Franz Jakob: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:Forster Jakob Goebbels Volksliste.jpg|miniatur|rechts|"Volkslisten"-Kommission, in der Mitte OB Franz Jakob, rechts Gauleiter Albert Forster und Reichsminister Goebbels, 1942]]
[[Datei:Forster Jakob Goebbels Volksliste.jpg|miniatur|rechts|"Volkslisten"-Kommission, in der Mitte OB Franz Jakob, rechts Gauleiter Albert Forster und Reichsminister Goebbels, 1942]]


=== Erneute Sittlichkeitsverbrechen ===  
=== Erneute Sittlichkeitsverbrechen ===
Am 2. August 1941 wurde erneut ein Strafverfahren gegen Jakob wegen Sittlichkeitsverbrechen eingeleitet. Das Oberste Parteigericht in der III. Kammer des Gaugerichts Danzig-Westpreußen legte folgende Anklagepunkte gegen Jakob vor:
* "''1. mit zwei Polinnen geschlechtlichen Verkehr unterhalten und
* 2. zu Gunsten einer dieser Polinnen eine von der Stadtverwaltung veranlasste Räumungsmaßnahme durch persönlichen Einsatz rückgängig gemacht zu haben.''"


In der Vernehmung der Zeugen wurden ausführlich alle peinlichen Details des geschlechtlichen Verkehrs mit den Polinnen erörtert, inklusive einer aus heutiger Sicht rassitischen Prägung und Stigmatisierung der beteiligten Personen:


