Schulhof 3: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Gebäude '''Schulhof 3''', war die Hauptsynagoge in Fürth und wurde meist als die ''Altschul'' bezeichnet. Sie befand sich im sog. [[Gänsberg]]viertel.  
Das Gebäude '''Schulhof 3''' war die Hauptsynagoge in Fürth und wurde meist als die ''Altschul'' bezeichnet. Sie befand sich im sog. [[Gänsberg]]viertel.  


Das Gebäude bestand aus Quadergestein und war im spätgotischen Stil auf dompröpstisch-bambergischen Grund erbaut. Sie war die erste und zugleich größte Synagoge in Fürth und hatte dementsprechend die Funktion einer '''Hauptsynagoge'''. Sie war der Prager [[wikipedia:Pinkas-Synagoge|Pinkas-Synagoge]] nachempfunden<ref>Julia Haarmann: ''Hüter der Tradition'', in: Jüdische Religion, Geschichte und Kultur Bd. 18, Göttingen 2013; S. 36, auch ''Mehr als Steine'' - Synagogen-Gedenkband Bayern, Band II, Seite 270 und Helmut Mahr: ''Die Fürther Hauptsynagoge'' in: "[[Fürther Heimatblätter]]", 1966/6; Seite 130 ff</ref> und existierte bis zur [[wikipedia:Reichspogromnacht|Reichspogromnacht]].
Das Gebäude bestand aus Quadergestein und war im spätgotischen Stil auf dompröpstisch-bambergischen Grund erbaut. Sie war die erste und zugleich größte Synagoge in Fürth und hatte dementsprechend die Funktion einer '''Hauptsynagoge'''. Sie war der Prager [[wikipedia:Pinkas-Synagoge|Pinkas-Synagoge]] nachempfunden<ref>Julia Haarmann: ''Hüter der Tradition'', in: Jüdische Religion, Geschichte und Kultur Bd. 18, Göttingen 2013; S. 36, auch ''Mehr als Steine'' - Synagogen-Gedenkband Bayern, Band II, Seite 270 und Helmut Mahr: ''Die Fürther Hauptsynagoge'' in: "[[Fürther Heimatblätter]]", 1966/6; Seite 130 ff</ref> und existierte bis zur [[wikipedia:Reichspogromnacht|Reichspogromnacht]].
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[[Datei:1 Gänsberg-Plan roh Schulhof 3.jpg|mini|330px|right|Gänsbergplan Schulhof 3 rot markiert]]
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* Mit der ersten Ansiedlung von Juden war noch kein Synagogenbau verbunden. Dazu war die Zahl jüdischer Bürger zu gering. Weder hätten die Baukosten noch ein [[wikipedia:Minjan|Minjan]] zustande gebracht werden können.<ref>Andreas Würfel: ''Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth'', 1754, Seite 25</ref> Darum wurden Gottesdienste in Privathäusern abgehalten. Angeblich soll schon acht Jahre vor dem Bau der Altschul eine Synagoge, "der erste öffentliche Gebetsraum der Juden in Fürth", in dem Haus des Simon Michel (später [[Rednitzstraße 28]]) eingerichtet worden sein: die ''Eisig-Schul''.<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|Der alte jüdische Friedhof in Fürth]], Seite 23</ref>
* Mit der ersten Ansiedlung von Juden war noch kein Synagogenbau verbunden. Dazu war die Zahl jüdischer Bürger zu gering. Weder hätten die Baukosten noch ein [[wikipedia:Minjan|Minjan]] zustande gebracht werden können.<ref>Andreas Würfel: ''Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth'', 1754, Seite 25</ref> Darum wurden Gottesdienste in Privathäusern abgehalten. Angeblich soll schon acht Jahre vor dem Bau der Altschul eine Synagoge, "der erste öffentliche Gebetsraum der Juden in Fürth", in dem Haus des Simon Michel (später [[Rednitzstraße 28]]) eingerichtet worden sein: die ''Eisig-Schul''.<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|Der alte jüdische Friedhof in Fürth]], Seite 23</ref>
[[Datei:Fürth 1630.jpg|mini|right|Die Synagoge ist direkt oberhalb des Buchstabens "F" (in Flecken) mit dem umzäunten Schulhof zu erkennen; um 1630]]  
[[Datei:Fürth 1630.jpg|mini|right|Die Synagoge ist direkt oberhalb des Buchstabens "F" (in Flecken) mit dem umzäunten Schulhof zu erkennen; um 1630]]  
* 1616/17: erste Erbauung der Synagoge. Sie wurde am [[23. Februar]] [[1617]] eingeweiht.<ref>Helmut Mahr: ''Die Fürther Hauptsynagoge'' in: "[[Fürther Heimatblätter]]", 1966/6; Seite 132 f. Mahr zitiert dabei aus der Kreßschen Chronik</ref>. Das Datum 1617 wurde auch durch eine Art Bauinschrift im Inneren der Synagoge wiedergegeben. Über dem Thoraschrein befand sich ein Schriftzug mit dem Teilvers aus Psalm 29,11 b</br>
