Spiegelfabriken: Unterschied zwischen den Versionen

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Fürth war die '''Stadt der Spiegel'''.
Fürth war die '''Stadt der Spiegel'''.


Im Volksmund werden die Fürther deshalb manchmal heute noch "''Glasschleifer''" genannt.
Im Volksmund werden die Fürther deshalb manchmal heute noch ''„Glasschleifer“'' genannt.
Auch das "[[Glasscherbenviertel]]", in dem vor allem die Arbeiter der [[Hofspiegelfabrik N. Wiederer & Co.]] wohnten, erinnert noch an die Bedeutung der Spiegelherstellung in Fürth.
Auch das [[Glasscherbenviertel]], in dem vor allem die Arbeiter der [[Hofspiegelfabrik N. Wiederer & Co.]] wohnten, erinnert noch an die Bedeutung der Spiegelherstellung in Fürth.


Seit [[2007]] steht ein neun Meter hohe [[Spiegelsäule]] in der [[Konrad-Adenauer-Anlage]] in Erinnerung an die traditionsreiche Fürther Spiegelindustrie.
Seit [[2007]] steht ein neun Meter hohe [[Spiegelsäule]] in der [[Konrad-Adenauer-Anlage]] in Erinnerung an die traditionsreiche Fürther Spiegelindustrie.
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Die erste Nachricht über die "Spiegelmacherei in Fürth" dürfte wohl folgendes Gedicht von [[Jakob Feßlein]], Meistersänger von Dinkelsbühl, aus dem Jahre [[1604]] sein:  
Die erste Nachricht über die "Spiegelmacherei in Fürth" dürfte wohl folgendes Gedicht von [[Jakob Feßlein]], Meistersänger von Dinkelsbühl, aus dem Jahre [[1604]] sein:  


''"Auch hat´s der Spiegelmacher zween, Dieselben kann ich nicht umgehen, Die seyn fleißig in ihren Sachen, Und thun schon Fewerspiegel machen."''<ref>Aus: Bruno Schönlank: Die Fürther Quecksilber-Spiegelbelegen und ihre Arbeiter. Wirtschaftsgeschichtliche Untersuchungen. 1887. S. 154 - [http://library.fes.de/cgi-bin/nz_mktiff.pl?year=1887&pdfs=1887_0145x1887_0146x1887_0147x1887_0148x1887_0149x1887_0150x1887_0151x1887_0152x1887_0153x1887_0154x1887_0155x1887_0156x1887_0157x1887_0158x1887_0159x1887_0160x1887_0161x1887_0162x1887_0163x1887_0164 online-Digitalisat]</ref>
''„Auch hat´s der Spiegelmacher zween, Dieselben kann ich nicht umgehen, Die seyn fleißig in ihren Sachen, Und thun schon Fewerspiegel machen.''<ref>Aus: Bruno Schönlank: Die Fürther Quecksilber-Spiegelbelegen und ihre Arbeiter. Wirtschaftsgeschichtliche Untersuchungen. 1887. S. 154 - [http://library.fes.de/cgi-bin/nz_mktiff.pl?year=1887&pdfs=1887_0145x1887_0146x1887_0147x1887_0148x1887_0149x1887_0150x1887_0151x1887_0152x1887_0153x1887_0154x1887_0155x1887_0156x1887_0157x1887_0158x1887_0159x1887_0160x1887_0161x1887_0162x1887_0163x1887_0164 online-Digitalisat]</ref>


== Die Anfänge ==
== Die Anfänge ==
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Während im 18. Jahrhundert noch Nürnberg Mittelpunkt des Tafel- und Spiegelglashandels sowie Spiegelgeschäftes war, übernahmen an der Wende zum 19. Jahrhundert Fürther Kaufleute diese Position.<ref>Michael Müller: ''Die Marktredwitzer Glashütte der Firma Seligman Bendit & Söhne'', S. 12 - [http://www.fuerther-freiheit.info/wp-content/uploads/2012/10/2012-10-03_glashuette-seligman-bendit.pdf zur pdf-Datei]</ref>
Während im 18. Jahrhundert noch Nürnberg Mittelpunkt des Tafel- und Spiegelglashandels sowie Spiegelgeschäftes war, übernahmen an der Wende zum 19. Jahrhundert Fürther Kaufleute diese Position.<ref>Michael Müller: ''Die Marktredwitzer Glashütte der Firma Seligman Bendit & Söhne'', S. 12 - [http://www.fuerther-freiheit.info/wp-content/uploads/2012/10/2012-10-03_glashuette-seligman-bendit.pdf zur pdf-Datei]</ref>


