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== Die Anfänge == | == Die Anfänge == | ||
Der Anfang der eigentlichen Spiegelmanufaktur liegt aber im 18. und 19. Jahrhundert. | Der Anfang der eigentlichen Spiegelmanufaktur liegt aber im 18. und 19. Jahrhundert. | ||
Während | Während in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch Nürnberg Mittelpunkt des Tafel- und Spiegelglashandels sowie Spiegelgeschäftes war, übernahmen gegen Ende des 18. Jahrhunderts und an der Wende zum 19. Jahrhundert Fürther Kaufleute diese Position.<ref>Michael Müller: ''Die Marktredwitzer Glashütte der Firma Seligman Bendit & Söhne'', S. 12 - [http://www.fuerther-freiheit.info/wp-content/uploads/2012/10/2012-10-03_glashuette-seligman-bendit.pdf zur pdf-Datei]</ref> | ||
Eine | Eine sehr frühe Beschreibung der Fürther Spiegelmanufaktur stammt von Johann Michael Füssel. In seinem [[Füssels Reisetagebuch 1791 (Buch)|Reisetagebuch von 1791]] beschreibt er sie auf sieben Seiten lang noch ausführlicher, als folgender Ausschnitt zeigt: | ||
:''Die Spiegelmanufaktur. Zu dieser gehören: a) Eine Spiegelglätte, die aus 6 Schleif- und Poliertischen besteht. Sie ist viel einfacher, als diejenige, welche wir zu Lauf gesehen haben, wird blos mit der Hand ohne viele Anstrengung getrieben, und fertiget auf einmal viele und alle Arten Glaser, die allein hier zu Spiegeln verarbeitet werden. b) Mehr als 200 Tische, auf denen nur Papier und Feldspiegel gemacht werden. Diese allein sollen jährlich mehr als 1 Million Gulden verdienen. c) 22 Glasbelegcr, von denen viele auf 4 bis 6 Tischen arbeiten. 1 Tisch soll wöchentlich 25 Gulden verdienen können. Diese Leute machen das Glas zum Spiegel, indem sie auf der Rückseite desselben geschmolzenes Zinn befestigen. d) 4 Glasschneider, mit mehr Drehbänken. Ihre Beschäftigung besteht darinnen, daß sie mit einem Rad, welches vorher mit Schmergel und Sand beleget wird, den Kristall oder allerley Zierrathen nach Zeichnungen oder aus freyer Hand in das Glas drehen, welches sie dann zum Theil auch belegen, und mit Quecksilber an dem Spiegel befestigen. Sie fertigen sehr prächtige und mit viel Geschmack gezierte Spiegel. e) 122 Spiegelschreiner - oder Tischler- Werkstätte, mit noch mehr Gesellen. Diese geben sich blos mit den simplen und künstlichen Einfassungen der Spiegel ab. Sie zeichnen die Zierrathen, welche sie bearbeiten wolle, auf Holz, schlagen die Zeichnungen mit dem Meissel heraus, und vergolden - sie. Der Tischler, bey dem wir waren, hatte eben, auf Russische Bestellung, einen ungewöhnlich großen Spiegelrahm in Arbeit. Eine einzige dieser Wertstätte soll wöchentlich, welches mir fast unglaublich scheint, für 200 Gulden Spiegel fertigen, ohne die großen Zimmerspiegel zu rechnen, von denen das Paar 100 bis 1000 Gulden kostet. Die hiesigen Spiegel sind überall unter Nürnbergs Firma bekannt, obgleich in dieser Reichsstadt wenige, und als Fabrikwaare gar keine gemacht werden. Ihre Arten sind unglaublich mannigfaltig, sowohl in Ansehung der Größe, als der Feinheit und der Zierrathen. Sie werden von 1 bis 100 Zoll hoch gefertiget. Alle Spiegel bis zu einer Höhe von 36 Brabanter Zoll sind von Nürnberger Glas, und werden nach Brabanter Maas verkauft; was aber über 36 Zoll geht, ist französisches Glas, und wird nach Rheinl. Maas bestimmt. Ein Spiegel muß, ehe er fertig ist, durch 12 Werkstätte gehen. Man sollte daher nicht glauben, daß jede Spiegelart um so geringen Preiß verkauft werden könnte. Man kann sie freylich an keinem Orte so wohlfeil haben, als hier, welches vorzüglich daher kommt, daß hier, wie in England, ein Meister dem andern in die Hand arbeitet. Auch an Schönheit und Güte werden die hiesigen Spiegel eher zu- als abnehmen. Denn jeder Meister bemühet sich aus Kunsteifer und Eigennutz, seine Arbeit so tadelfrey, als möglich, zu machen, weil er weiß, daß sie andern Meistern und Kennern in die Hand geräth, ehe sie feil geboten wird, und daß sein Erwerb sich mindern würde, wenn ein anderer besser arbeitete. Sodann scheuen die Versteller dieser Fabrikaten keine Kosten, um aus den entferntesten Gegenden die geschicktesten Leute nach Fürth zu locken, damit ihre Waare mehr Vollkommenheit, ihr Handel mehr Flor bekomme [...]''<ref>Johann Michael Füssel: ''"Unser Tagbuch: oder, Erfahrungen und Bemerkungen eines Hofmeisters und seiner Zöglinge auf einer Reise durch einen grossen Theil des Fränkischen Kreises nach Carlsbad und durch Bayern und Passau nach Linz"'', Band 3, Palm, 1791, S. 18 - [https://books.google.de/books?hl=de&id=JnI2AAAAMAAJ&q=Fürth#v=snippet&q=F%C3%BCrth&f=false online-Digitalisat]</ref> | |||
Auch eine frühe Beschreibung der Spiegelfabrik in Fürth stammt von Leopold Krug aus dem Jahr [[1796]], bezieht sich aber auf das Jahr [[1791]]: Hier wird auch beschrieben, dass die „Waaren dieser Spiegelfabrik kursiren alle unter Nürnbergscher Firma, obgleich in Nürnberg gar keine dergleichen Fabrik ist“ und dass ein „Spiegel muß durch 12 Werkstätte gehn, ehe er fertig wird...“<ref name="Krug">Leopold Krug: ''"Topographisch-Statistisch-Geographisches Wörterbuch der sämmtlichen preußischen Staaten oder Beschreibung aller Provinzen, Kreise, Distrikte, Städte, Aemter, Flecken, Dörfer, Vorwerke, Flüsse, Seen, Berge ... in den preußischen Staaten"'' Halle, 1796, S. 250 - [http://ub-goobi-pr2.ub.uni-greifswald.de/viewer/image/PPN82553206X/256/ online-Digitalisat der Universität Greifswald]</ref> | |||
1844 wurde die Situation in Fürth wie folgt beschrieben: | 1844 wurde die Situation in Fürth wie folgt beschrieben: |