* 1616/17: erste Erbauung der Synagoge. Sie wurde am [[23. Februar]] [[1617]] eingeweiht.<ref>Helmut Mahr: ''Die Fürther Hauptsynagoge'' in: "[[Fürther Heimatblätter]]", 1966/6; Seite 132 f. Mahr zitiert dabei aus der Kreß'schen Chronik</ref> Das Datum 1617 wurde auch durch eine Art Bauinschrift im Inneren der Synagoge wiedergegeben. Über dem Thoraschrein befand sich ein Schriftzug mit dem Teilvers aus Psalm 29,11 b:</br>
:"''Der Herr wird sein Volk segnen mit Frieden''" (יהוה | יברך את עמו בשלןם). </br>
:"''Der Herr wird sein Volk segnen mit Frieden''" (יהוה | יברך את עמו בשלןם). </br>
:Das entscheidende Wort war dabei: '''שלןם''', was ersichtlich wurde, da jeder Buchstabe mit einem kleinen Kreis darüber herausgehoben wurde. Weil das hebräische Alphabet auch [[wikipedia:Gematrie|gleichzeitig Zahlenwerte]] erfüllt, ergab sich daraus:</br>
:Das entscheidende Wort war dabei: '''שלןם''', was ersichtlich wurde, da jeder Buchstabe mit einem kleinen Kreis darüber herausgehoben wurde. Weil das hebräische Alphabet auch [[wikipedia:Gematrie|gleichzeitig Zahlenwerte]] erfüllt, ergab sich daraus:</br>
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:&nbsp;40&nbsp;&nbsp; =&nbsp; '''ם'''</div>
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:Aus den Zahlen errechnet sich dann zusammen: (5)'''376''' in der jüdischen Jahreszählung = 1615/1616 als Zeitangabe für die Erbauung. Die Einweihung war dann 1617.<ref>Andreas Würfel: ''Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth'', 1754, Seite 26</ref>
:Aus den Zahlen errechnet sich dann zusammen: (5)'''376''' in der jüdischen Jahreszählung = 1615/1616 als Zeitangabe für die Erbauung. Die Einweihung war dann 1617.<ref>Andreas Würfel: ''Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth'', 1754, Seite 26</ref>
* 1621: im Dreißigjährigen Krieg nutzte Oberst Tilly die Altschul am [[12. Oktober]] [[1621]] um 18 Plünderer auf seinem Zug von Böhmen in die Rheinpfalz dort einzusperren und bewachen zulassen. Tags darauf wurden diese am [[Schießanger]] erhängt.<ref>siehe Helmut Mahr: ''Die Fürther Hauptsynagoge'' in: "[[Fürther Heimatblätter]]", 1966/6; Seite 124. Mahr beruft sich dabei auf die Starcksche Chronik, die bei v. Soden ''Kriegs- und Sittengeschichte der Reichsstadt Nürnberg'' Bd. I. überliefert ist. Die Plünderer sollen den Herrensitz [[Bremenstall|Bremerstall]] an der Regnitz völlig zerstört und damit das Ansehen der Armee geschädigt haben.</ref>.
* 1621: Im Dreißigjährigen Krieg nutzte Oberst Tilly die Altschul am [[12. Oktober]] [[1621]], um 18 Plünderer auf seinem Zug von Böhmen in die Rheinpfalz dort einzusperren und bewachen zulassen. Tags darauf wurden diese am [[Schießanger]] erhängt.<ref>siehe Helmut Mahr: ''Die Fürther Hauptsynagoge'' in: "[[Fürther Heimatblätter]]", 1966/6; Seite 124. Mahr beruft sich dabei auf die Starcksche Chronik, die bei v. Soden ''Kriegs- und Sittengeschichte der Reichsstadt Nürnberg'' Bd. I. überliefert ist. Die Plünderer sollen den Herrensitz [[Bremenstall|Bremerstall]] an der Regnitz völlig zerstört und damit das Ansehen der Armee geschädigt haben.</ref>  
* 1634: Die Kroaten äscherten während des Dreißigjährigen Krieges am 8./9. September 1634 Fürth ein. Die Altschul blieb davon verschont, weil die Kroaten sie als Pferdestall nutzten.<ref>[[Fronmüllerchronik]], zu 1634. Seite 96</ref>
* 1634: Die Kroaten äscherten während des Dreißigjährigen Krieges am 8./9. September 1634 Fürth ein. Die Altschul blieb davon verschont, weil die Kroaten sie als Pferdestall nutzten.<ref>[[Fronmüllerchronik]], zu 1634. Seite 96</ref>
* 1680: Am 22. Mai schlug der Blitz in die Synagoge und beschädigte sie an mehreren Stellen.<ref>Andreas Würfel: ''Historische Nachricht ...'', Seite 27; auch ''Eger-Chronik'' in Fürther Adressbuch von 1819 als Anhang XXIII: ''Chronik von Fürth, vom achten Jahrhundert an, bis zum Schluß Eintausend Achthundert und Achtzehn'', Seite 180; sowie Salomon (Siegfried) Haenle: ''[[Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum Ansbach (Buch)|Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum Ansbach]]'', Seite 181</ref> Im gleichen Jahr äscherte ein Brand am 20. August acht Häuser ein und der Wind trieb die Flammen bis zur Altschul deren Fensterläden verbrannten.