Eine recht frühe Beschreibung einer Spiegelfabrik in Fürth stammt von Leopold Krug aus dem Jahr [[1796]] und bezieht sich auf das Jahr [[1791]]: Hier wird z. B. beschrieben, dass die "Waaren dieser Spiegelfabrik kursiren alle unter Nürnbergscher Firma, obgleich in Nürnberg gar keine dergleichen Fabrik ist" und dass ein "Spiegel muß durch 12 Werkstätte gehn, ehe er fertig wird..."<ref name="Krug">Leopold Krug: ''"Topographisch-Statistisch-Geographisches Wörterbuch der sämmtlichen preußischen Staaten oder Beschreibung aller Provinzen, Kreise, Distrikte, Städte, Aemter, Flecken, Dörfer, Vorwerke, Flüsse, Seen, Berge ... in den preußischen Staaten"'' Halle, 1796, S. 250 - [http://ub-goobi-pr2.ub.uni-greifswald.de/viewer/image/PPN82553206X/256/ online-Digitalisat der Universität Greifswald]</ref><ref>Johann Michael Füssel: ''"Unser Tagbuch: oder, Erfahrungen und Bemerkungen eines Hofmeisters und seiner Zöglinge auf einer Reise durch einen grossen Theil des Fränkischen Kreises nach Carlsbad und durch Bayern und Passau nach Linz"'', Band 3, Palm, 1791, S. 18 - [https://books.google.de/books?hl=de&id=JnI2AAAAMAAJ&q=Fürth#v=snippet&q=F%C3%BCrth&f=false online-Digitalisat]</ref>
Eine recht frühe Beschreibung einer Spiegelfabrik in Fürth stammt von Leopold Krug aus dem Jahr [[1796]] und bezieht sich auf das Jahr [[1791]]: Hier wird z. B. beschrieben, dass die „Waaren dieser Spiegelfabrik kursiren alle unter Nürnbergscher Firma, obgleich in Nürnberg gar keine dergleichen Fabrik ist“ und dass ein „Spiegel muß durch 12 Werkstätte gehn, ehe er fertig wird...<ref name="Krug">Leopold Krug: ''"Topographisch-Statistisch-Geographisches Wörterbuch der sämmtlichen preußischen Staaten oder Beschreibung aller Provinzen, Kreise, Distrikte, Städte, Aemter, Flecken, Dörfer, Vorwerke, Flüsse, Seen, Berge ... in den preußischen Staaten"'' Halle, 1796, S. 250 - [http://ub-goobi-pr2.ub.uni-greifswald.de/viewer/image/PPN82553206X/256/ online-Digitalisat der Universität Greifswald]</ref><ref>Johann Michael Füssel: ''"Unser Tagbuch: oder, Erfahrungen und Bemerkungen eines Hofmeisters und seiner Zöglinge auf einer Reise durch einen grossen Theil des Fränkischen Kreises nach Carlsbad und durch Bayern und Passau nach Linz"'', Band 3, Palm, 1791, S. 18 - [https://books.google.de/books?hl=de&id=JnI2AAAAMAAJ&q=Fürth#v=snippet&q=F%C3%BCrth&f=false online-Digitalisat]</ref>


1844 wurde die Situation in Fürth wie folgt beschrieben:
1844 wurde die Situation in Fürth wie folgt beschrieben:
:'' [...] sechs Spiegelfabrikanten, welche theils selbst Glashütten im bayrischen Walde besitzen und dort die Gläser blasen lassen, theils dieselben aus den Hütten von [...] roh beziehen und sie aus ihren Schleifmühlen schleifen und poliren. Diese Schleifmühlen sind in der Nähe von Nürnberg und Fürth, [...], zwei davon in der Stadt Fürth belegen, und werden von den beiden Flüssen Pegnitz und Regnitz, [...], betrieben. [...]. Fünf Schleifer, 7 Polirer und 15 Facettirer sind auf den Mühlen in der Stadt, acht- bis neunhundert Arbeiter auf den auswärtigen, den Fürther Fabrikanten zugehörigen Schleifwerken, beschäftigt. Aber außer den von Fürther Fabrikanten geblasenen, geschliffenen und polirten Gläsern kommen noch jährlich für circa 450,000 Thlr. kleinere Spiegelgläser [...] von den Fabriken des bayrischen Waldes nach Fürth, und werden daselbst noch belegt. Das Belegen steht dort einem eigenen Gewerbe zu, das 42 Meister zählt.''<ref>"Amtlicher Bericht über die Allgemeine Deutsche Gewerbe-Ausstellung zu Berlin im Jahre 1844", Berlin 1846, S. 70 - [http://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV035662222/ft/bsb10476737?page=74 online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref>
:'' [...] sechs Spiegelfabrikanten, welche theils selbst Glashütten im bayrischen Walde besitzen und dort die Gläser blasen lassen, theils dieselben aus den Hütten von [...] roh beziehen und sie aus ihren Schleifmühlen schleifen und poliren. Diese Schleifmühlen sind in der Nähe von Nürnberg und Fürth, [...], zwei davon in der Stadt Fürth belegen, und werden von den beiden Flüssen Pegnitz und Regnitz, [...], betrieben. [...]. Fünf Schleifer, 7 Polirer und 15 Facettirer sind auf den Mühlen in der Stadt, acht- bis neunhundert Arbeiter auf den auswärtigen, den Fürther Fabrikanten zugehörigen Schleifwerken, beschäftigt. Aber außer den von Fürther Fabrikanten geblasenen, geschliffenen und polirten Gläsern kommen noch jährlich für circa 450,000 Thlr. kleinere Spiegelgläser [...] von den Fabriken des bayrischen Waldes nach Fürth, und werden daselbst noch belegt. Das Belegen steht dort einem eigenen Gewerbe zu, das 42 Meister zählt.''<ref>„Amtlicher Bericht über die Allgemeine Deutsche Gewerbe-Ausstellung zu Berlin im Jahre 1844“, Berlin 1846, S. 70 - [http://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV035662222/ft/bsb10476737?page=74 online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref>


