Haus Hirschmann: Unterschied zwischen den Versionen

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Trotz der in Bayern eher selten angewandten Formensprache der Neuen Sachlichkeit wurde der Entwurf von den eher konservativ geprägten Genehmigungsbehörden ohne Beanstandung genehmigt. Der Verdacht liegt nah, dass Hirschmann durch seine guten Verbindungen zur Stadtspitze in der Gunst der Genehmigungsbehörde stand, womit das Haus Hirschmann für bayerische Verhältnisse ein seltenes Beispiel für den neuen Baustil in den Zwischenkriegsjahren bleibt. Lediglich wenige weitere Gebäude, wie z. B. das neue [[Klinikum Fürth|Stadtkrankenhaus]] auf der [[Schwand]], wurden auf dem Stadtgebiet ebenfalls im Baustil der Neuen Sachlichkeit errichtet.
Trotz der in Bayern eher selten angewandten Formensprache der Neuen Sachlichkeit wurde der Entwurf von den eher konservativ geprägten Genehmigungsbehörden ohne Beanstandung genehmigt. Der Verdacht liegt nah, dass Hirschmann durch seine guten Verbindungen zur Stadtspitze in der Gunst der Genehmigungsbehörde stand, womit das Haus Hirschmann für bayerische Verhältnisse ein seltenes Beispiel für den neuen Baustil in den Zwischenkriegsjahren bleibt. Lediglich wenige weitere Gebäude, wie z. B. das neue [[Klinikum Fürth|Stadtkrankenhaus]] auf der [[Schwand]], wurden auf dem Stadtgebiet ebenfalls im Baustil der Neuen Sachlichkeit errichtet.


Mit der Machtübernahme durch die [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|Nationalsozialisten]] wurde ab 1933 der Druck auf die jüdischen Bankhausbesitzer zunehmend größer. Im Sommer 1937 wurden die Familien Carl Hirschmann und Gabriel Kitzinger von ihren Posten als Bankdirektoren der Commerzbank-Filialen in Nürnberg und Fürth enthoben, das Eigentum - darunter auch die Grundstücke [[Würzburger Straße 49]] und [[Würzburger Straße 51|51]] von Seiten der Stadtverwaltung zwangsarisiert - und deutlich unter den marktüblichen Preisen weiterveräußert. Käufer der Grundstücke war der Großkaufmann [[Georg Roth]], der neben seinen Lebensmittelläden in der Umgebung auch sein Wohnhaus in unmittelbarer Nähe hatte - [[Würzburger Straße 196]]. Die Familie Hirschmann konnte noch rechtzeitig im November 1937 in die USA emigrieren und entging somit einer Deportation und dem sicheren Tod. Die Ehefrau Carl Hirschmanns, Alice Hirschmann, gab 1973 nach dem Tod ihres Ehemanns an, dass der Verkauf des Hauses an die Familie Roth zu einem fairen Preis erfolgt sei.<ref>The Suzanne Statland Collection in Holocaust Studies, Transcript des Interviews von Alice Hirschmann und Suzanne Statland, Kansas City 1973, S. 9</ref> Der Familie Kitzinger gelang die Flucht erst im Juli 1939 nach Großbritannien, große Teile ihres Grundstückes (Würzburger Straße 49) wurden unter Zwang an die Finanzverwaltung des Deutschen Reiches abgetreten.<ref>Staatsarchiv Nürnberg, Bayerisches Landesamt für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung, Außenstelle Nürnberg, Nr. 1642</ref>
Mit der Machtübernahme durch die [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|Nationalsozialisten]] wurde ab 1933 der Druck auf die jüdischen Eigentümer des Bankhauses [[Hirschmann und Kitzinger]] zunehmend größer. Im Sommer 1937 wurden die Familien Carl Hirschmann und Gabriel Kitzinger von ihren Posten als Bankdirektoren der Commerzbank-Filialen in Nürnberg sowie Fürth enthoben, und ihr Eigentum - darunter auch die Grundstücke [[Würzburger Straße 49]] und [[Würzburger Straße 51|51]] von Seiten der Stadtverwaltung zwangsarisiert - und deutlich unter den marktüblichen Preisen weiterveräußert. Käufer der Grundstücke war der Großkaufmann [[Georg Roth]], der neben seinen Lebensmittelläden in der Umgebung auch sein Wohnhaus in unmittelbarer Nähe hatte - [[Würzburger Straße 196]]. Die Familie Hirschmann konnte noch rechtzeitig im November 1937 in die USA emigrieren und entging somit einer Deportation und dem sicheren Tod. Die Ehefrau Carl Hirschmanns, Alice Hirschmann, gab 1973 nach dem Tod ihres Ehemanns an, dass der Verkauf des Hauses an die Familie Roth zu einem fairen Preis erfolgt sei.<ref>The Suzanne Statland Collection in Holocaust Studies, Transcript des Interviews von Alice Hirschmann und Suzanne Statland, Kansas City 1973, S. 9</ref> Der Familie Kitzinger gelang die Flucht erst im Juli 1939 nach Großbritannien, große Teile ihres Grundstückes (Würzburger Straße 49) wurden unter Zwang an die Finanzverwaltung des Deutschen Reiches abgetreten.<ref>Staatsarchiv Nürnberg, Bayerisches Landesamt für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung, Außenstelle Nürnberg, Nr. 1642</ref>


Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] und dem Ende des NS-Staates 1945 wurden die Grundstücke der beiden Familien durch die [[Military Government|US-Militärregierung]] beschlagnahmt und als Wohnhäuser für Beteiligte an den Nürnberger Prozessen genutzt. Während das Haus Hirschmann im Anschluss wieder an Georg Roth zurückgegeben wurde, bekam das Grundstück der Familie Kitzinger die Stadt Fürth übereignet. Letzteres wurde durch die Stadt Fürth als Bauland ausgewiesen und u. a. an Prof. Dr. [[Kurt Denecke]] - Chirurgischer Chefarzt am Klinikum Fürth - sowie an Obermedizinalrat Dr. Johann Schmidt und an den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Nürnberg Dr. Robert Strobel verkauft. Diese bauten jeweils auf den Grundstücken entsprechend repräsentative Wohngebäude, die heute noch erhalten sind - aber mit einer Ausnahme - seit Jahren leer stehen.<ref>Stadt Fürth, Bauarchiv Fürth, Bauakten der Hardstraße 36 (Haus Strobel), Hardstraße 38 (Haus Schmidt) und Hardstraße 56 (Haus Denecke)</ref> Im Bereich der [[Hardstraße]] wurde bereits 1954 ein Teil des Grundstückes durch die Stadt veräußert. Es entstanden entlang der Straße zwei Wohnblöcke mit Sozialwohnungen, die 2015 durch die städtische [[WBG Fürth|WBG]] umfassend saniert wurden.<ref>WBG Fürth (Hg.): 100 Jahre Ludwig III. und Königin Marie Therese Goldene Hochzeitsstiftung, Fürth 2018, S. 17 f</ref>
Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] und dem Ende des NS-Staates 1945 wurden die Grundstücke der beiden Familien durch die [[Military Government|US-Militärregierung]] beschlagnahmt und als Wohnhäuser für Beteiligte an den Nürnberger Prozessen genutzt. Während das Haus Hirschmann im Anschluss wieder an Georg Roth zurückgegeben wurde, bekam das Grundstück der Familie Kitzinger die Stadt Fürth übereignet. Letzteres wurde durch die Stadt Fürth als Bauland ausgewiesen und u. a. an Prof. Dr. [[Kurt Denecke]] - Chirurgischer Chefarzt am Klinikum Fürth - sowie an Obermedizinalrat Dr. Johann Schmidt und an den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Nürnberg Dr. Robert Strobel verkauft. Diese bauten jeweils auf den Grundstücken entsprechend repräsentative Wohngebäude, die heute noch erhalten sind - aber mit einer Ausnahme - seit Jahren leer stehen.<ref>Stadt Fürth, Bauarchiv Fürth, Bauakten der Hardstraße 36 (Haus Strobel), Hardstraße 38 (Haus Schmidt) und Hardstraße 56 (Haus Denecke)</ref> Im Bereich der [[Hardstraße]] wurde bereits 1954 ein Teil des Grundstückes durch die Stadt veräußert. Es entstanden entlang der Straße zwei Wohnblöcke mit Sozialwohnungen, die 2015 durch die städtische [[WBG Fürth|WBG]] umfassend saniert wurden.<ref>WBG Fürth (Hg.): 100 Jahre Ludwig III. und Königin Marie Therese Goldene Hochzeitsstiftung, Fürth 2018, S. 17 f</ref>
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==Siehe auch==
==Siehe auch==
* [[Hirschmann und Kitzinger]]
* [[Carl Hirschmann]]
* [[Carl Hirschmann]]
* [[Fritz Landauer]]
* [[Fritz Landauer]]
* [[Villa Kunreuther]]
* [[Villa Kunreuther]]
* [[Würzburger Straße 49]]
* [[Würzburger Straße 49]]
* [[Hardstraße 56]] - [[Haus Denecke]]
* [[Hardstraße 56]] ''(Haus Denecke)''
* [[Fiorda]]


==Weblinks==
==Weblinks==
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