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Der erste Fürther Chronist, der das Thema aufgriff, war Gottlieb Wunschel schon während des | Der erste Fürther Chronist, der das Thema aufgriff, war Gottlieb Wunschel schon während des Kriegsendes. Im April 1945 dokumentierte er die mündlichen Geschichten, die im Umlauf waren, z.B. über die [[Kapitulation von Fürth|Kapitulation der Stadt Fürth]] - bei dem bereits erste Akteure des Widerstands eine Rolle gespielt haben. Namen nannte Wunschel hier zunächst noch nicht. 1951 ergänzte er seine Aufzeichnungen durch weitere Augenzeugenberichte. Er führte nun in seinen Dokumenten auf, was der 70-jährige Rentner Froschauer als Bote zum Rathaus und der Sanitäter Hühnlein als Begleiter des [kommissarischen] Oberbürgermeisters Dr. Karl Häupler berichteten. Froschauer hatte, so der Chronist Wunschel, eine Nachricht zum Rathaus gebracht. Hühnlein in seiner Sanitäteruniform mit dem Abzeichen des Roten Kreuzes begleitete Dr. Häupler zu dem amerikanischen Kommandeur in die Nähe der Maxbrücke. Die Übergabeverhandlung vollzog sich in einem Haus „in einem Erdgeschoss in der Rednitzstraße unmittelbar hinter dem Hause Königstraße 2“, in dem sich ein amerikanischer Major niedergelassen hatte. Wunschel berichtete weiterhin, dass ein ebenfalls dorthin geleiteter Arzt – „der Obmann für die Fürther Militärlazarette“ – nach Warten vor dem Haus später hinzugezogen wurde. Einen Namen nennt Wunschel wie gesagt anfänglich noch nicht nicht, wobei diese Person über Funktionsbezeichnung klar zu identifizieren war. Nach seiner Schilderung hatten danach Dr. Häupler und seine Referenten amerikanische Autos bestiegen und die Bevölkerung von der erfolgten Übergabe verständigt. | ||
Im April 1955 – zehn Jahre nach Kriegsende – brachten die Tageszeitungen Fürther Zeitung und Fürther Nachrichten mehrere Artikel über die letzten Kriegstage in Fürth. In einer bebilderten Sonderbeilage wird an Hand von zusammen getragenem Material und Augenzeugenberichten getitelt: „Drei Tage war Fürth Frontstadt“ – Besonnene Männer bereiten die Übergabe vor – Schon am 17. April hatten die „Amis“ Burgfarrnbach und Poppenreuth eingenommen. Unter der Zwischenüberschrift >„Obst“ und „Doktor“< wird ausgeführt, dass sich zwei kleine Widerstandsgruppen gebildet hatten, die unabhängig voneinander arbeiteten, aber durch ihre Führer miteinander in Verbindung standen. | Im April 1955 – zehn Jahre nach Kriegsende – brachten die Tageszeitungen Fürther Zeitung und Fürther Nachrichten mehrere Artikel über die letzten Kriegstage in Fürth. In einer bebilderten Sonderbeilage wird an Hand von zusammen getragenem Material und Augenzeugenberichten getitelt: „Drei Tage war Fürth Frontstadt“ – Besonnene Männer bereiten die Übergabe vor – Schon am 17. April hatten die „Amis“ Burgfarrnbach und Poppenreuth eingenommen. Unter der Zwischenüberschrift >„Obst“ und „Doktor“< wird ausgeführt, dass sich zwei kleine Widerstandsgruppen gebildet hatten, die unabhängig voneinander arbeiteten, aber durch ihre Führer miteinander in Verbindung standen. | ||
