Nathanstift: Unterschied zwischen den Versionen

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|Quellangaben=[http://www.geodaten.bayern.de/denkmal_static_data/externe_denkmalliste/pdf/denkmalliste_merge_563000.pdf BLfD - Denkmalliste Fürth]
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Das '''„Nathanstift“''' in Fürth ist die bedeutendste Stiftung von [[Alfred Louis Nathan]] in Fürth.  
Das '''„Nathanstift“''', in der Tannenstraße 17 in Fürth, ist die bedeutendste Stiftung von [[Alfred Louis Nathan]] in Fürth.  
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Mit dem Bau wurde Mitte April [[1908]] begonnen, Ende November [[1909]] wurde es seiner Bestimmung übergeben. Die Baukosten mit Einrichtung betrugen 313.300 M.<ref>Otto Holzer: Neuere Bauten in Fürth in Bayern. Deutsche Bauzeitung, 44. Jg., Nr. 71, Sept. 1910</ref> Das Gebäude wurde als ein Geburtshilfehaus nach neuesten medizinischen Gesichtspunkten, aber ohne Krankenhausatmosphäre geschaffen. Am 1. Dezember 1909 nahm das Nathanstift seinen Betrieb auf und am 6. Dezember 1909 kam das erste Kind im Nathanstift auf die Welt. Im Haus Nathanstift wurden von [[1909]] bis [[1967]] etwa 20.000 Kinder geboren. Das Gebäude in der [[Tannenstraße]] steht noch heute, wird aber seit [[1967]] als Schule genutzt.
Mit dem Bau wurde Mitte April [[1908]] begonnen, Ende November [[1909]] wurde es seiner Bestimmung übergeben. Die Baukosten mit Einrichtung betrugen 313.300 M.<ref>Otto Holzer: Neuere Bauten in Fürth in Bayern. Deutsche Bauzeitung, 44. Jg., Nr. 71, Sept. 1910</ref> Das Gebäude wurde als ein Geburtshilfehaus nach neuesten medizinischen Gesichtspunkten, aber ohne Krankenhausatmosphäre geschaffen. Am 1. Dezember 1909 nahm das Nathanstift seinen Betrieb auf und am 6. Dezember 1909 kam das erste Kind im Nathanstift auf die Welt. Im Haus Nathanstift wurden von [[1909]] bis [[1967]] etwa 20.000 Kinder geboren. Das Gebäude in der [[Tannenstraße]] steht noch heute, wird aber seit [[1967]] als Schule genutzt.


===Konzeption des Nathanstifts<ref>alle Hinweise und Zitate nach dem Vortrag am [[31. Januar]] [[2023]] von Prof. Dr. Volker Hanf, Chefarzt des Nathanstifts: Die Entwicklung der deutschen Geburtshilfe aus der Sicht des Nathanstifts Fürth - 100 Jahre nach dem Tod des Stifters Alfred Louis Nathan</ref>===
==Konzeption des Nathanstifts<ref>alle Hinweise und Zitate nach dem Vortrag am [[31. Januar]] [[2023]] von Prof. Dr. Volker Hanf, Chefarzt des Nathanstifts: Die Entwicklung der deutschen Geburtshilfe aus der Sicht des Nathanstifts Fürth - 100 Jahre nach dem Tod des Stifters Alfred Louis Nathan</ref>==
Stadtbaurat [[Otto Holzer]] erläuterte in der Festschrift zur Eröffnung des Stiftes die Schwierigkeiten, wenn (zu) viele Experten an einem Projekt arbeiten: „''... den ärztlichen Beratern wurde der Entschluss zu einer festen Programmbestimmung vielfach durch die auseinandergehenden Ansichten der ärztlichen Autoritäten erschwert. Ich erinnere hier nur an die Frage der Einrichtungen zur Erzielung einwandfreier Kindermilch, an die Frage, ob die Säuglinge in den Schlafräumen gewickelt und gereinigt werden, oder ob hier für eigene Räume vorgesehen werden sollen, ferner an die Frage, ob jeder Säugling sein eigenes Badewännchen haben soll oder nicht.“ <ref>Festschrift vom 28. November 1909 zur Einweihung des Nathanstiftes, S. 18</ref> Als externe Ratgeber fungierten die jüdischen Pioniere der Neonatologie [[wikipedia:Heinrich Finkelstein|Heinrich Finkelstein]], Berlin und [[wikipedia:Arthur Schloßmann|Arthur Schlossmann]], Dresden.</br>
Stadtbaurat [[Otto Holzer]] erläuterte in der Festschrift zur Eröffnung des Stiftes die Schwierigkeiten, wenn (zu) viele Experten an einem Projekt arbeiten: „''... den ärztlichen Beratern wurde der Entschluss zu einer festen Programmbestimmung vielfach durch die auseinandergehenden Ansichten der ärztlichen Autoritäten erschwert. Ich erinnere hier nur an die Frage der Einrichtungen zur Erzielung einwandfreier Kindermilch, an die Frage, ob die Säuglinge in den Schlafräumen gewickelt und gereinigt werden, oder ob hier für eigene Räume vorgesehen werden sollen, ferner an die Frage, ob jeder Säugling sein eigenes Badewännchen haben soll oder nicht.“ <ref>Festschrift vom 28. November 1909 zur Einweihung des Nathanstiftes, S. 18</ref> Als externe Ratgeber fungierten die jüdischen Pioniere der Neonatologie [[wikipedia:Heinrich Finkelstein|Heinrich Finkelstein]], Berlin und [[wikipedia:Arthur Schloßmann|Arthur Schlossmann]], Dresden.</br>
Das Nathanstift befand sich damit in einer Reihe mit den modernsten Einrichtungen seiner Zeit, wie den „''...in der Zwischenzeit vollendeten Neubauten des Kaiserin–Augusta–Victoria–Hauses in Charlottenburg, des neuen Pavillons für Säuglingspflege im Frankfurter Krankenhaus und des neuen Hauses des Vereins Säuglingsheim zu München/Neuwittelsbach''“.<ref>ebenda</ref> Beispielsweise war das Haus von Anfang an aus gesundheitlichen Gründen mit elektrischem Licht ausgestattet war, um Gasverbrennungsrückstände in der Luft zu vermeiden.<ref>Barbara Ohm: [[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]], Seite 210</ref>
Das Nathanstift befand sich damit in einer Reihe mit den modernsten Einrichtungen seiner Zeit, wie den „''...in der Zwischenzeit vollendeten Neubauten des Kaiserin–Augusta–Victoria–Hauses in Charlottenburg, des neuen Pavillons für Säuglingspflege im Frankfurter Krankenhaus und des neuen Hauses des Vereins Säuglingsheim zu München/Neuwittelsbach''“.<ref>ebenda</ref> Beispielsweise war das Haus von Anfang an aus gesundheitlichen Gründen mit elektrischem Licht ausgestattet war, um Gasverbrennungsrückstände in der Luft zu vermeiden.<ref>Barbara Ohm: [[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]], Seite 210</ref>
[[Datei:Bildermappe 1909 (59).jpg|mini|right|links: der Milchpavillon, Bildmitte: das Haupthaus]]
[[Datei:Bildermappe 1909 (59).jpg|mini|right|links: der Milchpavillon, Bildmitte: das Haupthaus]]
====Der Milchpavillon====
 
