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VII. Schulen, integrativer Kindergarten und Wohnheim 1. Die neue Sonderschule 1973 und 1974 stiegen kontinuierlich die Besuchszahlen der Sonderschule. Im September 1973 waren 54 Knaben und 32 Mädchen an der Schule, im September 1974 schon 60 Knaben und 34 Mädchen, im September 1975 64 Knaben und 38 Mädchen, also insgesamt 104 Schüler 1974 schuf die Lebenshilfe die Frühbetreuung: Erfahrene Erzieherinnen besuchten Eltern in ihren Wohnungen, um sie im Umgang mit behinderten Säuglingen und Kleinkindern zu unterstützen. Im September 1974 kam Peter Pschörer als Leiter der Sonderschule zur Lebenshilfe. Ende 1974 machte die „Aktion Kleeblatt“ mit der siebenjährigen Sabine Wenzel Furore. Sie startete eine Sammelaktion für die Aktion Sorgenkind und trat mit ihrer Aktion sogar in der damals allwöchentlichen Sendung der Aktion Sorgenkind im ZDF auf. Da der Freistaat 1975 eine Million Mark für den Bau der Sonderschule freigab, konnte am 4. Juni 1975 mit dem Schulhausneubau begonnen werden. Die GesamtNutzfläche war auf 3.160 Quadratmetern, die Kosten auf 5,5 Millionen projektiert. Im Kellergeschoß waren eine rund 100 Quadratmeter große Turnhalle und ein therapeutisches Bad mit einer Beckengröße von viereinhalb mal sechs Meter vorgesehen. Die bestehende Sonderschule bekam 1975 mehrfach Besuch von Hauptschülern, die Begegnungen mit behinderten Kindern suchten. Die Oberstufe nahm sogar an einem Ausflug der Fürther Schulen nach Kelheim teil, es ergaben sich dabei keinerlei Probleme. Seit Schuljahresanfang 1975/76 war der Schule eine „Berufsschule für geistig Behinderte“ mit einer Klasse angegliedert. Die Klasse setzte sich aus Jugendlichen zusammen, die in der Werkstatt arbeiteten und ein Abschlusszeugnis der Sonderschule vorweisen konnten. Der Unterricht fand zweimal wöchentlich vormittags mit je vier Stunden statt. Zum Abschluss des Schuljahres feierte die Lebenshilfe das schon traditionelle große Kinderfest. Das Weihnachtsfest 1975 wurde von Eltern eines amerikanischen Schülers der Sonderschule organisiert, jedes Kind bekam ein Geschenk von einem „amerikanischen Weihnachtsmann“. Am 14. Oktober 1976 konnte das Richtfest für die private Sondervolksschule und die schulvorbereitende Einrichtung gefeiert werden. Zum Richtfest erschienen zahlreiche Ehrengäste aus dem Bayerischen Landtag, dem Bundestag und aus den kommunalen Gremien. Wie schon 1975 wurden auch 1976 Konfirmation und Kommunion der Lebenshilfe-Kinder in gesonderten Veranstaltungen organisiert, wiederum nahm eine Oberstufenklasse am Ausflug der Fürther Schulen teil. Die Schlussfeiern der Sonderschule entwickelten sich zum Ereignis, so dass 1976 die Fürther Nachrichten hierüber berichteten. Im November 1976 startete im Landkreis Fürth eine Spendenaktion für den Sonderschulneubau, dessen Kosten auf 5,1 Millionen Mark veranschlagt waren, das Kapitaldefizit der Lebenshilfe betrug noch etwa 100.000 Mark. Im September 1976 erweiterte sich die Berufsschule für geistig behinderte Menschen auf drei Klassen. 1976 wurde in der

Dr. Mack Straße eine Villa angemietet, da das bestehende Wohnheim zu klein wurde. In der Villa waren 12 Bewohner untergebracht. Zu Weihnachten 1976 besuchten 40 Auszubildende der Schickedanz-Kleiderfabrik die 110 behinderten Kinder der Sonder- und Vorschule und betätigten sich als singende, spielende und geschenkfreudige Weihnachtsboten. Zunehmende Umzugsstimmung bemächtigte sich im Jahr 1977 der Helfer und Betreuten der Lebenshilfe. Schon ab Mai wurden die Vorschüler im Neubau an der Aldringerstraße untergebracht, die bisher in einem Anwesen an der Dr. Mack Straße beaufsichtigt wurden. Schon Anfang 1977 wurde das Gebäude in der Weiherhofer Straße geräumt und die Klassen in der Aldringerstraße untergebracht; im Gegenzug zogen die Wohnheim-Bewohner aus dem alten Anwesen in der Aldringerstraße in ein ehemaliges Lehrlingswohnheim in der Friedrich-Ebert-Straße 51, das vom Diakonischen Werk angemietet und trotz gewisser Mängel - kein Aufzug, relativ wenige Einzelzimmer und ausschließlich Gemeinschaftssanitäreinrichtungen - ca. 40 Menschen mit Behinderungen à fünf Gruppen lange Jahre zur Heimat wurde. Den genannten Nachteilen standen verschiedene Vorteile gegenüber: Zunächst war das Haus nicht „geschlossen“ und lag inmitten einer Wohngegend; der damalige Heimleiter Ulrich Steiner formulierte dies damals so: „Die hier wohnenden Behinderten sind begrenzt gesellschaftsfähig, weshalb sie nach außen können und sollen“. Kontakte und Freundschaften mit Außenstehenden schienen möglich.

Keine Studenten-WG, sondern der Gemeinschaftsraum des Wohnheims in der Friedrich-Ebert-Straße um 1980. (Foto: Lebenshilfe).

Anfangs wohnten zehn behinderte Menschen hier, im März 1979 waren es schon 24 (16 Männer und acht Frauen). Die Kapazität des Hauses war auf 48 Bewohner ausgelegt. Die Bewohner waren in Gruppen zusammengefasst, zu jeder Gruppe gehörten eine Teeküche, ein Speiseraum und ein Gruppenleiter, der im gleichen Stockwerk bei seiner Gruppe wohnte. Träger des Wohnheims war eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die „Behinderten-Wohnheim Fürth GmbH“, die eine Einrichtung der Lebenshilfe war. Der Betrieb brachte der Lebenshilfe zwar ein weiteres Defizit, doch war es ihr wichtig, den geistig behinderten Menschen ein möglichst „normalhäusliches“ Leben führen zu lassen.

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