Gewerkschaftshaus: Unterschied zwischen den Versionen

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== Geschichte und Entstehung in Fürth ==
== Geschichte und Entstehung in Fürth ==
In Fürth entstanden die ersten Gewerkschaften erst um die Jahrhundertwende. Die ersten Gewerkschaftstreffen fanden meist in Gaststätten statt, u. a. ab [[1899]] im Lokal Heidingsfelder in der [[Alexanderstraße]] sowie ab Januar [[1901]] im [[Glück Auf|Gasthaus Zick]]. Erstmals war im November [[1901]] von einem sog. "Gewerkschaftshaus" die Rede, man traf sich jeden Sonntag im Monat nachmittags um 15 Uhr im sog. [[Kristallpalast|Kristall-Palast]] in der [[Pfisterstraße]]. Die Versammlungen der Gewerkschaften wurden nach eigenen Angaben im Saalbau des Gewerkschaftshauses Zimmer Nr. 10 abgehalten. Diese Zentrierung der Gewerkschaften an einer Wirkungsstätte wird später dem  Fürther Gewerkschaftsführer [[Hans Böckler]] zugeschrieben, auch wenn er nur kurze Zeit später – im Jahr [[1903]] – Fürth den Rücken kehrte.<ref>Gerd Walther: 100 Jahre ÖTV Fürth 1896 - 1996, Eigenverlag, Fürth, S. 14ff.</ref>
In Fürth entstanden die ersten Gewerkschaften erst um die Jahrhundertwende. Die ersten Gewerkschaftstreffen fanden meist in Gaststätten statt, u. a. ab [[1899]] im Lokal Heidingsfelder in der [[Alexanderstraße]] sowie ab Januar [[1901]] im [[Glück Auf|Gasthaus Zick]]. Erstmals war im November [[1901]] von einem sog. "Gewerkschaftshaus" die Rede, man traf sich jeden Sonntag im Monat nachmittags um 15 Uhr im sog. [[Kristallpalast|Kristall-Palast]] in der [[Pfisterstraße]]. Die Versammlungen der Gewerkschaften wurden nach eigenen Angaben im Saalbau des Gewerkschaftshauses Zimmer Nr. 10 abgehalten. Diese Zentrierung der Gewerkschaften an einer Wirkungsstätte wird später dem  Fürther Gewerkschaftsführer [[Hans Böckler]] zugeschrieben, auch wenn er nur kurze Zeit später – im Jahr [[1903]] – Fürth den Rücken kehrte.<ref>Gerd Walther: 100 Jahre ÖTV Fürth 1896 - 1996, Eigenverlag, Fürth, S. 14 ff.</ref>


Wenn auch [[1907]] im Geschäftsbericht von einer gemeinsamen Verwaltungsstelle in Nürnberg berichtet wurde, so gab es offenbar auch weiterhin eine eigenständige Gewerkschaftsstruktur in Fürth, zumal zum [[31. Dezember]] [[1907]] 1&nbsp;312 männliche und 68 weibliche Gewerkschaftsmitglieder in Fürth gezählt wurden.
Wenn auch [[1907]] im Geschäftsbericht von einer gemeinsamen Verwaltungsstelle in Nürnberg berichtet wurde, so gab es offenbar auch weiterhin eine eigenständige Gewerkschaftsstruktur in Fürth, zumal zum [[31. Dezember]] [[1907]] 1&nbsp;312 männliche und 68 weibliche Gewerkschaftsmitglieder in Fürth gezählt wurden.


