Nach Kriegsende befand er sich in englischer Kriegsgefangenschaft und wurde schließlich nach Polen überstellt. Am 8. April 1948 wurde er durch das Bezirksgericht in Krakau zu einer dreijährigen Haftstrafe und Aberkennung der [[Wikipedia:Bürgerliche Ehrenrechte|bürgerlichen Ehrenrechte]] auf eine Zeit von drei Jahren verurteilt. Zugunsten Walters sagte der ehemals beim Erkennungsdienst eingesetzte Häftling Brasse aus, der ihm korrektes Verhalten gegenüber den Häftlingen attestierte. Walter selbst gab über die Zeit nach seiner Gefangenschaft ab 3. Mai 1945 bei einer Vernehmung folgendes an: ''Zuerst in amerikanischer Gefangenschaft, dann bei den Engländern. Von diesen im Mai 1947 an die Polen ausgeliefert. Im April 1948 von diesen in Warschau zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt. Am 18. Juli 1950 aus der Gefangenschaft entlassen und nach Fürth zurückgekehrt.''<ref>Vernehmung von Walter bei der Polizeidirektion Fürth durch einen Gerichtsassessor der Oberstaatsanwaltschaft beim LG Frankfurt a. M. am 14.11.1959 anlässlich der Vorbereitung des 1. Auschwitz-Prozesses</ref>
Nach Kriegsende befand er sich in englischer Kriegsgefangenschaft und wurde schließlich nach Polen überstellt. Am 8. April 1948 wurde er durch das Bezirksgericht in Krakau zu einer dreijährigen Haftstrafe und Aberkennung der [[Wikipedia:Bürgerliche Ehrenrechte|bürgerlichen Ehrenrechte]] auf eine Zeit von drei Jahren verurteilt. Zugunsten Walters sagte der ehemals beim Erkennungsdienst eingesetzte Häftling Brasse aus, der ihm korrektes Verhalten gegenüber den Häftlingen attestierte. Walter selbst gab über die Zeit nach seiner Gefangenschaft ab 3. Mai 1945 bei einer Vernehmung folgendes an: ''Zuerst in amerikanischer Gefangenschaft, dann bei den Engländern. Von diesen im Mai 1947 an die Polen ausgeliefert. Im April 1948 von diesen in Warschau zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt. Am 18. Juli 1950 aus der Gefangenschaft entlassen und nach Fürth zurückgekehrt.''<ref>Vernehmung von Walter bei der Polizeidirektion Fürth durch einen Gerichtsassessor der Oberstaatsanwaltschaft beim LG Frankfurt a. M. am 14.11.1959 anlässlich der Vorbereitung des 1. Auschwitz-Prozesses</ref>
Das Entnazifizierungsverfahren gegen Walter, nun [[Wasserstraße 17]] wurde lt. Mitteilung der Hauptkammer-Außenstelle Nürnberg vom 4.9.1950 eingestellt, da er nicht hinreichend verdächtig war, Hauptschuldiger oder Belasteter zu sein. Die Verfügung galt als Bescheinigung der politischen Überprüfung (§ 1 des Gesetzes zum Abschluss der politischen Befreiung). Im Meldebogen aufgrund des Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5.3.1946, ausgefertigt von B. Walter am 24.7.1950, heißt es:
''Er wohnte seit Geburt bis April 1934 in Fürth; war dann bei der Waffen-SS; in Gefangenschaft 1945 bis 1950. Bei der NSDAP seit 1.5.1933, bei der Allgemeinen SS ab 1.9.33, Mitglieds-Nr. 104108, ab April 1934 bei der Waffen-SS; Hauptscharführer ab April 1942. Ein Prüfungsverfahren sei gegen ihn nicht gelaufen.''<ref>Entnazifizierungsakte, Staatsarchiv Nürnberg (StAN),(Spruchkammer Fürth I, W-388), Hauptkammer München, Außenstelle Nürnberg, Der öffentliche Kläger; Akte abgegeben von der Berufungs- und Hauptkammer München am 19.10.1951.</ref>


