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Die '''Wasen- oder Fallmeisterei''' oder das '''Fallhaus''' war die Abdeckerei, also Arbeits- und Wohnstätte des '''Wasen- oder Fallmeisters''' oder Abdeckers, also der Person, die für die Verwertung und Beseitigung von Tierkadavern zuständig war.
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Die '''Wasen- oder Fallmeisterei''' oder das '''Fallhaus''' war die Abdeckerei, also Arbeits- und Wohnstätte des '''Wasen- oder Fallmeisters''' oder Abdeckers, also der Person, die für die Verwertung und Beseitigung von Tierkadavern zuständig war. Auch die Bezeichnung "Schinder" wurde verwendet.
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Aus der Verwertung der toten Tierkörper ergaben sich Produkte wie Fette (zur Herstellung von Lampentalg), Leim, Knochen und Knochenmehl, Seife, Felle, Tierhäute zur Herstellung von Leder (das Gerben wurde von Abdeckern erledigt) und Viehfutter.<ref>{{Quelle Wikipedia|Abdecker}}</ref>
    
==Lage==
 
==Lage==
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Die Adressen lauteten:
 
Die Adressen lauteten:
* bis 1617: Schindangerplatz (Das Grundstück wurde 1617 zur Vergrößerung des zu kleinen jüdischen Friedhofes gekauft.)<ref>[[Fronmüllerchronik]], 1871, S. 59</ref>
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* bis ca. 1615/1617: Schindangerplatz (Das Grundstück wurde 1615 oder 1617 zur Vergrößerung des zu kleinen jüdischen Friedhofes gekauft.)<ref>[[Fronmüllerchronik]], 1871, S. 59</ref>
* 1724: Höfer Weg<ref>[[Chronik der Stadt Fürth (Buch)|Fronmüller-Chronik]], 1871, S. 126</ref>
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* 1724: Höfer Weg<ref>[[Chronik der Stadt Fürth (Buch)|Fronmüller-Chronik]], 1871, S. 126</ref> (Ein Teil dieses Grundstückes wurde von der Stadt gekauft, um darauf das [[Altes Krankenhaus|alte Krankenhaus]] zu bauen.)<ref>"Bahnhofplatz" in: [[Wunschelchronik]], Band 2</ref>
* 1807: "An der Schwabacher Straße" Haus-Nr. 513a; "Fallmeisterey"<ref>[[Adressbuch von 1807]]</ref>
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* 1807: "An der Schwabacher Straße" Haus-Nr. 513 a; "Fallmeisterey"<ref>[[Adressbuch von 1807]]</ref>
* 1819: "An der Schwabacher Landstraße" Haus-Nr. 513a; <ref>[[Adressbuch von 1819]]</ref>
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* 1819: "An der Schwabacher Landstraße" Haus-Nr. 513 a<ref name="AB-1819">[[Adressbuch von 1819]]</ref>
* 1846: "Schwabacherstraße" Haus-Nr. I/275; <ref>[[Adressbuch von 1846]]</ref>
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* 1836: Schwabacherstraße Haus-Nr. 275 (I. Bezirk)<ref name="AB-1836">[[Adressbuch von 1836]]</ref>
* 1891: Vacher Weg (unweit [[Bremenstall]])
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* 1846: "Schwabacherstraße" Haus-Nr. I/275<ref name="AB-1846">[[Adressbuch von 1846]]</ref>
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* 1891: Vacher Weg (unweit [[Bremenstall]]), später unter der Adresse Vacher Straße 160 (ab 1919 bis Ende der 1970er Jahre unter dem Namen [[Mattecka]]; Standort bei heutiger Hausnummer 188)
    
==Wasen- oder Fallmeister==
 
==Wasen- oder Fallmeister==
Die Wasenmeister, die zugleich markgräfliche Scharfrichter waren, wurden im 18. Jahrhundert vom Markgrafen ernannt.
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Die Wasenmeister, die zugleich markgräfliche Scharfrichter waren, wurden im 18. Jahrhundert vom [[Markgraftum Brandenburg-Ansbach|Markgrafen von Ansbach]] ernannt.
    
