Joseph Süß Oppenheimer

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Joseph Süß Oppenheimer

Joseph Ben Issachar Süßkind Oppenheimer (kurz Joseph Süß Oppenheimer, auch diffamierend Jud Süß), (geb. Februar oder März 1698 in Heidelberg; gest. 4. Februar 1738 bei Stuttgart am Galgen), war Finanzberater (Hoffaktor) des Herzogs Karl Alexander von Württemberg.[1]

Leben[Bearbeiten]

Nach dem Tod des Herzogs Karl Alexander wurde er infolge antisemitischer Anschuldigungen ein Opfer des Justiz. Nach einer Haft auf der Festung Hohenneuffen, später auf der Festung Hohenasperg, wurde er am 4. Februar 1738 hingerichtet. Der Leichnam verblieb sechs Jahre in einem zur Schau gestellten Käfig am Galgen hängen und wurde angeblich 1744 verscharrt.

Es hielt sich aber auch eine andere Version, verbreitet durch den Roman von Lion Feuchtwanger "Jud Süß" aus dem Jahr 1925.[2] Fürth wird darin an zwei Stellen markant erwähnt:

"Jud Süß" von Lion Feuchtwanger, 1925
  • Zum einen lässt Feuchtwanger in seinem Roman einen Rabbiner aus Fürth den Herzog fragen: „... Es sagte der Rabbiner von Fürth: "Euer Durchlaucht sind hochberühmt in der ganzen Welt um der Gerechtigkeit willen. Ist es gerecht, dass die Räuber sitzen ringsum in Reutlingen, in Eßlingen und lachen und fressen ihren Raub und dass der Jud, der weniger schuld ist vor dem Gesetz, muss zahlen ihre Zeche? Euer Durchlaucht sind gerecht gegen hoch und nieder, gegen Schwaben und Österreicher, gegen Katholik und Protestant. Seien Sie gerecht auch gegen Ihren Juden.
  • Und zum anderen die Beerdigung im Jüdischen Friedhof in Fürth: Es gelingt den Mördern von Joseph Süß Oppenheimer nicht, seine Leiche als Fraß den Raubvögeln zu überlassen, weil Hausierjuden den Leichnam stehlen, sie mit einem anderem Leiche vertauschen und diese dann mitten im Winter auf einem Karren nach Fürth fahren. „Hier wurde sie gewaschen, in das weiße lange Totenleinen gehüllt und eingesargt. Den Behörden war gemeldet, ein nicht weiter bekannter, auf der Landstraße gestorbener Frankfurter Jude wurde beerdigt.“[3]. Das Begräbnis von Joseph Süß Oppenheimer im Jüdischen Friedhof Fürth erfolgt nach jüdischen Riten: Der Kopf wurde auf ein kleines Häuflein schwarze, krümelnde Erde aus Zion gebettet.

Kritische Einordnung[Bearbeiten]

Ob Joseph Süßkind Oppenheimer auf dem Alten Jüdischen Friedhof in Fürth begraben ist, kann aus heutiger Sicht weder widerlegt noch belegt werden. Die Grabstelle ist heute zumindest nicht nachweisbar. Nach Bombentreffern im Zweiten Weltkrieg wurden Bäume und Grabsteine mit großer Wucht zur Seite geschleudert und in den Bombentrichtern soll sich ein Zinksarg mit einer Mumie aufgetan haben. In diesem Bereich wurde um 1730 beerdigt.[4] Es wäre auch denkbar, dass der Grabstein des Joseph Süßkind Oppenheimer bei der Schändung im Jahr 1751 verlorengegangen ist.[5] Feuchtwangers Vater stammte aus Fürth, auch seine Großeltern lebten hier und sind in Fürth begraben. Lion Feuchtwanger mochten darum Geschichten der alten Jüdischen Gemeinde bekannt gewesen sein.

Als Friedhofsgärtner war Schlomo Grünholz bis 1935 auf dem Alten Jüdischen Friedhof tätig. Noch bis 1933 waren unter der Leitung von Prof. Hugo Heinemann[6] jahrhunderte alte Grabsteine wieder aufgerichtet worden. Zusammen mit Lion Feuchtwanger hatte Grünholz seinerzeit eingehend nach dem Grab von Joseph Süß Oppenheimer geforscht und dieses mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ gefunden.[7]

Auch Oppenheimer sind hier begraben. Und die Fürther Familie Fromm soll mit der Familie des Joseph Süß Oppenheimer verwandt gewesen sein.

