Kapitulation von Fürth: Unterschied zwischen den Versionen

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''Nachts konnten wir einige Stunden auch schlafen, aber immer wieder erdröhnten die Einschläge der Granaten. Einige Male meinte man, die Stadt müsste an allen Ecken durchlöchert sein. Und so wurde es wieder Morgen. Am diesem dritten Tag wagte man es kaum mehr in die Wohnung hinauszugehen, da der Beschuss der Stadt immer intensiver wurde. Es hieß, die Amerikaner seien an den Flüssen angekommen, hätten über Regnitz den Übergang erzwungen, Poppenreuth sei genommen und die Ludwigsbrücke so weit hergestellt, dass Truppen und Panzer in die Stadt kommen könnten. Man hörte Maschinengewehrfeuer und Gewehrschüsse, dann wieder pfiffen Granaten über uns hin. Gegen Abend hieß es, dass die Feinde beim Rathaus angelangt seien. Längs der Badeanstalten, um den alten Judenfriedhof herum, in der Badstraße und in der Gustavstraße wurde schwer gekämpft. (…) Nun kam eine Schreckensnacht. Nach Mitternacht war es fürchterlich. Wir wussten, dass die deutsche Besatzung am späten Abend zum Gegenangriff hatte antreten müssen; unsere Maschinengewehrschützen mit ihren Maschinengewehren waren abgerückt. Die lagen nun in diesem Feuer. Es waren fürchterliche Einschläge um uns, aber es bewahrheitete sich: Artilleriefeuer war längst nicht so durchschlagend wie Fliegerbomben. Im Keller fühlten wir uns trotz allem ziemlich sicher, nur das Haus sollte nicht über uns zusammenstürzen.''  
''Nachts konnten wir einige Stunden auch schlafen, aber immer wieder erdröhnten die Einschläge der Granaten. Einige Male meinte man, die Stadt müsste an allen Ecken durchlöchert sein. Und so wurde es wieder Morgen. Am diesem dritten Tag wagte man es kaum mehr in die Wohnung hinauszugehen, da der Beschuss der Stadt immer intensiver wurde. Es hieß, die Amerikaner seien an den Flüssen angekommen, hätten über Regnitz den Übergang erzwungen, Poppenreuth sei genommen und die Ludwigsbrücke so weit hergestellt, dass Truppen und Panzer in die Stadt kommen könnten. Man hörte Maschinengewehrfeuer und Gewehrschüsse, dann wieder pfiffen Granaten über uns hin. Gegen Abend hieß es, dass die Feinde beim Rathaus angelangt seien. Längs der Badeanstalten, um den alten Judenfriedhof herum, in der Badstraße und in der Gustavstraße wurde schwer gekämpft. (…) Nun kam eine Schreckensnacht. Nach Mitternacht war es fürchterlich. Wir wussten, dass die deutsche Besatzung am späten Abend zum Gegenangriff hatte antreten müssen; unsere Maschinengewehrschützen mit ihren Maschinengewehren waren abgerückt. Die lagen nun in diesem Feuer. Es waren fürchterliche Einschläge um uns, aber es bewahrheitete sich: Artilleriefeuer war längst nicht so durchschlagend wie Fliegerbomben. Im Keller fühlten wir uns trotz allem ziemlich sicher, nur das Haus sollte nicht über uns zusammenstürzen.''  


