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==Zeitgenössische Beschreibung der Stadt Fürth==
==Zeitgenössische Beschreibung der Stadt Fürth==
:''Zwei Poststunden von Nürnberg in nordwestlicher Richtung entfernt liegt die durch ihren Gewerbfleiß bekannte Stadt Fürth, die auf der beide Städte verbindenden Ludwigs-Eisenbahn in einer kleinen Viertelstunde zu erreichen ist. Fürth liegt zwischen den beiden Flüssen Pegnitz und Rednitz, welche sich in kurzer Entfernung von der Stadt unterhalb des Schießangers vereinigen und die Regnitz bilden. [...]. Durch den rastlosen Fleiß seiner Bewohner, deren Zahl seit jener Zeit fortwährend zunahm, wurden Handel und Gewerbe so gehoben, daß Fürth nun zu den ersten Städten Bayerns zählt und allerwärts seines industriellen Strebens wegen bekannt und geachtet ist. Fürth zählt nun 23,300 Einwohner, darunter 16,560 Protestanten, 2160 Katholiken, an 200 freie Christen und über 4000 Israeliten. Es bestehen an 100 Großhandlungsfirmen und an 800 Detailhandlungen. Der Güterversandt beträgt über 500,000 Centner jährlich und der Handel von Fürth hat sich außer dem Gebiete des Zollvereins bereits in Oesterreich und Italien mit Leder, in England und Rußland mit Hopfen, mit [[Spiegelglas]] und Manufakturwaaren in Nord- und Südamerika, Ost- und Westindien Absatzquellen eröffnet. Bei den 2200 selbstständigen Gewerben wird die Produktion meist fabrikmäßig betrieben. Unter den hier gefertigten Erzeugnissen ragen besonders hervor Spiegelgläser und Spiegel, die einen bedeutenden Handelsartikel nach überseeischen Plätzen bilden; geschlagenes Metall (unächtes Gold) und die daraus erzeugten [[Broncefarben]]; Brillen und andere optische Fabrikate; Drechslerwaaren, von den in zahlloser Menge hergestellten Cigarrenspitzen, Nadelbüchschen und dergl. bis zu den feinsten und kunstvollsten Schnitzereien in Holz und Elfenbein; Galanteriewaaren und Massen der manchfaltigsten Spielwaaren. Mit den beiden Mahlmühlen (obere und [[untere Mühle]]) sind Glasschleif- und Polirwerke verbunden, deren Maschinen durch Wasserkraft bewegt werden; außerdem sind auch mehrfach Dampfmaschinen im Gebrauch. Die bedeutendsten und sehenswerthesten Geschäfts-Etablissements sind: Die [[J. W. Engelhardt & Co.|Engelhard´sche Maschinenfabrik]] und Gießerei an der [[Ludwigs-Eisenbahn]]; die Metallgoldfabrik von [[Brandeis]] in der Schwabacherstraße; die Broncefarbenfabriken von [[Gustav Lepper|Lepper]] am Staatsbahnhof; [[Eiermann und Tabor]] in der Hirschengasse und [[Benda]] in der Lerchenstraße; die Bleistiftfabrik von [[Illfelder]] in der Schwabacherstraße; die Silber-Glasbelege von [[Ludwig Winkler|L. Winkler]] in der Rosengasse; die mechanische Spinnerei von [[Bernstein]] in der Pegnitzstraße, zugleich Wasch- und Badeanstalt, und die Ausstellung der verschiedensten Manufakturartikel von [[Ullmann]] und Engelmann in der Friedrichsstraße. Sehr beachtenswerth ist die Fabrikation von Zinnfiguren, welche vorzüglich hergestellt werden von [[Gebr. Heinrich]] in der Bahnhofstraße, [[Allgeyer]] in der oberen Königsstraße, [[Haffner]] in der Mathildenstraße und [[Schildknecht]] in der Schwabacherstraße. Fürth kann sich nicht rühmen bedeutende Denkmale der Baukunst, Malerei oder Sculptur, oder Gebäude zu besitzen, an welche sich große historische Begebenheiten knüpfen, sein Ruhm ist einzig der, daß es sich aus kleinem Anfang durch eigene Kraft, ohne Protektion mächtiger Herren oder Stiftungen reicher Privaten zu seiner dermaligen Bedeutung emporgeschwungen hat. Das ganze äußere Gepräge der Stadt ist ein ehrendes Zeugniß für den praktischen Sinn, das gemeinsame Streben und die ersprießliche Thätigkeit besonders der jüngsten Generationen. Ein Denkmal besitzt Fürth, das an seinen Ursprung erinnert. Es befindet sich dasselbe auf dem linken Rednitzufer gegenüber dem [[Schießplatz]] und besteht aus einer Säule, welche aus Sandstein gearbeitet ist. An diese lehnt sich eine Marmortafel, auf welcher die Inschrift eingegraben ist: „Zum Andenken an die einst hier gestandene von Kaiser Karl dem Großen gegründete Kapelle zum h. Martin errichtet Anno 1855.