{{Berufe}}
 
{{Berufe}}
* bis ca. 1617: Hans Lehmann (alte Schreibweise: Hannßen Lohemann); dessen Witwe verkaufte 1617 das Grundstück an die jüdische Gemeinde<ref>[[Fronmüllerchronik]], 1871, S. 59</ref>
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* bis ca. 1615/1617: Niclas (Niclaß) Lohemann oder Hans Lehmann (alte Schreibweise: Hannßen Lohemann); dessen Witwe verkaufte 1615 oder 1617 das Grundstück an die jüdische Gemeinde<ref>Andreas Würfel: ''"Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth ..."'', Frankfurt, 1754, S. 105 - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10521420-9 Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref><ref>[[Fronmüllerchronik]], 1871, S. 59</ref>
 
* 1707: Schmidt<ref>[[Fronmüllerchronik]], 1871, S. 114</ref>  
 
* 1707: Schmidt<ref>[[Fronmüllerchronik]], 1871, S. 114</ref>  
* 1724: Nikolaus Behringer<ref>[[Chronik der Stadt Fürth (Buch)|Fronmüller-Chronik]], 1871, S. 126</ref>
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* 1724: Nikolaus Behringer<ref>[[Chronik der Stadt Fürth (Buch)|Fronmüller-Chronik]], 1871, S. 126</ref><ref>er blieb wohl nicht lange – im Kirchenbuch von Wöhrd (Bestattungen 1632–1742, S. 189) wurde am 19. Juni 1729 notiert: Georg Beringer, gewesener Fallmeister zu Fürth; er war Sohn von Dietrich Beringer, des Scharfrichters zu Sulzbach, und auch selbst Scharfrichter zu Ansbach (siehe Doppelhochzeit der Scharfrichter Beringer und Großholz am 23. Februar 1706 in Wöhrd – Kirchenbuch Trauungen 1557–1727, S. 158)</ref>
 
* [[1750]] wurde Johann Gabriel Pickel Wasenmeister in Fürth, nachdem er die Frau des Vorgängers Frank geheiratet hatte. Pickel war der Sohn eines Scharfrichters und übte ebenfalls diese Tätigkeit aus. Auf dem Fallhaus mussten stets 40 Hunde für die Schweinehetze gehalten werden.<ref>[[Chronik der Stadt Fürth (Buch)|Fronmüller-Chronik]], 1871, S. 137</ref>
 
* [[1750]] wurde Johann Gabriel Pickel Wasenmeister in Fürth, nachdem er die Frau des Vorgängers Frank geheiratet hatte. Pickel war der Sohn eines Scharfrichters und übte ebenfalls diese Tätigkeit aus. Auf dem Fallhaus mussten stets 40 Hunde für die Schweinehetze gehalten werden.<ref>[[Chronik der Stadt Fürth (Buch)|Fronmüller-Chronik]], 1871, S. 137</ref>
 
