Ablässe aus altgläubiger Zeit für die Poppenreuther Kirche
Die Poppenreuther Kirche verfügte über etliche Ablass-Urkunden. Ewald Paulus zitiert in seiner „Geschichte der Pfarrei Poppenreuth“ aus einer alten Pfarreiregistratur und zählt dabei sechs Ablassbriefe auf, die aber zu dem Abfassdatum seines Buches 1831 schon alle nicht mehr auffindbar waren [1].
Der Ludovicus-Ablassbrief
Im Staatsarchiv Nürnberg werden zwei der von E. Paulus aufgeführten Ablassurkunden verwahrt:
Aus dem Jahr 1464 ein von Kardinal Ludovicus ausgestellter Ablassbrief auf den Poppenreuther Pfarrer Johannes Schimel. Dieser wird in der Urkunde als „Pleban“ der „ecclesia parochialis Sancti Petri apostoli in poppenrewt Bambergen. Diocesis“ (der Parochialkirche des Apostels St. Peter in Poppenreuth aus der Diözese Bamberg) vorgestellt. 1464 war das turbulente Jahr der Ablösung Heinrich Leubings durch Johann Lochner als Stelleninhaber. Johannes Schimel scheint für beide als Pleban gewirkt zu haben.
Der Ludovicus-Ablassbrief verfügt lediglich über kaligraphisch ausgeführte Initialen. Damit gehört er zur Kategorie der „Nicht-Historisierten“ Urkunden, d.h. es gibt keine Ornamentfelder, die auf Inhalt, Aussteller oder Empfänger Bezug nehmen würden.
Der Oliverius-Ablassbrief
Bei dem auf Erasmus Topler 1501 ausgestellten Ablassbrief handelt es sich um eine „illuminierte“ Urkunde, d.h. ein mit Elementen der Buchmalerei ausgestattetes Schriftstück. Das auffällige Dekor macht deutlich, dass hier eine „öffentliche“ Urkunde vorliegt, deren plakative Ausgestaltung auch eine Werbewirksamkeit darstellte. Solche Urkunden waren für die Präsentation im Kirchenraum gedacht [2]
Die 1501 ausgestellte Ablass-Urkunde ist eine sogenannte „Kardinalsammelindulgenz“ (Indulgenz = Ablass). Eine Gruppe von Kardinälen stellt gemeinsam diesen Ablass aus und alle bekunden dies mit ihrem jeweils entsprechenden Siegel, das unter dem Pergament auf einer „Plica“ [3] mit beigegeben wird. Es gab wohl die weit verbreitete Vorstellung, dass die Anzahl der gewährten Ablasstage mit den Siegeln der Austeller multipliziert werden könnte. [4]
13 Personen stellen für die Petruskirche in Poppenreuth diesen Ablass aus
- Oliverius von Sabina
- Johannes von Porto-Santa Rufina
- Georgius von Albano
- Hieronymus von Palestrina
- Ludovicus Johannes von Santi Quattro Coronati
- Laurentius von Santa Cecilia (in Trastevere)
- Johannes Antonius von Santi Nereo e Achilleo
- Baptista von Santi Giovanni e Paolo
- Bernardinus von Santa Croce in Gerusalemme
- Pertrus von San Ciriaco
- Raphael von San Giorgio in Velabro
- Julianus von Santi Sergio e Bacco (al Foro Romano)
- Federicus von San Teodoro (al Palatino)
(Sie ) erteilen all jenen einen Ablass von 100 Tagen (misericorditer in Domino relaxamus), die die in der Diözese Bamberg gelegene Kirche des heiligen Petrus in Poppenreuth vor den Mauern von Nürnberg (ecclesia sancti Petri in villa Popenrewt extra muros Nurembergenses, Bambergensis diocesis), wie Erasmus Topler, Doktor beider Rechte sowie Propst und Rektor von St. Sebald (Eramsus Topher, utriusque iuris doctor, prepositus et rector sancti Sebaldi Nurembergensis), der dieser Kirche besondere Verehrung zollt, erbeten hat, reumütig und nach Ablegung der Beichte besuchen, und zwar
- am Karfreitag,
- an den Feiertagen des heiligen Erasmus
- und des heiligen Petrus, Patron der genannten Kirche, zu Mariä Himmelfahrt
- sowie am Weihetag der Kirche,
jeweils täglich zwischen der ersten und der zweiten Vesper. Weiters wird all jenen ein Ablass gewährt, die für die bauliche Instandhaltung der Kirche und deren Ausstattung mit liturgischem Gerät aufkommen.
Die illuminierte Ablass-Urkunde zeichnet sich durch eine blüten- und pflanzendominierte Bordüre aus, in der sich lorbeergerahmte Medaillons befinden. Im oberen Seitenrand ist rechts in hochrechteckigem Feld der hl. Petrus als Patron der Empfängerkirche dargestellt; in der Mitte befindet sich die „Vera Ikon“ (= das wahre Antlitz) [5], im rechts danebenliegenden Feld eine im Gebet kniende, rotgewandete, männliche Figur, ein rotes Birett in den Händen, wahrscheinlich eine Anspielung auf den Petenten (= Bittsteller, Antragsteller für die Ausstellung der Pergamenturkunde) Dr. Erasmus Topler. Ganz links befindet sich die historisierte O-Initiale von Oliverius, in deren Binnenfeld die von Engeln in den Himmel erhobene Jungfrau dargestellt ist, sicher eine Referenz an den mit Ablass begabten Festtag Mariä Himmelfahrt. Rote, blaue und goldene Buchstaben bilden den Rest des Namens des Kardinals Oliviero Carafa [6].
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ siehe Ewald Paulus Geschichte der Pfarrei Poppenreuth, 1831, S. 24f
- ↑ “Dem Frommen wird schmackhaft gemacht, gute (immaterielle) Werke zu verrichten sowie (materielle) Güter zugunsten eines Gotteshauses zu stiften und damit für sein Seelenheil zu sorgen.“ - Gabriele Bartz: „Sammelablässe aus Rom und Avignon“ in: „Bilderpracht und Seelenheil – illuminierte Urkunden aus Nürnberger Archiven und Sammlungen“, 2019, S. 45
- ↑ Um an das Pergamentblatt ein anhängendes Siegel befestigen zu können, wird der untere Rand nach vorne gefaltet. Diese Faltung wird als „Plica“ bezeichnet. Siehe „Bilderpracht und Seelenheil – illuminierte Urkunden aus Nürnberger Archiven und Sammlungen“, 2019, S. 219
- ↑ Vgl. „Bilderpracht und Seelenheil – illuminierte Urkunden aus Nürnberger Archiven und Sammlungen“, 2019, S. 220
- ↑ gemeint ist das „wahre Antlitz“ von Jesus Christus, hier gewissermaßen als Christus-Pictogramm wiedergegeben
- ↑ Alle Angaben nach „F5. Kardinalsammelablass für St. Peter in Poppenreuth“ in: „Bilderpracht und Seelenheil – illuminierte Urkunden aus Nürnberger Archiven und Sammlungen“, 2019, S. 194
Weblinks
- BR 24 „Nürnberger Ausstellung: Zeit des Ablasses“ - online
- „Wenn das Archiv digital gegen den Strich gebürstet wird – Erfahrungen eines Kunsthistorikers mit analogen und digitalen Findmitteln“ - online
Bilder
Der LUDOVICUS-Ablass von 1464