* 1680: Am 22. Mai schlug der Blitz in die Synagoge und beschädigte sie an mehreren Stellen.<ref>Andreas Würfel: ''Historische Nachricht ...'', Seite 27; auch ''Eger-Chronik'' in Fürther Adressbuch von 1819 als Anhang XXIII: ''Chronik von Fürth, vom achten Jahrhundert an, bis zum Schluß Eintausend Achthundert und Achtzehn'', Seite 180; sowie Salomon (Siegfried) Haenle: ''[[Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum Ansbach (Buch)|Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum Ansbach]]'', Seite 181</ref> Im gleichen Jahr äscherte ein Brand am 20. August acht Häuser ein und der Wind trieb die Flammen bis zur Altschul, deren Fensterläden verbrannten.
* 1704: Sowohl die vergangenen Beschädigungen als auch das Wachstum der jüdischen Gemeinde<ref>besonders durch die Vertreibung der Wiener Juden durch den Habsburger Kaiser [[wikipedia:Leopold I.|Leopold I.]] im Jahr [[1670]], von denen sich etliche in Fürth ansiedelten.</ref> machten Umbau- und Erweiterungsarbeiten nötig, die zu dem Aussehen auf dem Boener-Stich von 1704 führten. Die Erweiterung scheint rundum äußere Stützlisenen notwendig gemacht zu haben, um den Gewölbedruck abzufangen. Möglicherweise wuchs der Bau auch an und ermöglichte dadurch eine Neueinteilung mit der Frauenabteilung.<ref>Andreas Würfel: ''Historische Nachricht ...'', Seite 26; Helmut Mahr: ''Die Fürther Hauptsynagoge'', Seite 127 interpretiert die Maßnahme als ein Anflicken und vermutet die Maßnahme 1692.</ref> Für diese Umgestaltung spricht auch, dass die Dachform kein gleichschenkeliges Dreieck mehr war, d.h. die Nordseite des Daches kürzer und steiler als die Südseite ausfiel. Die Ostwand ([[wikipedia:Misrach|Misrach]] - מזרח) erhielt einen kleinen Anbau, den [[wikipedia:Toraschrein|Toraschrein]] als Aufbewahrungsort der Torarollen.
* 1704: Sowohl die vergangenen Beschädigungen als auch das Wachstum der jüdischen Gemeinde<ref>besonders durch die Vertreibung der Wiener Juden durch den Habsburger Kaiser [[wikipedia:Leopold I.|Leopold I.]] im Jahr [[1670]], von denen sich etliche in Fürth ansiedelten.</ref> machten Umbau- und Erweiterungsarbeiten nötig, die zu dem Aussehen auf dem Boener-Stich von 1704 führten. Die Erweiterung scheint rundum äußere Stützlisenen notwendig gemacht zu haben, um den Gewölbedruck abzufangen. Möglicherweise wuchs der Bau auch an und ermöglichte dadurch eine Neueinteilung mit der Frauenabteilung.<ref>Andreas Würfel: ''Historische Nachricht ...'', Seite 26; Helmut Mahr: ''Die Fürther Hauptsynagoge'', Seite 127 interpretiert die Maßnahme als ein Anflicken und vermutet die Maßnahme 1692.</ref> Für diese Umgestaltung spricht auch, dass die Dachform kein gleichschenkeliges Dreieck mehr war, d. h. die Nordseite des Daches kürzer und steiler als die Südseite ausfiel. Die Ostwand ([[wikipedia:Misrach|Misrach]] - מזרח) erhielt einen kleinen Anbau, den [[wikipedia:Toraschrein|Toraschrein]] als Aufbewahrungsort der Torarollen.
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