Kapitulation von Fürth: Unterschied zwischen den Versionen

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(→‎Zeitzeugenberichte: Zeitzeugenberichte bedürfen keiner Berichtigung, da sie subjetive Wahrnehmen wiederspiegeln und keine objektive Fakten. Wenn eine Person das so wahrgenommen hat - dann war das so.)
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''Unsere Maschinengewehrschützen kamen mit ihren Geräten, sie packten zusammen, keiner redete viel. Ein Offizier kam auf einem Fahrrad daher und sagte zu den Soldaten: „Der Stadtkommandant ist durch. Die Stadt ist übergeben. Wir müssen nach Nürnberg, uns dort einer anderen Einheit anschließen.“ Einer der Soldaten sagte: „Der gehört an die Wand gestellt!“ Dann der Leutnant da, der die Truppe führte. Er war ein paar Mal im Haus gewesen. Ein sympathischer junger Mann, der eben vom Lazarett entlassen war, wo er mit einem Beckenschuss lange gelegen. Noch schleppte er sein rechtes Bein mühsam nach. In der Nacht, als der Höllenlärm los war, hatte es an die Kellertür geklopft. Er hatte draußen gestanden und sagte atemlos: „Nur ein paar Minuten Ruhe. Es ist fürchterlich. Wir können rein nichts machen. Der ganze Eisenbahndamm liegt andauernd im Feuer und da sollen wir vor!“ Und gleich ging er wieder. Nun machte er sein Fahrrad für die Abfahrt nach Nürnberg bereit. Ich sagte: „Und diese Ruinenstadt sollen Sie nun auch noch verteidigen““ Da sah er traurig auf und sagte: „Wir sind auch alle nur noch Ruinen!“''
''Unsere Maschinengewehrschützen kamen mit ihren Geräten, sie packten zusammen, keiner redete viel. Ein Offizier kam auf einem Fahrrad daher und sagte zu den Soldaten: „Der Stadtkommandant ist durch. Die Stadt ist übergeben. Wir müssen nach Nürnberg, uns dort einer anderen Einheit anschließen.“ Einer der Soldaten sagte: „Der gehört an die Wand gestellt!“ Dann der Leutnant da, der die Truppe führte. Er war ein paar Mal im Haus gewesen. Ein sympathischer junger Mann, der eben vom Lazarett entlassen war, wo er mit einem Beckenschuss lange gelegen. Noch schleppte er sein rechtes Bein mühsam nach. In der Nacht, als der Höllenlärm los war, hatte es an die Kellertür geklopft. Er hatte draußen gestanden und sagte atemlos: „Nur ein paar Minuten Ruhe. Es ist fürchterlich. Wir können rein nichts machen. Der ganze Eisenbahndamm liegt andauernd im Feuer und da sollen wir vor!“ Und gleich ging er wieder. Nun machte er sein Fahrrad für die Abfahrt nach Nürnberg bereit. Ich sagte: „Und diese Ruinenstadt sollen Sie nun auch noch verteidigen““ Da sah er traurig auf und sagte: „Wir sind auch alle nur noch Ruinen!“''


''Im Laufe des Tages erfuhr man dann, wie alles sich zugetragen hatte in der Nacht auf den 19. April. Als in der Morgenfrühe bekannt wurde, dass die Kreisleitung mit dem Stadtkommandanten geflüchtet sei, da ging Dr. Fritz Gastreich zum Bürgermeister und sagte: „Ich mache Sie verantwortlich für das Schicksal Ihrer und meiner Vaterstadt! Sie muss  übergeben werden.“ Und der Bürgermeister erklärte sich einverstanden, obwohl er wusste, dass nicht nur der Arzt, sondern auch er mit diesem Einverständnis den Kopf riskierte.  
''Im Laufe des Tages erfuhr man dann, wie alles sich zugetragen hatte in der Nacht auf den 19. April. Als in der Morgenfrühe bekannt wurde, dass die Kreisleitung mit dem Stadtkommandanten geflüchtet sei, da ging Dr. Fritz Gastreich zum Bürgermeister und sagte: „Ich mache Sie verantwortlich für das Schicksal Ihrer und meiner Vaterstadt! Sie muss  übergeben werden.“ Und der Bürgermeister erklärte sich einverstanden, obwohl er wusste, dass nicht nur der Arzt, sondern auch er mit diesem Einverständnis den Kopf riskierte. Da ging Dr. Gastreich mit der weißen Fahne zur amerikanischen Leitung und im Kinderspital in der Theresienstraße hat er mit ihr verhandelt und die Stadt übergeben. Dr. Gastreich ist damit zum Retter von Fürth geworden. Es war höchste Zeit! Schon nach einer kurzen Frist hätten wir tausend Bomber über uns gehabt; die Verbände waren schon bestellt. Fürth hätte das Schicksal von Nürnberg erlitten und kein Bergungskommando hätte uns aus den zerstörten Häusern herausgeholt. Es hieß, jedes Haus muss die weiße Fahne heraushängen.''  
Da ging Dr. Gastreich mit der weißen Fahne zur amerikanischen Leitung und im Kinderspital in der Theresienstraße hat er mit ihr verhandelt und die Stadt übergeben. Dr. Gastreich ist damit zum Retter von Fürth geworden. Es war höchste Zeit! Schon nach einer kurzen Frist hätten wir tausend Bomber über uns gehabt; die Verbände waren schon bestellt. Fürth hätte das Schicksal von Nürnberg erlitten und kein Bergungskommando hätte uns aus den zerstörten Häusern herausgeholt. Es hieß, jedes Haus muss die weiße Fahne heraushängen.''  