Im frühen Zeitalter der '''Spiegelindustrie''' waren zahlreiche Gewerbe an der '''Spiegelherstellung''' oder '''Spiegelmanufaktur''' beteiligt: Vor allem natürlich [[Spiegelglasfabriken]], [[Spiegelfabriken]] und [[Spiegelschreiner]]; aber auch noch viele andere.
Im frühen Zeitalter der '''Spiegelindustrie''' waren zahlreiche Gewerbe an der '''Spiegelherstellung''' oder '''Spiegelmanufaktur''' beteiligt: Vor allem natürlich [[Spiegelglasfabriken]], [[Spiegelfabriken]] und [[Spiegelschreiner]]; aber auch noch viele andere.
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Alleine mit dem Belegen und Einfassen/Rahmen der Spiegel waren im Jahre 1857 über 1400 Personen beschäftigt. Dazu kamen noch Händler, auswärtig Beschäftigte (z. B. in den Schleifwerken) usw.<ref>J. K. Beeg: ''Die Fürther Spiegelmanufaktur.'' In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57, S. 20 - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10340265-2 online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref> <br>
Alleine mit dem Belegen und Einfassen/Rahmen der Spiegel waren im Jahre 1857 über 1400 Personen beschäftigt. Dazu kamen noch Händler, auswärtig Beschäftigte (z. B. in den Schleifwerken) usw.<ref>J. K. Beeg: ''Die Fürther Spiegelmanufaktur.'' In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57, S. 20 - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10340265-2 online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref> <br>


Die Spiegelherstellung im 18. und frühen 19. Jahrhundert erfolgte zunächst meist nicht in Fabriken im herkömmlichen Sinn, sondern in Heimarbeit, die folgendermaßen organisiert war: Der "Spiegelfabrikant" war ein Unternehmer, der die rohen Gläser bei z. B. böhmischen Glashütten kaufte, sie von den Schleifmühlen in der Umgebung schleifen und polieren ließ und sie dann zu den Arbeitern nach Hause lieferte. Dort wurden die Gläser von der ganzen Familie mit dem Quecksilber und der Zinnfolie belegt.<ref name="Journal">''Ueber die Silberspiegelfabrication.'' In: Polytechnisches Journal 1860, Band 157, Nr. L. (S. 205 – 212) - [http://dingler.culture.hu-berlin.de/article/pj157/ar157050 zum online-Digitalisat]</ref>
Die Spiegelherstellung im 18. und frühen 19. Jahrhundert erfolgte zunächst meist nicht in Fabriken im herkömmlichen Sinn, sondern in Heimarbeit, die folgendermaßen organisiert war: Der „Spiegelfabrikant“ war ein Unternehmer, der die rohen Gläser bei z. B. böhmischen Glashütten kaufte, sie von den Schleifmühlen in der Umgebung schleifen und polieren ließ und sie dann zu den Arbeitern nach Hause lieferte. Dort wurden die Gläser von der ganzen Familie mit dem Quecksilber und der Zinnfolie belegt.<ref name="Journal">''Ueber die Silberspiegelfabrication.'' In: Polytechnisches Journal 1860, Band 157, Nr. L. (S. 205 – 212) - [http://dingler.culture.hu-berlin.de/article/pj157/ar157050 zum online-Digitalisat]</ref>
Die nötigen Zinnfolien wurden u. a. von der Fürther Firma [[Spiegelglas- und Zinnfolienfabrik D. Morgenstern|Morgenstern]] geliefert und für das anschließende Rahmen "gab es in Fürth
Die nötigen Zinnfolien wurden u. a. von der Fürther Firma [[Spiegelglas- und Zinnfolienfabrik D. Morgenstern|Morgenstern]] geliefert und für das anschließende Rahmen "gab es in Fürth
das eigenständige Berufsbild des [[Spiegelschreiner]]s".<ref>Gilbert Krapf: ''Spiegelglas für Fürth.'' In: Fürther Geschichtsblätter, Nr. 1/2006, S. 5 - [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=30 zur pdf-Datei]</ref>
das eigenständige Berufsbild des [[Spiegelschreiner]]s".<ref>Gilbert Krapf: ''Spiegelglas für Fürth.'' In: Fürther Geschichtsblätter, Nr. 1/2006, S. 5 - [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=30 zur pdf-Datei]</ref>
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