: ''Im Winter 1939/1940 besuchte der "Angeschuldigte" mit dem Zeugen Rühle das Café Dorsch in Thorn. Dort befanden sich zwei Frauen, deren "Volkszugehörigkeit" "ungeklärt" war. Sie besaßen keinen "volksdeutschen Ausweis" und waren "bei der bisherigen Vorerfassung für die deutsche Volksliste nicht berücksichtigt worden". Um mit den beiden Frauen in Kontakt zu kommen, legte ihnen Jakob eine Zeitung, in der sich eine Schachtel Zigaretten befand, auf den Tisch und verließ das Café, schickte aber Rühle mit dem Auftrag zurück, die beiden Frauen in seine Wohnung zu bringen. Alle drei kamen kurz darauf dort an. Es wurde getanzt und gegessen, dann fragte Jakob die beiden Frauen, ob sie nicht baden wollten. "Als diese Frage bejaht wurde, nahm der Angeschuldigte diese Handlung höchstpersönlich vor. Anschließend übte der Angeschuldigte mit beiden Frauen nacheinander den Geschlechtsverkehr aus."''
Jakob hielt weiterhin Kontakt zu den beiden Frauen und schickte stets sein Dienstmädchen, die nach Angaben des Gerichts ebenfalls eine unklare "Volkszugehörigkeit" besaß, zu den beiden Frauen um sie wieder in seine Wohnung einzuladen. Es wird von verschiedenen Zeugen berichtet, dass im Haus des Angeschuldigten (in dem u.a. auch [[Adolf Schwammberger|Dr. Schwammberger]] gewohnt haben soll) immer wieder Frauen anwesend waren, mit denen "Feste orgienhaften Charakters" gefeiert wurden. Eine der beiden Polinnen wurde wegen Lärms und wegen ihres "unsittlichen Lebenswandels" aus ihrer Privatwohnung durch die Stadtverwaltung gekündigt. Jakob missbrauchte sein Amt als Oberbürgermeister und veranlasste, dass die Kündigung zurückgezogen wird, so dass die Polin "nur" mit einer Verwarnung versehen wurde und in der Wohnung bleiben durfte.
Im Rahmen der Gerichtsverhandlug gab Jakob die Vorfälle zu, bestritt aber den Geschlechtsverkehr mit den beiden Frauen. Jakob behauptete im Gegenzug, dass die beiden Frauen schon seit langem angehörige der "ansässigen Mischbevölkerung" darstellen und somit weder dem deutschen noch dem polnischen "Volkssturm" zuzuordnen wären. Als Beleg für seine These benannte er die Theorien des "Rassenforschers" [https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_F._K._G%C3%BCnther Prof. Hans F. K. Günther] und verwies dabei auf den Sachverhalt, dass die Wehrmacht und SS in Thorn ebenfalls kontakt mit dieser Bevölkerungsgruppe hätte.
Das Gericht lies dieses Argument nicht gelten und verwies stattdessen auf den Sachverhalt, dass die Partei, Wehrmacht und der Staat den Polen gegenüber eine "scharfe ablehende Haltung" eingenommen habe, die jedem "Partei- und Volksgenossen, die persönlichen Verkehr mit Polen unterhielten" in ein Konzentrationslager verbracht hätte. Das Gericht kam somit am 11. August 1941 zu dem Urteil, dass es primär nicht befugt sei aus eigener Zuständigkeit heraus eine verbindliche Entscheidung darüber zu treffen, ob mit dem Kontakt zur sog. "Zwischenschicht" in der polnischen Bevölkerung eine Bestrafung einhergeht. Jedoch kam das Gericht ebenfalls zu der Erkenntnis, dass der Beschuldigte bei der unklaren Sachlage "für seine Person größte Zurückhaltung vermissen ließ und durch sein Verhalten ein schlechtes Beispiel gab." Gleiches gilt für die Aufhebung der Räumungsklage, die Jakob einer der beiden Polinnen als Oberbürgermeister zuürcknehmen lies. Das Gericht kam in der Folge zu dem Ergebnis, dass die Anklagepunkte gegen Jakob völlig berechtigt waren und er wegen seinem "unsittlichen Verhalten in der Partei und in der Öffentlichkeit anstoß erregt" hat.
In der Frage der Strafbemessung kam das Gericht zu folgender Abwägung:
* Straferschwerend wird Jakob vorgehalten, dass es sich bei Ihm "nicht irgendeinen pflichtvergessenen Parteisoldaten handelt, sonder um den politischen Führer eines ganzen Kreises und den Oberbürgermeister einer großen Stadt". Deshalb hätte sich Jakob darüber im klaren sein müssen, dass er "im Blickfeld der gesamten Bevölkerung seines Kreises" steht und somit jede Verfehlung im Amt auch das Ansehen seines Amtes und der Partei schadet. Weiterhin wird aufgeführt, dass Jakob als Oberbürgermeister seinen Mitarbeitern gegenüber sein Ansehen untergraben hat und dass er seinem Vorgesetztem, dem Regierungspräsidenten Walther Kühn in Bromberg, gegenüber sein Fehlverhalten "mit frecher Stirn" geleugnet hat. Jakob hatte gegenüber Kühn sich verwahrt, "dass man den Aussagen von polnischen Huren mehr Glauben schenke, als denen eines Kreisleiters."
* Strafmildernd wurde vor Gericht angeführt, dass Jakob sich bisher nichts halt zu schulden kommen lassen und einen einwandfreien Lebenswandel vorzuweisen hätte. Über die Eskapaden in Fürth war zwar der Regierungspräsdient informiert, da er sich die Akte aus Fürth im März 1941 hat schicken lassen, jedoch scheinen diese Erkenntnise nicht zu Gericht gelangt zu sein. Als besonders strafmildernd wurde jedoch vom Gericht gewertet, dass Jakob als "alter Kämpfer" sein 1925 stets einsatzbereit war und "erhebliche Verdienste um die Bewegung in seinem Heimatgau Franken" vorzuweisen hätte. Auch das Goldene Parteiabzeichen und die Ehrenzeichen für 10- und 15-jährige Parteizugehörigkeiten führten letztendlich dazu, dass das Gericht Jakob nicht mit einem Parteiausschlussverfahren verurteilt hat.
Das Urteil des Gerichts am 11. August 1941 sah vielmehr vor, Jakob nur die "Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung eines Parteiamtes" für die Dauer von drei Jahren vorzusehen, bei gleichzeitigem Verlust des "Dienstranges" als Kreisleister und Standartenführer der SA sowie dem Verlust des Goldenen Ehrenzeichens. Dieses "milde Urteil" wurde durch das Gericht begründet mit der Aussage: "im Hinblick auf die Schwere der Verfehlungen" wird nur ein "sehr mildes Urteil" gefällt, da "vor dem Gericht ein alter Aktivist der Bewegung stand, der es für sich in Anspruch nehmen kann, bisher aufrecht seinen Anteil an der Errichtung des Nationalsozialistischen Staates geleistet zu haben".
In einem weiteren Strafverfahren des Obersten SA Führers in München urteilte das Gericht strenger als das Gaugericht in Danzig. Das Gericht schloss "strafweise" am 27. November 1941 Jakob aus der SA aus, weil er als Mitglied der SA durch sein "ehrenrührigem Verhalten ... nicht nur eine schwere Pflichtverletzung in seiner Stellung als politischer Beamter, sondern auch eine gröbliche Verfehlung gegen dei erhöhten Pflichten als SA-Führer" an den Tag gelegt hat. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass das Verfahren durch die SA Gruppe Franken in Nürnberg initiiert wurde mit dem Hinweis, dass Jakob "nie auf seine Zugehörigkeit zur SA Wert legte."


=== Ende der Amtszeit ===
=== Ende der Amtszeit ===
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