''Wenn eine Ruhepause eintrat, ging wohl einer der Männer - drei waren es im Ganzen, lauter ältere Semester – hinauf und sahen sich um, ob das Haus vielleicht brenne. Es brannte ganz in der Nähe, bei der Humbser-Brauerei, das Volksbildungsheim brannte lichterloh, aber es war zum Glück das Erdgeschoss mit der großen Bibliothek erhalten geblieben. (…)
''Wenn eine Ruhepause eintrat, ging wohl einer der Männer - drei waren es im Ganzen, lauter ältere Semester – hinauf und sahen sich um, ob das Haus vielleicht brenne. Es brannte ganz in der Nähe, bei der Humbser-Brauerei, das Volksbildungsheim brannte lichterloh, aber es war zum Glück das Erdgeschoss mit der großen Bibliothek erhalten geblieben. (…) Als der Morgen graute, wurde es stiller. Herr P. ging hinauf und schon war er wieder da. Fast atemlos sagte er: Eben gingen zwei Unteroffiziere die Straße herauf, die sagten „Für euch ist der Krieg vorbei“. Es klang wie eine Mär. Nie werde ich diese Minute vergessen. Eine Mauer hatte der Herr um uns gebaut! Andere gingen hinauf und sagten, dass lose Gruppen von Soldaten von der Stadt her, die Richtung nach Süden nahmen. Da gingen wir alle hinauf und standen in der kühlen Morgenluft übernächtig vor dem Haus. Der ganze Gehsteig war bedeckt mit Glasscherben. Auch nach der Lessingstraße zu war alles zersplittert. Am Haus waren Granatlöcher, zwei direkt neben unserem Westfenster. Einige Zentimeter weiter und die Granaten wären in unsere Wohnung gesaust und kein Möbel wäre wohl mehr ganz. So hatte der Luftdruck nur einige Türpfosten herausgerissen.
Als der Morgen graute, wurde es stiller. Herr P. ging hinauf und schon war er wieder da. Fast atemlos sagte er: Eben gingen zwei Unteroffiziere die Straße herauf, die sagten „Für euch ist der Krieg vorbei“. Es klang wie eine Mär. Nie werde ich diese Minute vergessen. Eine Mauer hatte der Herr um uns gebaut! Andere gingen hinauf und sagten, dass lose Gruppen von Soldaten von der Stadt her, die Richtung nach Süden nahmen. Da gingen wir alle hinauf und standen in der kühlen Morgenluft übernächtig vor dem Haus. Der ganze Gehsteig war bedeckt mit Glasscherben. Auch nach der Lessingstraße zu war alles zersplittert. Am Haus waren Granatlöcher, zwei direkt neben unserem Westfenster. Einige Zentimeter weiter und die Granaten wären in unsere Wohnung gesaust und kein Möbel wäre wohl mehr ganz. So hatte der Luftdruck nur einige Türpfosten herausgerissen.
Ja, da standen wir nun und es war wie im Traum. Keine Schießerei mehr, alles ruhig, nur immer wieder Soldaten, die aus der Innenstadt kamen.''  
Ja, da standen wir nun und es war wie im Traum. Keine Schießerei mehr, alles ruhig, nur immer wieder Soldaten, die aus der Innenstadt kamen.''  


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''Dr. Gastreich ist damit zum Retter von Fürth geworden. Es war höchste Zeit! Schon nach einer kurzen Frist hätten wir tausend Bomber über uns gehabt; die Verbände waren schon bestellt. Fürth hätte das Schicksal von Nürnberg erlitten und kein Bergungskommando hätte uns aus den zerstörten Häusern herausgeholt. Es hieß, jedes Haus muss die weiße Fahne heraushängen.''  
''Dr. Gastreich ist damit zum Retter von Fürth geworden. Es war höchste Zeit! Schon nach einer kurzen Frist hätten wir tausend Bomber über uns gehabt; die Verbände waren schon bestellt. Fürth hätte das Schicksal von Nürnberg erlitten und kein Bergungskommando hätte uns aus den zerstörten Häusern herausgeholt. Es hieß, jedes Haus muss die weiße Fahne heraushängen.''  


''Frau P., die Hausmeisterin, kam zu uns herauf. Sie waren immer gleichgesinnt gewesen mit uns – nun aber war es ihr doch schmerzlich zu Mut. Sie bat, dass wir nach jeder Seite des Hauses eine weiße Fahne heraushängen sollten. Sie meinte, uns würde es doch leichter sein. Da hat Irmgard die weißen Tücher befestigt. Ihr wurde es nicht schwer.
''Frau P., die Hausmeisterin, kam zu uns herauf. Sie waren immer gleichgesinnt gewesen mit uns – nun aber war es ihr doch schmerzlich zu Mut. Sie bat, dass wir nach jeder Seite des Hauses eine weiße Fahne heraushängen sollten. Sie meinte, uns würde es doch leichter sein. Da hat Irmgard die weißen Tücher befestigt. Ihr wurde es nicht schwer. Überall sah man sie nun, die weißen Fahnen. Das Haus gegenüber, das so hitlerisch gewesen war, wie unser ganzes Haus anti-hitlerisch gewesen, war sehr eifrig dabei, dem Befehl nachzukommen. Bald zeigte sich in jedem Stockwerk das weiße Tuch. Aber nun zeigten sich bald Bilder, die einem wehtaten. Schon wurde vor dem Haus ein Trupp Gefangener gesammelt. Immer neue Soldaten kamen dazu. Sie reichten ihre Koppel den Amerikanern, die sie achtlos auf einen Haufen warfen. Mit erhobenen Händen kamen einige aus den Häusern und reihten sich dem Zuge an. Frauen reichten noch kleine Liebesgaben. Einige der gefangenen Soldaten schrieben noch rasch einen Brief und gaben diesen einem der Umstehenden. Dann marschierten sie unter Bewachung ab. In der ersten Reihe marschierte der Feldwebel aus München, der vor unserem Haus gestanden. Er hatte gesagt, dass er in Frankreich und Russland gekämpft, nun wolle er nicht noch fallen, wo der Krieg bald aus sei. So ging er ganz gern in die Gefangenschaft. Wie er dachten noch viele; sie waren ja so kriegsmüde. Und die Zwecklosigkeit all dieser weiteren Opfer sahen sie alle ein. Es war nur die Partei, oder vielmehr deren Führer, die gewissenlos das Land weiter ins Verderben trieben, um sich selber noch eine Frist zu schaffen.''
Überall sah man sie nun, die weißen Fahnen. Das Haus gegenüber, das so hitlerisch gewesen war, wie unser ganzes Haus anti-hitlerisch gewesen, war sehr eifrig dabei, dem Befehl nachzukommen. Bald zeigte sich in jedem Stockwerk das weiße Tuch. Aber nun zeigten sich bald Bilder, die einem wehtaten. Schon wurde vor dem Haus ein Trupp Gefangener gesammelt. Immer neue Soldaten kamen dazu. Sie reichten ihre Koppel den Amerikanern, die sie achtlos auf einen Haufen warfen. Mit erhobenen Händen kamen einige aus den Häusern und reihten sich dem Zuge an. Frauen reichten noch kleine Liebesgaben. Einige der gefangenen Soldaten schrieben noch rasch einen Brief und gaben diesen einem der Umstehenden. Dann marschierten sie unter Bewachung ab. In der ersten Reihe marschierte der Feldwebel aus München, der vor unserem Haus gestanden. Er hatte gesagt, dass er in Frankreich und Russland gekämpft, nun wolle er nicht noch fallen, wo der Krieg bald aus sei. So ging er ganz gern in die Gefangenschaft. Wie er dachten noch viele; sie waren ja so kriegsmüde. Und die Zwecklosigkeit all dieser weiteren Opfer sahen sie alle ein. Es war nur die Partei, oder vielmehr deren Führer, die gewissenlos das Land weiter ins Verderben trieben, um sich selber noch eine Frist zu schaffen.''