''Frau P., die Hausmeisterin, kam zu uns herauf. Sie waren immer gleichgesinnt gewesen mit uns – nun aber war es ihr doch schmerzlich zu Mut. Sie bat, dass wir nach jeder Seite des Hauses eine weiße Fahne heraushängen sollten. Sie meinte, uns würde es doch leichter sein. Da hat Irmgard die weißen Tücher befestigt. Ihr wurde es nicht schwer. Überall sah man sie nun, die weißen Fahnen. Das Haus gegenüber, das so hitlerisch gewesen war, wie unser ganzes Haus anti-hitlerisch gewesen, war sehr eifrig dabei, dem Befehl nachzukommen. Bald zeigte sich in jedem Stockwerk das weiße Tuch. Aber nun zeigten sich bald Bilder, die einem wehtaten. Schon wurde vor dem Haus ein Trupp Gefangener gesammelt. Immer neue Soldaten kamen dazu. Sie reichten ihre Koppel den Amerikanern, die sie achtlos auf einen Haufen warfen. Mit erhobenen Händen kamen einige aus den Häusern und reihten sich dem Zuge an. Frauen reichten noch kleine Liebesgaben. Einige der gefangenen Soldaten schrieben noch rasch einen Brief und gaben diesen einem der Umstehenden. Dann marschierten sie unter Bewachung ab. In der ersten Reihe marschierte der Feldwebel aus München, der vor unserem Haus gestanden. Er hatte gesagt, dass er in Frankreich und Russland gekämpft, nun wolle er nicht noch fallen, wo der Krieg bald aus sei. So ging er ganz gern in die Gefangenschaft. Wie er dachten noch viele; sie waren ja so kriegsmüde. Und die Zwecklosigkeit all dieser weiteren Opfer sahen sie alle ein. Es war nur die Partei, oder vielmehr deren Führer, die gewissenlos das Land weiter ins Verderben trieben, um sich selber noch eine Frist zu schaffen.''
''Frau P., die Hausmeisterin, kam zu uns herauf. Sie waren immer gleichgesinnt gewesen mit uns – nun aber war es ihr doch schmerzlich zu Mut. Sie bat, dass wir nach jeder Seite des Hauses eine weiße Fahne heraushängen sollten. Sie meinte, uns würde es doch leichter sein. Da hat Irmgard die weißen Tücher befestigt. Ihr wurde es nicht schwer. Überall sah man sie nun, die weißen Fahnen. Das Haus gegenüber, das so hitlerisch gewesen war, wie unser ganzes Haus anti-hitlerisch gewesen, war sehr eifrig dabei, dem Befehl nachzukommen. Bald zeigte sich in jedem Stockwerk das weiße Tuch. Aber nun zeigten sich bald Bilder, die einem wehtaten. Schon wurde vor dem Haus ein Trupp Gefangener gesammelt. Immer neue Soldaten kamen dazu. Sie reichten ihre Koppel den Amerikanern, die sie achtlos auf einen Haufen warfen. Mit erhobenen Händen kamen einige aus den Häusern und reihten sich dem Zuge an. Frauen reichten noch kleine Liebesgaben. Einige der gefangenen Soldaten schrieben noch rasch einen Brief und gaben diesen einem der Umstehenden. Dann marschierten sie unter Bewachung ab. In der ersten Reihe marschierte der Feldwebel aus München, der vor unserem Haus gestanden. Er hatte gesagt, dass er in Frankreich und Russland gekämpft, nun wolle er nicht noch fallen, wo der Krieg bald aus sei. So ging er ganz gern in die Gefangenschaft. Wie er dachten noch viele; sie waren ja so kriegsmüde. Und die Zwecklosigkeit all dieser weiteren Opfer sahen sie alle ein. Es war nur die Partei, oder vielmehr deren Führer, die gewissenlos das Land weiter ins Verderben trieben, um sich selber noch eine Frist zu schaffen.''
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