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Die Decknamen der beiden Leiter waren „Obst“ und „Doktor“. Zwischen ihnen war schon acht Wochen vor der Übergabe der Stadt Fürth an die Alliierten vereinbart worden, dass keiner ohne des Anderen Wissen etwas unternehmen sollte. Jeder hatte etwa zehn Mann hinter sich, von denen sich keiner kannte, wie beiden auch nicht die Leute des anderen bekannt waren. „Herr Obst“ kam fast allabendlich zu Dr. G. in die Wohnung. Den Kampfkommandanten und den Kreisleiter ließen sie ständig überwachen und über alle Vorgänge informieren. | Die Decknamen der beiden Leiter waren „Obst“ und „Doktor“. Zwischen ihnen war schon acht Wochen vor der Übergabe der Stadt Fürth an die Alliierten vereinbart worden, dass keiner ohne des Anderen Wissen etwas unternehmen sollte. Jeder hatte etwa zehn Mann hinter sich, von denen sich keiner kannte, wie beiden auch nicht die Leute des anderen bekannt waren. „Herr Obst“ kam fast allabendlich zu Dr. G. in die Wohnung. Den Kampfkommandanten und den Kreisleiter ließen sie ständig überwachen und über alle Vorgänge informieren. | ||
Die Tätigkeit beider Gruppen hatte das Ziel, die Kampfhandlungen um Fürth zu verkürzen und die Übergabe an die Amerikaner zu beschleunigen, wobei sie Fürth möglichst vor Schaden bewahren wollten. Bei „Obst“ wurden die weißen Fahnen für die Hissung zur Kapitulation genäht. Die Gruppe kappte auch die Telefonverbindung der | Die Tätigkeit beider Gruppen hatte das Ziel, die Kampfhandlungen um Fürth zu verkürzen und die Übergabe an die Amerikaner zu beschleunigen, wobei sie Fürth möglichst vor Schaden bewahren wollten. Bei „Obst“ wurden die [[wikipedia:Parlamentärflagge|weißen Fahnen]] für die Hissung zur Kapitulation genäht. Die Gruppe kappte auch die Telefonverbindung der Kampfleitung nach Nürnberg, um hier die Kommunikationswege abzuschneiden. | ||
In einem Beitrag in den Fürther Heimatblättern 1985 nannte der Lehrer und Historiker Manfred Mümmler den Arzt „Dr. F. G.“, der bei den Verhandlungen mit dem befehlenden amerikanischen Offizier früh am 18. April 1945 dabei war. In seinem Buch [[Fürth 1933 - 1945 (Buch)|Fürth 1933 – 1945]] führte Mümmler das Wirken des Arztes jedoch nicht auf, obwohl oder gerade dessen aktives Handeln vermutlich entscheidend für die weitgehend kampflose Übergabe von Fürth mit verantwortlich war. Der militärische Kampfkommandant in Fürth Major Flierl, der dem Nürnberger Kampfkommandanten unterstellt war, hatte sich am Morgen des 19. April aus der Befehlszentrale im Bahnhofbunker (zuvor Sahlmann-Villa) abgesetzt. | In einem Beitrag in den Fürther Heimatblättern 1985 nannte der Lehrer und Historiker Manfred Mümmler den Arzt „Dr. F. G.“, der bei den Verhandlungen mit dem befehlenden amerikanischen Offizier früh am 18. April 1945 dabei war. In seinem Buch [[Fürth 1933 - 1945 (Buch)|Fürth 1933 – 1945]] führte Mümmler das Wirken des Arztes jedoch nicht auf, obwohl oder gerade dessen aktives Handeln vermutlich entscheidend für die weitgehend kampflose Übergabe von Fürth mit verantwortlich war. Der militärische Kampfkommandant in Fürth Major Flierl, der dem Nürnberger Kampfkommandanten unterstellt war, hatte sich am Morgen des 19. April aus der Befehlszentrale im Bahnhofbunker (zuvor Sahlmann-Villa) abgesetzt. | ||
