Reichspogromnacht in Fürth: Unterschied zwischen den Versionen

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== Zeitzeugenberichte ==
== Zeitzeugenberichte ==
====Edgar Rosenberg====
"Irgendwann zwischen zwei und fünf wurden am [[wikipedia:Albert Leo Schlageter|Schlageter]]<ref>Schlageter wurde wegen Eisenbahnanschlägen während der Ruhrunruher im Jahr 1923 von der frz. Militärgerichtsbarkeit zum Tode verurteilt und gehörte seitdem zur NS-Hagiographie</ref> Platz alle Juden zusammengetrieben - vom zwei Monate alten Kind unseres Physiklehrers bis siebzigjährigen Insassen des jüdischen Hospitals.
...
Ungefähr um 5.30 Uhr wurde den Juden befohlen sich in Richtung des [[Schulhof|Schulhofs]] zu drehen. Der Himmel hatte sich dunkelrot gefärbt: die Synagogen brannten. Und just in diesem Augenblick trat der zeitgeschichtlich bedingte religiöse Zwiespalt zwischen uns in schauriger Weise wieder auf, der selbst in Tagen der Heimsuchung nicht verschwand. Die zur [[Neuschul]], zur [[Mannheimer Schule|Mannheimer Schul]] und zur [[Klausschul]] gehörigen, orthodoxen Juden stimmten in ein herzergreifendes Wehklagen über ihr brennendes Bet Knesset, was aber die Reformjuden ängstigte und schreckte, da sie fürchteten, dass die frommen Klageschreie die SA-Truppen noch mehr in Rage bringen würde bis zum Blutbad. Darin war aber wohl eine Überreaktion zu sehen.
...
Unser Bürgermeister, ein Heißsporn für den Pogrome erfunden zu sein schienen, ordnete dem Feuerwehrkommandanten an, doch gefälligst auch das Hausmeistergebäude (= [[Schulhof 1]]) nieder zu brennen. Übrigens war der Hausmeister ein 100%-er Arier aber in dem Gebäude befand sich auch ein kleiner Gebetsraum. Unser Bürgermeister stellte sich als eine Art ''Johnnie-com-lately'' in der Kristallnacht heraus<ref>Der SA-Obergruppenführer von Obernitz erschien erst um 2.00 Uhr im Cafe Fink, um den dort feiernden Bürgermeister Jakob über die durchgeführte Aktion zu informieren, worauf dieser sich zum Tatort bequemte.</ref> und war natürlich bestrebt sein Bummelantentum zu übertünchen. Er hatte ja die halbe Nacht saufend mit seinen Kumpanen im Cafe Fink zugebracht und Toasts auf den Jahrestag des [[wikipedia: Hitlerputsch|Putschs]] ausgebracht. Als er schließlich informiert wurde, war die Hauptattraktion am Schulhof beinahe schon vorbei. Unser Bürgermeister stand da und starrte dümmlich in die flackernden Flammen und rußigen Ruinen; als Einziges war da nur übrig die Hausmeisterwohnung ab zu fackeln. Der Feuerwehrkommandant widerstand aber diesem Vorhaben, da das nahe Nachbarhaus auch Feuer fangen mochte."   
====[[Paul Rieß]]====
====[[Paul Rieß]]====
Bei dem Fürther Stadtchronisten Paul Rieß findet sich zum [[10. November]] [[1938]] der Eintrag: "'' ... In vergangener Nacht sind viele jüdische Läden demoliert worden. Im jüdischen Schulhof an der Königsstraße wurde die [[Altschul|Synagoge]] in Brand gesteckt, desgleichen die [[Neuschul|Kaalschule]], die [[Schulhof 4|Scharr]], der [[Mohrenstraße 7 (ehemals)|alte Betsaal an der Mohrenstraße]]. Sämtliche Gebäude brannten völlig aus. Die Feuerwehr war mittags mit dem Ablöschen der Trümmerhaufen beschäftigt. Sämtliche jüdische Verkaufsläden sind heute geschlossen. ... An den demolierten Verkaufsläden ... ist mit Kreide angeschrieben: "Rache für Paris!" Mehrere hochstehende Juden wurden festgenommen. ... Vor dem Eingangstore zum Synagogenhof in der Königs- und Mohrenstraße standen den ganzen Tag über viele Zuschauer. In der heutigen Nacht und morgens wurden bei vielen Juden durch SA-Leute Haussuchungen vorgenommen. Wo Widerstand geleistet oder nicht geöffnet wurde, ist demolierend vorgegangen worden. Viele Juden wurden in Schutzhaft genommen und tagsüber im [[Berolzheimerianum|Volksbildungsheim]] untergebracht. Abends wurden sie in drei großen Autobussen fortgefahren. ...”
Bei dem Fürther Stadtchronisten Paul Rieß findet sich zum [[10. November]] [[1938]] der Eintrag: "'' ... In vergangener Nacht sind viele jüdische Läden demoliert worden. Im jüdischen Schulhof an der Königsstraße wurde die [[Altschul|Synagoge]] in Brand gesteckt, desgleichen die [[Neuschul|Kaalschule]], die [[Schulhof 4|Scharr]], der [[Mohrenstraße 7 (ehemals)|alte Betsaal an der Mohrenstraße]]. Sämtliche Gebäude brannten völlig aus. Die Feuerwehr war mittags mit dem Ablöschen der Trümmerhaufen beschäftigt. Sämtliche jüdische Verkaufsläden sind heute geschlossen. ... An den demolierten Verkaufsläden ... ist mit Kreide angeschrieben: "Rache für Paris!" Mehrere hochstehende Juden wurden festgenommen. ... Vor dem Eingangstore zum Synagogenhof in der Königs- und Mohrenstraße standen den ganzen Tag über viele Zuschauer. In der heutigen Nacht und morgens wurden bei vielen Juden durch SA-Leute Haussuchungen vorgenommen. Wo Widerstand geleistet oder nicht geöffnet wurde, ist demolierend vorgegangen worden. Viele Juden wurden in Schutzhaft genommen und tagsüber im [[Berolzheimerianum|Volksbildungsheim]] untergebracht. Abends wurden sie in drei großen Autobussen fortgefahren. ...”
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