“ Die Säule steht auf einem Unterbau von Tuffsteinen, der von Gesträuchern und schattigen Eichen umgeben ist. Das älteste noch bestehende Bauwerk der Stadt ist die St. Michaeliskirche, deren Chor und Thurm im gothischen Styl erbaut, zwar einfache, aber reine architektonische Verhältnisse zeigen. Ihre Gründung […]. Das Innere der Kirche wurde i. J. [[1832]] gründlich renovirt und in einfacher aber würdiger Weise nach den Angaben des Prof. Heydeloff in Nürnberg ausgeschmückt. […]. Das Orgelwerk wurde von Bittner in Nürnberg hergestellt und entspricht vollständig der Räumlichkeit des Gotteshauses. Nur eine Zierde aus älterer Zeit befindet sich auch heute noch an der Seite des Altars, ein Sakramentshäuschen aus sogenanntem Gußstein, das wahrscheinlich von Adam Krafft geformt schon [[1507]] daselbst ausgestellt wurde. […]. <ref>''Nürnberg-Fürth: Zuverlässiger Fremdenführer durch die Schwesterstädte und deren Umgebung...", Nürnberg, 1869, S. 25 ff - [https://opacplus.bsb-muenchen.de/metaopac/search?View=default&db=100&id=BV020340900 online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref>
:''Zwei Poststunden von Nürnberg in nordwestlicher Richtung entfernt liegt die durch ihren Gewerbfleiß bekannte Stadt Fürth, die auf der beide Städte verbindenden Ludwigs-Eisenbahn in einer kleinen Viertelstunde zu erreichen ist. Fürth liegt zwischen den beiden Flüssen Pegnitz und Rednitz, welche sich in kurzer Entfernung von der Stadt unterhalb des Schießangers vereinigen und die Regnitz bilden. [...]. Durch den rastlosen Fleiß seiner Bewohner, deren Zahl seit jener Zeit fortwährend zunahm, wurden Handel und Gewerbe so gehoben, daß Fürth nun zu den ersten Städten Bayerns zählt und allerwärts seines industriellen Strebens wegen bekannt und geachtet ist. Fürth zählt nun 23,300 Einwohner, darunter 16,560 Protestanten, 2160 Katholiken, an 200 freie Christen und über 4000 Israeliten. Es bestehen an 100 Großhandlungsfirmen und an 800 Detailhandlungen. Der Güterversandt beträgt über 500,000 Centner jährlich und der Handel von Fürth hat sich außer dem Gebiete des Zollvereins bereits in Oesterreich und Italien mit Leder, in England und Rußland mit Hopfen, mit [[Spiegelglas]] und Manufakturwaaren in Nord- und Südamerika, Ost- und Westindien Absatzquellen eröffnet. Bei den 2200 selbstständigen Gewerben wird die Produktion meist fabrikmäßig betrieben. Unter den hier gefertigten Erzeugnissen ragen besonders hervor Spiegelgläser und Spiegel, die einen bedeutenden Handelsartikel nach überseeischen Plätzen bilden; geschlagenes Metall (unächtes Gold) und die daraus erzeugten [[Broncefarben]]; Brillen und andere optische Fabrikate; Drechslerwaaren, von den in zahlloser Menge hergestellten Cigarrenspitzen, Nadelbüchschen und dergl. bis zu den feinsten und kunstvollsten Schnitzereien in Holz und Elfenbein; Galanteriewaaren und Massen der manchfaltigsten Spielwaaren. Mit den beiden Mahlmühlen (obere und [[untere Mühle]]) sind Glasschleif- und Polirwerke verbunden, deren Maschinen durch Wasserkraft bewegt werden; außerdem sind auch mehrfach Dampfmaschinen im Gebrauch. Die bedeutendsten und sehenswerthesten Geschäfts-Etablissements sind: Die [[J. W. Engelhardt & Co.