Gedenkblatt Joseph Süß, 1738

Das Fürther Gedenkblatt zum Tode Joseph Süß von 1738[Bearbeiten]

Es wurde ein Gedenkblatt zum Tode Joseph Süß Oppenheimers 1738 bei der Fürther Druckerei des Chaim Zwi Hirsch in Auftrag gegeben.[8] "Die Kosten für den Druck kann nur Nathan bezahlt haben."[9] Er war mit dem Schochet Salomon Schächter einen Tag vor der Hinrichtung am 3. Februar 1738 in der Todeszelle bei Joseph Süß Oppenheimer gewesen[10], getraute sich aber nicht als Hoffaktor - also offiziell Zugelassener Geschäfte am Hof zu machen - das Gedenkblatt selbst zu schreiben und beauftragte damit den mitgekommenen Schochet Salomon Schächter.[11] Als Druckerei fand man erst in Fürth mit Chaim Zwi Hirsch in der Schindelgasse 10 eine Werkstatt, die den Mut besaß, das Blatt zu drucken.[12] „Die Gedenkschrift erschien im Untergrund, ohne Angabe des Ortes, der Druckerei, des Autors und des Jahres. Der Fürther Drucker wusste warum, doch er war sich nicht sicher, wie gefährlich die antijüdische Stimmung der Umgebung sei. Zum Glück war er nicht zu ängstlich.“[13] Die Identifikation des Blattes erfolgte über die verzierenden Druckzeichen, die Chaim Zwi Hirsch auch in seinen Gebetbüchern verwendete.[14]

Es ist nicht auszuschließen, dass dieses Gedenkblatt auch an interessierte Menschen verkauft wurde, die Hebräisch lesen konnten. Die Hinrichtung des Hoffaktors Süß Oppenheimer in Stuttgart galt als „herausragendes Medien- und Klatschereignis des Jahres“[15]. Es kamen Übersetzungen in Umlauf, die hochgradig antisemitisch gefärbt waren mit einer Menge bösartiger Fußnoten.[16] Offensichtlich erkannte die jüdische Gemeindeleitung in Fürth die Brisanz, kaufte die gesamte Auflage auf und verbrannte sie, noch ehe sie an die deutschen Gemeinden verschickt worden war.[17] Dies erfuhr sogar der Rabbiner Bernard in Tübingen.[18]
1994 wurde noch ein Exemplar des Gedenkblattes im Ausland gefunden. Das Papier dieses Originals wurde mit der Hand von einer Papierbahn abgerissen, daher mit Abweichungen an den Rändern. Die Maße:

  • Höhe links 28,7 cm
  • Höhe rechts 29,5 cm
  • Breite 18,5 cm[19]

Es handelt sich um ein einseitiges Blatt. Hoffaktor Marx Nathan wollte anscheinend Geld sparen und keinen zweiseitigen Druck finanzieren.

Das Faksimile des Originaldrucks aus Fürth 1738 (רעלאציאן על פטירת יוסף זיס זצל - Relation zum Tod von Joseph Süß = Augenzeugenbericht des Schochets Salomon Schächter) liegt dem „Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer" von Hellmut G. Haasis bei, zudem eine Übersetzung von Yair Mintzker (Princeton University).

Literatur[Bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Zu den Aktivitäten Joseph Süß Oppenheimers als württembergischer Hoffaktor zählten Münzgeschäfte, Lotterie-Unternehmungen, Fouragelieferungen für das Militär, Bank- und Wechselgeschäfte, Handel in Wein, Arzneien, Salz, Pferden, Porzellan, Gemälden, Galanteriewaren und vor allem Juwelen; siehe Heinrich Schnee: "Die Hoffinanz und der moderne Staat", Berlin 1963, 4. Band, Seite 124
  2. Das Lebensschicksal Joseph Süß Oppenheimer diente auch als Vorlage für Wilhelm Hauffs Novelle "Jud Süß" von 1827, 1934 für den Spielfilm von Lothar Mendes und 1940 für den Spielfilm von Veit Harlan, schließlich 2010 als Aufarbeitung des letzteren Werkes: "Film ohne Gewissen" von Oskar Roehler
  3. so Lion Feuchtwanger in seinem Roman „Jud Süss“, zitiert nach Gisela Naomi Blume Der alte jüdische Friedhof in Fürth Seite 30.
  4. Gisela Naomi Blume Der alte jüdische Friedhof in Fürth Seite 31.
  5. ebenda
  6. "Hugo Heinemann hatte im April 1930 den Auftrag erhalten, den alten Jüdischen Friedhof in Fürth zu dokumentieren. Den Anstoß hierzu hatte der Verleger Adolph Simon Ochs zusammen mit dem Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern gegeben, nachdem er 1930 mit einer Delegation seiner New York Times nach Fürth gekommen war, um die Gräber seiner Vorfahren zu besuchen." Siehe Julia Haarmann: „Hüter der Tradition: Erinnerung und Identität im Selbstzeugnis des Pinchas Katzenellenbogen (1691 – 1767), 2013, Seite 60, Fußnote 159 mit Bezug auf Gisela Naomi Blume Der alte jüdische Friedhof in Fürth Seite 23 und 46.
  7. siehe Schlomo Grünholz: „Das Grab des Jud Süss“ in: Nachrichten für den Jüdischen Bürger Fürths von 1960, S. 13f.
  8. siehe auch Leopold Löwenstein: Zur Geschichte der Juden in Fürth, III. Teil, Seite 31
  9. siehe Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 111. Es handelte sich um Hoffaktor Marx Nathan, alias Mordechai Schloß.
  10. Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 110
  11. ebenda
  12. "Somit kann Chaim Zwi Hirsch als erster jüdischer Verleger Stuttgarts gelten." So Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 111.
  13. Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 112.
  14. ebenda
  15. ebenda
  16. ebenda
  17. Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 113
  18. ebenda
  19. Hellmut G. Haasis: „Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 114

Bilder[Bearbeiten]