Erst Barbara Ohm verwies 1995 in ihrem Beitrag in den Fürther Heimatblättern Nr. 2/1995 darauf, dass nach Berichten von Fürther Bürgern bei der Übergabe der Stadt vor allem der Chirurg Dr. | Erst Barbara Ohm verwies 1995 in ihrem Beitrag in den Fürther Heimatblättern Nr. 2/1995 darauf, dass nach Berichten von Fürther Bürgern bei der Übergabe der Stadt vor allem der Chirurg [[Fritz Gastreich|Dr. Fritz Gastreich]] eine herausragende Rolle gespielt hätte. Und sie vermutete, dass dieser – nachdem er „eigenmächtig mit den Amerikanern verhandelt und die kampflose Übergabe der Stadt angeboten habe“ auch Dr. Häupler zur Unterschrift in der Kapitulationsurkunde bewegt hatte. So stehe es auch in der Chronik des Pfarrers Schmetzer im Pfarrarchiv St. Michael. | ||
Die Vermutung des “eigenmächtigen Handelns“ ist aber nicht ganz zutreffend. Denn Dr. Gastreich hatte sich bereits Monate vorher mit den Gegnern des NS-Regime in Fürth abgesprochen, um Maßnahmen zu treffen, die beabsichtigte Verteidigung Fürths zu vereiteln. Und er wurde als Leiter der Fürther Lazarette ermächtigt, bei Annähern der Amerikaner im Auftrag und namens der Stadtverwaltung die bedingungslose Übergabe der Stadt zu erklären (so in einer Erklärung des Rechtsrats Dr. Andreas Wagner im Entnazifizierungsverfahren seines Vorgesetzten Dr. Karl Häupler). | Die Vermutung des “eigenmächtigen Handelns“ ist aber nicht ganz zutreffend. Denn Dr. Gastreich hatte sich bereits Monate vorher mit den Gegnern des [[wikipedia:NS-Staat|NS-Regime]] in Fürth abgesprochen, um Maßnahmen zu treffen, die beabsichtigte Verteidigung Fürths zu vereiteln. Und er wurde als Leiter der Fürther Lazarette ermächtigt, bei Annähern der Amerikaner im Auftrag und namens der Stadtverwaltung die bedingungslose Übergabe der Stadt zu erklären (so in einer Erklärung des Rechtsrats Dr. Andreas Wagner im Entnazifizierungsverfahren seines Vorgesetzten Dr. Karl Häupler). | ||
Die Kapitulationsverhandlungen der Amerikaner am Morgen des 19. April 1945 mit Dr. Häupler und Dr. Gastreich im Haus an der Rednitzstraße dürften zeitlich zwischen 10:30 und 11:30 Uhr stattgefunden haben. Das bringt Mahr 1998 nach Auswertung der amerikanischen Aufzeichnungen. Das Dokument über die „vollkommene und bedingungslose Aufgabe der Stadt Fürth“ ist im Stadtarchiv Fürth verwahrt. | Die Kapitulationsverhandlungen der Amerikaner am Morgen des 19. April 1945 mit Dr. Häupler und Dr. Gastreich im Haus an der Rednitzstraße dürften zeitlich zwischen 10:30 und 11:30 Uhr stattgefunden haben. Das bringt Mahr 1998 nach Auswertung der amerikanischen Aufzeichnungen. Das Dokument über die „vollkommene und bedingungslose Aufgabe der Stadt Fürth“ ist im Stadtarchiv Fürth verwahrt. | ||
Die Bekanntmachung an die Fürther Bevölkerung mit der Aufforderung, weiße Fahnen zu hissen, die Waffen abzuliefern und keinen Widerstand zu leisten, wurde auf Geheiß der Amerikaner im Rathaus erstellt; geschrieben vom damaligen Rechtsrat Dr. Wagner. Die Bedingungen mussten in der ganzen Stadt durch die beauftragten Leute von Fahrzeugen der US-Armee herab verlesen werden. | Die Bekanntmachung an die Fürther Bevölkerung mit der Aufforderung, weiße Fahnen zu hissen, die Waffen abzuliefern und keinen Widerstand zu leisten, wurde auf Geheiß der Amerikaner im Rathaus erstellt; geschrieben vom damaligen Rechtsrat Dr. Wagner. Die Bedingungen mussten in der ganzen Stadt durch die beauftragten Leute von Fahrzeugen der US-Armee herab verlesen werden. | ||
==Das Wirken des Dr. Fritz Gastreich == | ==Das Wirken des Dr. Fritz Gastreich == |
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