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dass mehrfach die Auffassung zu finden ist, dass das flächensanierte Gänsbergviertel in eine frühe Siedlungsentwicklung einbezogen werden muss. Unterstellt man trotzdem dieser räumlichen Distanz einen entwicklungshistorischen Vorgang, ließe sich daraus die Formel ableiten: Wenn es ein älteres Fürth gegeben hat, war der Bereich zwischen Marktund Helmplatz mit ziemlicher Sicherheit die in ottonischer Zeit angebaute „Neustadt“ von Fürth mit Marktplatz, Kirche und einer nach Nürnberg orientierten Siedlungsentwicklung entlang von Gustavund Helmstraße. Eine gleitende Siedlungsausdehnung scheint es nicht gegeben zu haben. Bleibt die Frage: hat es den postulierten älteren Siedlungsbereich tatsächlich gegeben und hat dieser eine eigene Pfarrkirche mit Martinspatozinium gehabt? Die kirchengeschichtlichen Verhältnisse

Soweit uns die historischen Quellen unterrichten, lässt sich die frühe Kirchengeschichte Fürths ab der Schenkung Heinrichs II. an die Kanoniker der Bamberger Domkirche im Jahr 1007 gut beschreiben. Archäologische Funde gehen ebenfalls nicht weit über diesen Zeitraum zurück (Funde an der Pfarrscheune von 1999). Über 250 Jahre haben diese Kanoniker die Kirche in Fürth besetzt und alle kirchlichen Rechte

Altstadtverein Fürth

und Pflichten für das Domkapitel wahrgenommen. Im Laufe der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts sind dann aber Verhältnisse eingetreten, welche die Autorität der Pfarrkirche in Fürth in Frage gestellt haben. Jedenfalls lässt sich der aus Adelskreisen entstammende Domkanoniker Lupold von Grindelach (Gründlach) von Papst Alexander IV. – nicht vom Bamberger Bischof – am 13. November 1258 in einer Bulle als Pfarrer von Fürth bestätigen. Ebenfalls wird darin betont, dass die Nürnberger St. Lorenzkapelle eine Filialkirche der Fürther Pfarrkirche ist. Die entwicklungsgeschichtlichen Kräfte, die zu dieser Zeit im Bamberger Kirchenwesen zugange waren, sind uns leider nicht bekannt. Lupold von Grindelach hat seine Karriere aber direkt am Bischofssitz Bamberg weiter verfolgt und wurde sogar Bischof. Seinen Nachfolger in Fürth kennen wir nicht. 1310 wird dann von einer Mehrzahl von Pfarrkirchen in Nürnberg gesprochen, worunter nur St. Sebald und St. Lorenz zu verstehen sind. St. Lorenz ist also zwischenzeitlich – etwa nach dem Tode von Grindelachs

1301/03? – selbstständige Pfarrkirche geworden. Am 17. Mai 1315 erscheint dann in einer Schenkungsurkunde der bischöfliche Kaplan, Magister Ulrich, als Pfarrer von St. Lorenz neben dem Vikar Ulrich aus Fürth in einer übergeordneten Position. Verwirrend scheint mir hier, dass beide den gleiche Namen tragen. Durch ihre unterschiedlichen Positionen wird aber deutlich, dass es sich um zwei Personen gehandelt haben muss. Das Martinspatrozinium als älteres Patrozinium der Pfarrkirche von Fürth wird in einer Urkunde Papst Johannes XXII. vom 19. Dezember 1323 deutlich, in der sich Ulricus Centgräf ähnlich wie der Vorgänger Lupold von Grindelach als Pfarrer von St. Martin in Fürth bestätigen lässt. Es bleibt unklar, ob dieser Ulricus Centgräf identisch ist mit dem Vikar Ulrich von 1315. Wenn es so ist, hat er sich ähnlich wie Lupold von Grindelach für die alten Pfarrrechte in Fürth stark gemacht, nachdem er in die entsprechende Position aufgestiegen war. Es verwundert daher schon sehr, dass er in der Abtrennungsurkunde der Burgfarrnba-

cher Johanneskirche von der Mutterkirche St. Martin in Fürth am 29. Mai 1349 namentlich nicht in Erscheinung tritt – die Entscheidungskräfte für diesen Vorgang offensichtlich woanders zu suchen sind, obwohl er in einem anderen kirchlichen Rechtsgeschäft von 1365 wieder genannt wird. Als wahrer Rektor der Mutterkirche tritt der Pfarrer von St. Lorenz in Nürnberg, der bischöfliche Notar Conrad, in Erscheinung und natürlich der Initiator der ganzen Angelegenheit, der Burgfarrnbacher Schutzherr Rappoto von Külsheim mit seiner Ehefrau als Fürsprecher der Einwohner von Ober- (= Burg-) und Unterfarrnbach, Bernbach, Hiltmannsdorf, Ober- und Unterfürberg sowie Atzenhof. Wichtig an der Abtrennungsurkunde von 1349 ist, dass das Patrozinium des Erzengels Michael in Fürth erstmals erwähnt wird und die Pfarrei um die genannten Ortschaften ärmer wurde – sich also nach der Unierung und daraus folgenden Abtrennung von St. Lorenz nochmals wesentlich verändert hat. Daneben solle an den Fest➢ Seite 36

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