* bis 1797: Joh. Gg. Pickel<ref>[[Fronmüllerchronik]], 1887, S. 199</ref>
 
* bis 1797: Joh. Gg. Pickel<ref>[[Fronmüllerchronik]], 1887, S. 199</ref>
 
* 1797 bis 1804: Joh. Hiermann<ref>[[Fronmüllerchronik]], 1887, S. 199</ref>
 
* 1797 bis 1804: Joh. Hiermann<ref>[[Fronmüllerchronik]], 1887, S. 199</ref>
* 1804 bis mind. 1819: Johann Georg Beck, "Waasenmeister"<ref>[[Adressbuch von 1819]]</ref>
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* 1804 bis mind. 1836: Johann Georg Beck, "Waasenmeister"<ref name="AB-1819"/><ref>Allgemeine Zeitung von und für Bayern (Fränkischer Kurier), 30.11.1834 - [https://digipress.digitale-sammlungen.de/view/bsb10504968_00243_u001/1?cq=Fürth online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref><ref name="AB-1836"/>
* 1846: Sabina Beck, "Wasenmeisters-Wittwe"<ref>[[Adressbuch von 1846]]</ref>
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* 1846: Sabina Beck, "Wasenmeisters-Wittwe"<ref name="AB-1846"/>
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* 1846 bis 1876: Johann Andreas Schwarz<ref>"Fürther Tagblatt", 16.06.1846</ref><ref name="Wasenm">Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/1527: Die hiesige Wasenmeisterei</ref>
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* 1876 bis ca. 1900: Anton Schillinger<ref name="Wasenm"/>
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* ab ca. 1900 bis 1917: Johann Schillinger<ref name="Wasenm"/>
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* 1917 bis 1918: Julianna Schillinger, Wasenmeisterswitwe, Geschäftsführer Johann Sattler<ref name="Wasenm"/>
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* 1919 bis 1948: Alfred Traugott Mattecka<ref name="HP-AFA">[https://www.afasolutions.com/ueber-uns Homepage AFA Solutions], abgerufen am 03.09.2019, 22:15 Uhr</ref>
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* 1948 bis 1971: Alfred Georg Mattecka<ref name="HP-AFA"/>
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* 1971 bis ca. 1980: Alfred Wilhelm Mattecka<ref name="HP-AFA"/>
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Nach Archiv-Recherche ergibt sich über die Fallmeisterei/Wasenmeisterei:
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Im 19. Jahrhundert gehörten 93 Ortschaften zum Fürther Bezirk, für den der Fallmeister zuständig war. Es ging um die Entfernung und Verwertung des gefallenen Tiere, d. h. der verendeten Tiere. Seine Gebühren für die Beseitigung richteten sich nach deren Größe. Für tote Hunde und Katzen, die auf den Straßen und Gassen gefunden wurden, musste nichts bezahlt werden.
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Der Fallmeister erhielt Lohn von der Gemeinde. In preußischer Zeit wurde 1798 vorgeschrieben, für die Fallmeisterei 800 Schritte vom Ort einen neuen Verscharrungsplatz anzulegen. Das geschah im folgenden Jahr auf einem Sandfeld, das die Gemeinde zur Verfügung stellte. Der Bau hatte die Nr. 33 der Schwabacher Landstraße (späteres Grundstück für die Brauerei Humbser – siehe alten Stadtplan). 1819 ist im Egerschen Adressbuch der Wasenmeister Beck unter Haus-Nr. 513a vermerkt; der nachfolgende Wasenmeister Schwarz unter Nr. 275 der Schwabacher Straße. Die Neunummerierung galt ab 1827.
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Nach vielen Beschwerden und Klagen verlegte die Stadt die Fallmeisterei weiter südlich zum Platz mit Plan-Nr. 1070. Nach der Witwe des verstorbenen Fallmeisters/Wasenmeisters Johann Georg Beck übernahm Andreas Schwarz den Betrieb 1841. Nach einem Protest der angrenzenden Gemeinde Höfen ordnete die Stadt an, den Verscharrungsplatz mit einer lebenden Hecke zu umgeben.
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Die im Kataster unter Schwabacher Landstraße 40, im Adressbuch unter [[Ludwigstraße]] 40 geführte Wasenmeisterei des Anton Schillinger erhielt 1890 die neue Adresse Ludwigstraße 100. Danach noch von der Witwe bewohnt. Das Gebäude wurde … abgerissen.
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Die Tierkörperbeseitigung bzw. –verwertung hatte die Firma Mattecka übernommen. Sie verlegte den Sitz in die Vacher Straße.
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(Quellen: Chronik von Friedrich Marx, Fürth in Vergangenheit und Gegenwart, Fürth 1887; Adressbücher im Stadtarchiv Fürth.
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Recherche: Peter Frank.)
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==Siehe auch==
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* [[Alter Schlachthof]]
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==Weblinks==
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* Lage der Abdeckerei an der Schwabacher Straße, Haus-Nr. 513 a (später Gelände der [[Brauerei Joh. Humbser|Humbser Brauerei]]), siehe [https://v.bayern.de/F4ytJ BayernAtlas]
    
==Einzelnachweise==
 
==Einzelnachweise==
 
<references />
 
<references />
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==Bilder==
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{{Bilder dieses Gebäudes}}
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