== Erstes Gewerkschaftshaus ==
== Erstes Gewerkschaftshaus ==
[[1907]] war erstmalig von einem eigenständigen Gewerkschaftshaus in Fürth die Rede - es handelte sich hierbei um das Haus [[Hirschenstraße 24]]. Das Gebäude gehörte von [[1907]] bis [[1926]] dem [[Sozialdemokraten]], Zeitungskaufmann und sog. Expedienten [[Friedrich Gaum|Friedrich (Fritz) Gaum]], der offensichtlich als Treuhänder in Erscheinung trat. [[1911]] erfolgte, vermutlich durch die Gewerkschaften, ein erster Umbau des Gebäudes aus dem Jahr [[1857]]. Dabei wurden ein Rückgebäude erstellt und Teile des Gebäudes als Jugendheim genutzt, gleichzeitig erhielt die Fassade eine neoklassizistische Gestaltung mit einem dominanten Dreiecksgiebel, damit sich das Gebäude besser von seinen umliegenden Gebäuden abhob. [[1913]] schlossen sich die Gewerkschaften zu einem sog. Gewerkschaftskartell zusammen, das den Mitgliedsgewerkschaften mittels eines minimalen Kartellbeitrags die kostenlose Nutzung des Räumlichkeiten sicherte. Zu dem Kartell gehörten in dieser Zeit u. a. folgende gewerkschaftlichen Organisationen: Holzarbeiter-Verband, der Baugewerbsbund (Fürths größte Einzelgewerkschaft), der Metallarbeiter-Verband sowie der "Gesamtverband der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs". Lediglich der Zentralverband der Angestellten hat seine eigenen Geschäftsräume in der [[Friedrichstraße 10]].<ref>Anke Hoffsten: Das Volkshaus der Arbeiterbewegung in Deutschland: Gemeinschaftsbauten zwischen Alltag und Utopie. Böhlau Verlag, Köln, 2017, S. 396ff</ref>  
[[1907]] war erstmalig von einem eigenständigen Gewerkschaftshaus in Fürth die Rede - es handelte sich hierbei um das Haus [[Hirschenstraße 24]]. Das Gebäude gehörte von [[1907]] bis [[1926]] dem [[Sozialdemokraten]], Zeitungskaufmann und sog. Expedienten [[Friedrich Gaum|Friedrich (Fritz) Gaum]], der offensichtlich als Treuhänder in Erscheinung trat. [[1911]] erfolgte, vermutlich durch die Gewerkschaften, ein erster Umbau des Gebäudes aus dem Jahr [[1857]]. Dabei wurden ein Rückgebäude erstellt und Teile des Gebäudes als Jugendheim genutzt, gleichzeitig erhielt die Fassade eine neoklassizistische Gestaltung mit einem dominanten Dreiecksgiebel, damit sich das Gebäude besser von seinen umliegenden Gebäuden abhob. [[1913]] schlossen sich die Gewerkschaften zu einem sog. Gewerkschaftskartell zusammen, das den Mitgliedsgewerkschaften mittels eines minimalen Kartellbeitrags die kostenlose Nutzung des Räumlichkeiten sicherte. Zu dem Kartell gehörten in dieser Zeit u. a. folgende gewerkschaftlichen Organisationen: Holzarbeiter-Verband, der Baugewerbsbund (Fürths größte Einzelgewerkschaft), der Metallarbeiter-Verband sowie der "Gesamtverband der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs". Lediglich der Zentralverband der Angestellten hat seine eigenen Geschäftsräume in der [[Friedrichstraße 10]].<ref>Anke Hoffsten: Das Volkshaus der Arbeiterbewegung in Deutschland Gemeinschaftsbauten zwischen Alltag und Utopie. Böhlau Verlag, Köln, 2017, S. 396 ff.</ref>  