''Ein Auto fuhr langsam durch die Straßen. Neben einem Amerikaner saß ein Deutscher mit einer weißen Fahne, der rief: „Jeder, der im Besitz einer Waffe ist, muss diese sofort auf dem Rathaus abliefern.“ Auf den Straßen lagen noch tagelang Haufen von Stahlhelmen und Koppeln, zerbrochene Waffen und Uniformstücke. Aber die Haufen von Glasscherben, welche sich vor jedem Haus türmten, mussten auf Befehl der Besatzung bis zum Abend weg sein. Da gab es Arbeit, alle Hände regten sich; Waschkörbe voller Glasscherben trugen wir hinunter aus der Wohnung, um sie wegzufahren. In der Hard und in der Göringstraße [seinerzeit hieß die Vacher Straße so!] war aus den Fenstern geschossen worden, auch von Frauen. Nun musste die ganze Bevölkerung dieser Straßen antreten und den ganzen Tag und die ganze Nacht mussten Frauen und Männer draußen stehen. Die Häuser wurden nach Waffen durchsucht. Auch überall in unserer Gegend waren Haussuchungen; nur in unserem Haus niemand. Wir kamen gut davon, denn die Amerikaner nahmen es nicht so genau. Uhren, Fotoapparate, Ferngläser nahmen sie mit. Auch sonst wurde da und dort geplündert. Viele Familien mussten einige Tage ihre Wohnung verlassen und amerikanische Soldaten zogen ein. Man hat eigentlich kaum viel Klage darüber gehört. In zu frischer Erinnerung war alles, was ihre eigenen Soldaten erzählt hatten von Beschlagnahmungen. Zu viele hatten Pakete aus den besetzten Gebieten bekommen und sich daran gefreut.''  
''Ein Auto fuhr langsam durch die Straßen. Neben einem Amerikaner saß ein Deutscher mit einer weißen Fahne, der rief: „Jeder, der im Besitz einer Waffe ist, muss diese sofort auf dem Rathaus abliefern.“ Auf den Straßen lagen noch tagelang Haufen von Stahlhelmen und Koppeln, zerbrochene Waffen und Uniformstücke. Aber die Haufen von Glasscherben, welche sich vor jedem Haus türmten, mussten auf Befehl der Besatzung bis zum Abend weg sein. Da gab es Arbeit, alle Hände regten sich; Waschkörbe voller Glasscherben trugen wir hinunter aus der Wohnung, um sie wegzufahren. In der Hard und in der Göringstraße [seinerzeit hieß die Vacher Straße so!] war aus den Fenstern geschossen worden, auch von Frauen. Nun musste die ganze Bevölkerung dieser Straßen antreten und den ganzen Tag und die ganze Nacht mussten Frauen und Männer draußen stehen. Die Häuser wurden nach Waffen durchsucht. Auch überall in unserer Gegend waren Haussuchungen; nur in unserem Haus niemand. Wir kamen gut davon, denn die Amerikaner nahmen es nicht so genau. Uhren, Fotoapparate, Ferngläser nahmen sie mit. Auch sonst wurde da und dort geplündert. Viele Familien mussten einige Tage ihre Wohnung verlassen und amerikanische Soldaten zogen ein. Man hat eigentlich kaum viel Klage darüber gehört. In zu frischer Erinnerung war alles, was ihre eigenen Soldaten erzählt hatten von Beschlagnahmungen. Zu viele hatten Pakete aus den besetzten Gebieten bekommen und sich daran gefreut.''  
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