|Engelhard´sche Maschinenfabrik]] und Gießerei an der [[Ludwigs-Eisenbahn]]; die Metallgoldfabrik von [[Brandeis]] in der Schwabacherstraße; die Broncefarbenfabriken von [[Gustav Lepper|Lepper]] am Staatsbahnhof; [[Eiermann und Tabor]] in der Hirschengasse und [[Benda]] in der Lerchenstraße; die Bleistiftfabrik von [[Illfelder]] in der Schwabacherstraße; die Silber-Glasbelege von [[Ludwig Winkler|L. Winkler]] in der Rosengasse; die mechanische Spinnerei von [[Bernstein]] in der Pegnitzstraße, zugleich Wasch- und Badeanstalt, und die Ausstellung der verschiedensten Manufakturartikel von [[Ullmann]] und Engelmann in der Friedrichsstraße. Sehr beachtenswerth ist die Fabrikation von Zinnfiguren, welche vorzüglich hergestellt werden von [[Gebr. Heinrich]] in der Bahnhofstraße, [[Allgeyer]] in der oberen Königsstraße, [[Haffner]] in der Mathildenstraße und [[Schildknecht]] in der Schwabacherstraße. Fürth kann sich nicht rühmen bedeutende Denkmale der Baukunst, Malerei oder Sculptur, oder Gebäude zu besitzen, an welche sich große historische Begebenheiten knüpfen, sein Ruhm ist einzig der, daß es sich aus kleinem Anfang durch eigene Kraft, ohne Protektion mächtiger Herren oder Stiftungen reicher Privaten zu seiner dermaligen Bedeutung emporgeschwungen hat. Das ganze äußere Gepräge der Stadt ist ein ehrendes Zeugniß für den praktischen Sinn, das gemeinsame Streben und die ersprießliche Thätigkeit besonders der jüngsten Generationen. Ein Denkmal besitzt Fürth, das an seinen Ursprung erinnert. Es befindet sich dasselbe auf dem linken Rednitzufer gegenüber dem [[Schießplatz]] und besteht aus einer Säule, welche aus Sandstein gearbeitet ist. An diese lehnt sich eine Marmortafel, auf welcher die Inschrift eingegraben ist: „Zum Andenken an die einst hier gestandene von Kaiser Karl dem Großen gegründete Kapelle zum h. Martin errichtet Anno 1855.“ Die Säule steht auf einem Unterbau von Tuffsteinen, der von Gesträuchern und schattigen Eichen umgeben ist. Das älteste noch bestehende Bauwerk der Stadt ist die St. Michaeliskirche, deren Chor und Thurm im gothischen Styl erbaut, zwar einfache, aber reine architektonische Verhältnisse zeigen. Ihre Gründung […]. Das Innere der Kirche wurde i. J. [[1832]] gründlich renovirt und in einfacher aber würdiger Weise nach den Angaben des Prof. Heydeloff in Nürnberg ausgeschmückt. […]. Das Orgelwerk wurde von Bittner in Nürnberg hergestellt und entspricht vollständig der Räumlichkeit des Gotteshauses. Nur eine Zierde aus älterer Zeit befindet sich auch heute noch an der Seite des Altars, ein Sakramentshäuschen aus sogenanntem Gußstein, das wahrscheinlich von Adam Krafft geformt schon [[1507]] daselbst ausgestellt wurde. […]. Die Katholische Kirche wurde eingeweiht i. J. [[1829]]. Sie besitzt ein gutes Orgelwerk von Eichmüller in Heilsbronn. Die Haupt-Synagoge der israelitischen Gemeinde, deren Gründung in das Jahr [[1616]] fällt, wurde im Jahre [[1865]] fast gänzlich umgebaut, namhaft erweitert und in edlem Style dem Cultus angemessen hergestellt. Der erste Israelit, welcher sich [[1528]] in Fürth ansiedelte, war der Sohn eines Nürnberger Weinwirths. Die mit der Erbauung der [[Hauptsynagoge]] zugleich in's Leben gerufene [[Talmudschule]] besteht gegenwärtig nicht mehr. König Ludwig II erzeigte der israel. Gemeinde die Huld, bei seiner kurzen Anwesenheit im Jahre [[1866]] die restaurirte Synagoge zu besichtigen. An öffentlichen Gebäuden besitzt Fürth ein großes, mit hohem Thurm geziertes [[Rathaus|Rathhaus]], das in den Jahren [[1840]] bis 1850 erbaut wurde, und in welchem sich außer den Magistrats-Bureaux, die Lokale des kgl. Bezirksgerichts finden. Dort wird auch die durch C. Gebhardt [[1864]] gestiftete [[Stadtbibliothek]] aufbewahrt, die für gewöhnlich Mittwoch und Samstag, von 1 bis 3 Uhr der allgemeinen Benützung geöffnet ist.<ref>''Nürnberg-Fürth: Zuverlässiger Fremdenführer durch die Schwesterstädte und deren Umgebung...", Nürnberg, 1869, S. 25 ff - [https://opacplus.bsb-muenchen.de/metaopac/search?View=default&db=100&id=BV020340900 online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref>


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