Da das Gebäude in der [[Hirschenstraße]] weder über eine eigene Gaststätte noch über größere Versammlungssäle verfügte, entschloss man sich diesen Mangel durch einen Neubau Abhilfe zu schaffen. Hierzu wurde eigens bei der Sparkasse ein sog. "Neubaufond - Gewerkschaftshaus Fürth" gegründet, und stets mit Finanzmitteln gefüllt.  
Da das Gebäude in der [[Hirschenstraße]] weder über eine eigene Gaststätte noch über größere Versammlungssäle verfügte, entschloss man sich diesen Mangel durch einen Neubau Abhilfe zu schaffen. Hierzu wurde eigens bei der Sparkasse ein sog. "Neubaufond - Gewerkschaftshaus Fürth" gegründet, und stets mit Finanzmitteln gefüllt.  
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== Schließung ==
== Schließung ==
Das "Aus" für das Fürther Gewerkschaftshaus kam nach fast 70 Jahren im Sommer [[2015]]. Die großen Gewerkschaften, wie die IG-Metall – aber auch die Gewerkschaft ver.di –, passten ihre Strukturen an, um effizienter und vor allem sparsamer arbeiten zu können. Hierzu wurden die ehemals kleinteiligen Ortsbezirke zu größeren Einheiten zusammengefasst, sodass viele "kleine" Organisationseinheiten aufgelöst wurden. Den Anfang machte im Sommer [[2015]] die IG-Metall, sie brach ihre Zelte in Fürth ab und verlegte ihre Büros samt Mitarbeiter nach Ansbach. [[2016]] zog auch die Bildungseinrichtung Biko aus, sodass als letzter Mieter im Gewerkschaftshaus (fast) nur noch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di verblieben war. Zum Jahresende [[2016]] zog als letztes ver.di aus - alle Büros und Angestellten wurden nach Nürnberg verlagert, sodass aktuell seit dem [[1. Januar]] [[2017]] Fürth als Großstadt kein eigenes Gewerkschaftshaus mehr hat.<ref>Johannes Alles: ''Abruptes Aus für Fürths Gewerkschaftshaus.'' In: Fürther Nachrichten vom [[25. Januar]] [[2017]] - [https://www.nordbayern.de/region/fuerth/1.5769929 online abrufbar]</ref>
Das "Aus" für das Fürther Gewerkschaftshaus kam nach fast 70 Jahren im Sommer [[2015]]. Die großen Gewerkschaften, wie die IG-Metall – aber auch die Gewerkschaft ver.di –, passten ihre Strukturen an, um effizienter und vor allem sparsamer arbeiten zu können. Hierzu wurden die ehemals kleinteiligen Ortsbezirke zu größeren Einheiten zusammengefasst, sodass viele "kleine" Organisationseinheiten aufgelöst wurden. Den Anfang machte im Sommer [[2015]] die IG-Metall, sie brach ihre Zelte in Fürth ab und verlegte ihre Büros samt Mitarbeiter nach Ansbach. [[2016]] zog auch die Bildungseinrichtung Biko aus, sodass als letzter Mieter im Gewerkschaftshaus (fast) nur noch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di verblieben war. Zum Jahresende [[2016]] zog als letztes ver.di aus - alle Büros und Angestellten wurden nach Nürnberg verlagert, sodass aktuell seit dem [[1. Januar]] [[2017]] Fürth als Großstadt kein eigenes Gewerkschaftshaus mehr hat.<ref>Johannes Alles: Abruptes Aus für Fürths Gewerkschaftshaus. In: Fürther Nachrichten vom 25. Januar 2017</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Gerd Walther: [[100 Jahre ÖTV Fürth 1896 - 1996 (Broschüre)|100 Jahre ÖTV Fürth 1896 - 1996]], Hrsg. Gewerkschaft ÖTV, Eigenverlag, Fürth, 1996
* Gerd Walther: ''[[100 Jahre ÖTV Fürth 1896 - 1996 (Broschüre)|100 Jahre ÖTV Fürth 1896 - 1996]]'', Hrsg. Gewerkschaft ÖTV, Eigenverlag, Fürth, 1996
* Anke Hoffsten: Das Volkshaus der Arbeiterbewegung in Deutschland: Gemeinschaftsbauten zwischen Alltag und Utopie. Böhlau Verlag, Köln, 2017
* Anke Hoffsten: ''Das Volkshaus der Arbeiterbewegung in Deutschland Gemeinschaftsbauten zwischen Alltag und Utopie''. Böhlau Verlag, Köln, 2017


== Lokalberichterstattung ==
== Lokalberichterstattung ==
* Johannes Alles: ''Abruptes Aus für Fürths Gewerkschaftshaus.'' In: Fürther Nachrichten vom [[25. Januar]] [[2017]] - [https://www.nordbayern.de/region/fuerth/1.5769929 online abrufbar]
* Johannes Alles: ''Abruptes Aus für Fürths Gewerkschaftshaus.'' In: [[Fürther Nachrichten]] vom 25. Januar 2017 - [https://www.nordbayern.de/region/fuerth/1.5769929 online abrufbar]


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
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