==Der Milchpavillon==
Das Nathanstift bestand aus zwei unterschiedlichen, getrennten Gebäudeeinheiten. Im Hauptgebäude befanden sich das Wöchnerinnen- und Säuglingsheim, im kleineren Nebengebäude, dem sogenannten "Milchpavillon" war die Säuglingsfürsorgestelle, sowie die Milchabgabe beheimatet.</br>
Das Nathanstift bestand aus zwei unterschiedlichen, getrennten Gebäudeeinheiten. Im Hauptgebäude befanden sich das Wöchnerinnen- und Säuglingsheim, im kleineren Nebengebäude, dem sogenannten "Milchpavillon" war die Säuglingsfürsorgestelle, sowie die Milchabgabe beheimatet.</br>
„''Die Stadt Fürth hat seit 1907 ein Abkommen mit der Gutsverwaltung Rieden getroffen, welche die anerkannt vorzügliche Milch aus den Musterstellungen seiner königlichen Hoheit des Prinzen Ludwig in der erforderlichen Menge hierher sendet. Diese Milch wird dann an Bemittelte um 50 Pfennige für den Liter, ein Unbemittelte zum Preise von 20 Pfennige für den Liter, ein ganz Unbemittelte auch umsonst abgegeben. Seit 1908 wird die Milch auch in’s Haus zugefahren. Die Milch wird nach ärztlichen Weisungen auch in trinkfertigen Portionen abgegeben, die in der Anstalt hergestellt werden.''“<ref>Festschrift vom 28. November 1909 zur Einweihung des Nathanstiftes, S. 15</ref> Zudem etablierte maan dort einen Stamm von Ammen, die eine Frauenmilchsammelstelle (FMS) ermöglichten. „''Wie fortschrittlich das Nathanstift nicht nur technisch, sondern besonders auch medizinisch konzipiert war, zeigt sich daran, dass bei seiner Eröffnung die Sammlung von Frauenmilch ein zentrales Therapiekonzept darstellte und zeitgleich in Wien eine Frauenmilchsammelstelle errichtet wurde, die laut Wikipedia als „Die vermutlich weltweit erste so genannte Frauenmilchsammelstelle (FMS)“ bezeichnet wurde.<ref>so Volker-Hanf im Vortrag, 31. Januar 2023. „''Die DDR institutionalisierte das System und ordnete per Gesetz die Einrichtung von Muttermilch Sammelstellen in allen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern an. In der DDR gab es diese Milchbanken bis 1989, einige existieren auch heute noch, die letzten westdeutschen Sammelstellen wurden in den 1970er Jahren geschlossen.''“</ref> In der gegenüber errichteten [[Krautheimer Krippe]], die seit [[1919]] mit einem überdachten Übergang zum Nathanstift verbunden war, bestand ebenso eine Frauenmilchabgabestation.
„''Die Stadt Fürth hat seit 1907 ein Abkommen mit der Gutsverwaltung Rieden getroffen, welche die anerkannt vorzügliche Milch aus den Musterstellungen seiner königlichen Hoheit des Prinzen Ludwig in der erforderlichen Menge hierher sendet. Diese Milch wird dann an Bemittelte um 50 Pfennige für den Liter, ein Unbemittelte zum Preise von 20 Pfennige für den Liter, ein ganz Unbemittelte auch umsonst abgegeben. Seit 1908 wird die Milch auch in’s Haus zugefahren. Die Milch wird nach ärztlichen Weisungen auch in trinkfertigen Portionen abgegeben, die in der Anstalt hergestellt werden.''“<ref>Festschrift vom 28. November 1909 zur Einweihung des Nathanstiftes, S. 15</ref> Zudem etablierte maan dort einen Stamm von Ammen, die eine Frauenmilchsammelstelle (FMS) ermöglichten. „''Wie fortschrittlich das Nathanstift nicht nur technisch, sondern besonders auch medizinisch konzipiert war, zeigt sich daran, dass bei seiner Eröffnung die Sammlung von Frauenmilch ein zentrales Therapiekonzept darstellte und zeitgleich in Wien eine Frauenmilchsammelstelle errichtet wurde, die laut Wikipedia als „Die vermutlich weltweit erste so genannte Frauenmilchsammelstelle (FMS)“ bezeichnet wurde.<ref>so Volker-Hanf im Vortrag, 31. Januar 2023. „''Die DDR institutionalisierte das System und ordnete per Gesetz die Einrichtung von Muttermilch Sammelstellen in allen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern an. In der DDR gab es diese Milchbanken bis 1989, einige existieren auch heute noch, die letzten westdeutschen Sammelstellen wurden in den 1970er Jahren geschlossen.''“</ref> In der gegenüber errichteten [[Krautheimer Krippe]], die seit [[1919]] mit einem überdachten Übergang zum Nathanstift verbunden war, bestand ebenso eine Frauenmilchabgabestation.
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In der NS-Zeit sollte die Erinnerung an den Stifter getilgt werden und das Nathanstift wurde in „Fürther Wöchnerinnen und Säuglingsheim“ umbenannt.<ref>Barbara Ohm: [[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]], Seite 256</ref>
In der NS-Zeit sollte die Erinnerung an den Stifter getilgt werden und das Nathanstift wurde in „Fürther Wöchnerinnen und Säuglingsheim“ umbenannt.<ref>Barbara Ohm: [[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]], Seite 256</ref>