Nach der Haftentlassung im Juli 1950 zog er wieder nach Fürth.Das von Walter im Juli 1955 bezogene Siedler-Haus [[Schmerlerstraße]] liegt in der so genannten Heimkehrer-Siedlung in Fürth-[[Unterfürberg]]. Für die Kriegsspätheimkehrer entstand zwischen den Jahren 1953 und 1959 dort eine Siedlung mit 34 Einfamilienhäusern samt Gärten. Die Häuser stehen in der [[Unterfürberger Straße]], am [[Baumfeldweg]] und in der Schmerler-, [[Fenzelstraße|Fenzel]]- und [[Albigstraße]]. Über seine Arbeit in einem Kino konnten sich Nachbarn wie folgt erinnern: ''"Der „Kino-Walter“ war in den drei [[Kinos]] im [[Parkhotel]] das „Mädchen für alles“"''. Daraus lässt sich schließen, dass Walter nicht nur als Filmvorführer tätig war, sondern sich auch um den gesamten Filmbetrieb im „Park-Lichtspieltheater“, dem „Admiral-Theater“ und dem „Bambi“ Wochenschau-Filmtheater kümmerte. Diese drei Filmtheater im größten Hotelbau in der Stadtmitte wurden betrieben von „Voelter´s Filmbühnen“. Walter bediente die Projektoren in den Kinos und konnte so mit der ihm gewohnten Technik weiter arbeiten.<ref>Recherche Bernd Heitmüller (Hamburg) und Peter Frank (Fürth), Juni 2015 - Januar 2018</ref>  
==Rückkehr nach Fürth und weiteres Leben==
Nach der Haftentlassung im Juli 1950 zog er wieder nach Fürth. Das von Walter im Juli 1955 bezogene Siedler-Haus [[Schmerlerstraße]] liegt in der so genannten Heimkehrer-Siedlung in Fürth-[[Unterfürberg]]. Für die Kriegsspätheimkehrer entstand zwischen den Jahren 1953 und 1959 dort eine Siedlung mit 34 Einfamilienhäusern samt Gärten. Die Häuser stehen in der [[Unterfürberger Straße]], am [[Baumfeldweg]] und in der Schmerler-, [[Fenzelstraße|Fenzel]]- und [[Albigstraße]]. Über seine Arbeit in einem Kino konnten sich Nachbarn wie folgt erinnern: ''"Der „Kino-Walter“ war in den drei [[Kinos]] im [[Parkhotel]] das „Mädchen für alles“"''. Daraus lässt sich schließen, dass Walter nicht nur als Filmvorführer tätig war, sondern sich auch um den gesamten Filmbetrieb im „Park-Lichtspieltheater“, dem „Admiral-Theater“ und dem „Bambi“ Wochenschau-Filmtheater kümmerte. Diese drei Filmtheater im größten Hotelbau in der Stadtmitte wurden betrieben von „Voelter´s Filmbühnen“. Walter bediente die Projektoren in den Kinos und konnte so mit der ihm gewohnten Technik weiter arbeiten.<ref>Recherche Bernd Heitmüller (Hamburg) und Peter Frank (Fürth), Juni 2015 - Januar 2018</ref>  


Im Zuge des ersten Frankfurter [[Wikipedia:Auschwitzprozesse|Auschwitzprozesses]] sagte er 1964/65 als Zeuge aus, gab jedoch nur ausweichende Antworten. Walter bestritt, Urheber der von der Zeugin Jacob aus dem Auschwitz-Album vorgelegten Fotografien zu sein. Erst nach hartnäckigen Befragungen gab er zu, einige Aufnahmen gemacht zu haben. Die Identifizierung der mutmaßlichen Fotografen des Auschwitz-Albums war laut [[Wikipedia:Gideon Greif|Gideon Greif]] die „eigentliche Sensation“ des Frankfurter Auschwitzprozesses.<ref>Eintrag zu Bernhard Walter bei [[Wikipedia:Bernhard Walter (SS-Mitglied)|Wikipedia]], abgerufen am 30. März 2018</ref><ref>Recherche Bernd Heitmüller (Hamburg) und Peter Frank (Fürth), Juni 2015 - Januar 2018</ref>
Im Zuge des ersten Frankfurter [[Wikipedia:Auschwitzprozesse|Auschwitzprozesses]] sagte er 1964/65 als Zeuge aus, gab jedoch nur ausweichende Antworten. Walter bestritt, Urheber der von der Zeugin Jacob aus dem Auschwitz-Album vorgelegten Fotografien zu sein. Erst nach hartnäckigen Befragungen gab er zu, einige Aufnahmen gemacht zu haben. Die Identifizierung der mutmaßlichen Fotografen des Auschwitz-Albums war laut [[Wikipedia:Gideon Greif|Gideon Greif]] die „eigentliche Sensation“ des Frankfurter Auschwitzprozesses.<ref>Eintrag zu Bernhard Walter bei [[Wikipedia:Bernhard Walter (SS-Mitglied)|Wikipedia]], abgerufen am 30. März 2018</ref><ref>Recherche Bernd Heitmüller (Hamburg) und Peter Frank (Fürth), Juni 2015 - Januar 2018</ref>
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