===Die Zeit nach 1945===
==Die Zeit nach 1945==
Im März 1954 erhielt das „Nathanstift“, als zweites Krankenhaus in Mittelfranken, ein modernes Gerät zur Erhaltung von Frühgeburten. In diesem „Inkubator“ wird eine Temperatur dem Mutterleib entsprechend nachgeahmt. Die Frischluft wird sorgfältig gereinigt und von Keimen befreit. Zusätzlich ist eine Waage eingebaut.<ref>{{BuchQuelle|Fürth 1954/55 (Buch)|Seite=14; Freitag, 12. März 1954}}</ref>
Im März 1954 erhielt das „Nathanstift“, als zweites Krankenhaus in Mittelfranken, ein modernes Gerät zur Erhaltung von Frühgeburten. In diesem „Inkubator“ wird eine Temperatur dem Mutterleib entsprechend nachgeahmt. Die Frischluft wird sorgfältig gereinigt und von Keimen befreit. Zusätzlich ist eine Waage eingebaut.<ref>{{BuchQuelle|Fürth 1954/55 (Buch)|Seite=14; Freitag, 12. März 1954}}</ref>
* Die sog. „Taufgrotte“ im Nathanstift wurde, auf Betreiben von Dr. [[Dagmar Solomon]] (ehemalige [[Stadtheimatpflegerin]] in Fürth), als Andachtsraum umgewidmet, nachdem diese Räumlichkeit jahrzehntelang eher als Abstellraum genutzt worden war.


Das „Nathanstift“ ging [[1967]] in die „Abteilung Geburtshilfe“ der Frauenklinik im [[Klinikum Fürth]] über. Die Abteilung wird heute noch von der Nathanstiftung getragen. Jeder Fürther, der in der Klinik Fürth geboren wird, wird im „Nathanstift“ geboren. Er ist ein „''Nathanianer''“ oder „''Nathanstiftler''.“
Das „Nathanstift“ ging [[1967]] in die „Abteilung Geburtshilfe“ der Frauenklinik im [[Klinikum Fürth]] über. Die Abteilung wird heute noch von der Nathanstiftung getragen. Jeder Fürther, der in der Klinik Fürth geboren wird, wird im „Nathanstift“ geboren. Er ist ein „''Nathanianer''“ oder „''Nathanstiftler''.“
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