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Altstadtverein Fürth �

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(Altstadtbläddla Nr. 43, 2009/10, ab S. 22), vollkommen ungeklärt bleibt aber die Frage, ob das allein aufgrund der geographischen Ausrichtung überhaupt eine Kapelle gewesen sein kann. Der Platz schien aber nach durchgeführten Grabungen im Jahr 1843 der einzig richtige gewesen zu sein, weil Gebäudereste nachweisbar waren. Es spielte bei den Überlegungen zur Errichtung des Denkmals offensichtlich keine Rolle, ob die entdeckten Mauerreste tatsächlich zu einer Kapelle gehört haben und welcher Wahrheitsgehalt hinter dem Mythos von Karls Kapellenstiftung steckte, denn der Standort war ja anscheinend „wiedergefunden“ und die damit verbundene historische Interpretation von vorausgehender „Expertenmeinung“ festgelegt. Verfolgt man die geschichtliche Recherche im Fürther Tagblatt Nr. 218 vom 12. September1855, erfährt man eine ganze Reihe an Argumenten, die den Gedenkstein erforderlich gemacht zu haben scheinen. Der eigentliche Anlass war aber von oben vorgegeben, um „ einem Allerhöchsten Befehle Sr. Majestät des Königs, historisch merkwürdige Orte mit Gedenktafeln oder Steinen der Nachwelt zu bezeichnen, zu entsprechen“. Ob die Errichtung im Zusammenhang zu sehen ist mit den Feierlichkeiten zum Namenstag der Bayerischen Königin Marie, die am 8. September 1855 in Fürth mit den städtischen Honoratioren, Blasmusik und Feuerwerk begangen wur28

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den, geht aus dem Zeitungsartikel leider nicht hervor. Dort heißt es am 12. September lapidar: „Vor einigen Tagen wurde an der Stelle, wo einst die St. Martinskapelle stand, ein Gedenkstein errichtet“. Fürth hatte anscheinend seinen eigenen „historischen“ Ausgangspunkt gefunden, den es aufgrund allerhöchsten Befehls zu markieren und zu würdigen galt. Immerhin hätte man den durch den Abriss der Heiliggrabkapelle 1812 aufgebrachten König mit einem entsprechenden Denkmal-Substitut wieder besänftigen können. 2015 steht es einhundertsechzig Jahre an dieser Stelle – ausgenommen der Jahre nach seiner Zerstörung. Ungeklärt bleibt aber nach wie vor die Frage, ob an der ausgewählten Stelle die sagenhafte Kapelle tatsächlich auch gestanden hat.

Die Fakten im Einzelnen 1592 bis 1597

Als der Syndikus des Nürnberger Rats Johannes Müllner zwischen 1592 und 1597 in den Aufzeichnungen für seine Annalen der Stadt Nürnberg festhielt, dass in den Fürther Wiesen „noch ein altes Gemäuer von einer Kapell vorhanden“ sei, spielte er auf die Anfänge der Ortsgeschichte an. Er mutmaßte, dass die alten Mauerreste als Beleg anzusehen seien, dass die Siedlung aus der Wiese in den heutigen Bereich des Altstadtviertels St. Michael verlegt worden wäre. Er wusste weder etwas über Karl den Großen noch vom Patrozinium des heiligen Mar-

tin. Allerdings schien seine Bezugsquelle, wenn es eine gegeben hat, schon damals in Fürth davon überzeugt gewesen zu sein, dass die sichtbaren Überreste einmal zu einer Kapelle gehört hätten. Aufgrund welcher Fakten diese Erkenntnis gewonnen war, geht aus Müllners Text leider nicht hervor. Es bleibt daher unbekannt, ob Müllner uraltes Wissen protokolliert oder nur eine Begründung für seine Siedlungsverlagerung gesucht hat, denn die Verlegung des Kirchenstandortes als Siedlungsmittelpunkt war stichhaltiger zu bewerten als die Auflassung irgendwelcher Gebäude. Nach seinen Quellen hat niemand gefragt. Damit entschwindet die Berichterstattung um die Kapelle des Wiesengrundes im Nebel der historischen Überlieferungen und der zeitlichen Tiefe. Alle früheren Urkunden des 15. und 16. Jahrhunderts bezeugen zwar ein Martinpatrozinium, sagen aber nichts über den Standort der Kirche oder Kapelle aus sondern nur über den einer zugehörigen Wiese. Allerdings ist dabei von einem der Lage nach bekannten „sannd Merteins kirchoff zu Furt“ (1460) die Rede, den man aber in der Umgebung des Denkmals mit der geophysikalischen Methode vergeblich sucht. Da dieselbe Redewendung über diese Wiese (ein Tagwerk groß) hinter dem Friedhof in den kirchlichen Urkunden bis 1723 verfolgt werden kann, im frühen 18. Jahrhundert der Friedhof Fürths eindeutig auf dem Kirchenplatz um St. Michael angelegt

war und seit dem frühen Mittelalter die Grabstätten immer um die Kirche angesiedelt waren, wird man St. Martin irgendwo auf dem Kirchenplatz suchen müssen. Obwohl das Alter des Friedhofs auf dem Kirchenplatz nicht bekannt ist, sollte man es aber spätestens mit der Erbauung der Michaelskirche im 11./12 Jahrhundert (Schwammberger) annehmen dürfen und von zwei gleichzeitigen Friedhöfen in der Wiese und auf dem Kirchenplatz vom 11. – 14. Jahrhundert ist nichts bekannt. 1623 bis 1624

Müllner hat seine Annalen für den Rat 1623 fertiggestellt und ein Jahr später kann man auf dem von Andreas Albrecht dargestellten „Lauf der Pegnitz“ schemenhaft erkennen, wovon Müllner bei seiner Schilderung gesprochen haben könnte (Abb.  3, schwarzer Pfeil). Links der Rednitz befindet sich neben der zweiten Rednitzinsel nördlich der Brücke, über die die Straße nach Frankfurt verlief, eine Gebäuderuine von beträchtlichen Ausmaß. Zu sehen ist eine vom restlichen Gebäudeteil abgesetzte Giebelwand eines eingeschossigen Bauwerks mit einer Luke im Giebeldreieck sowie eine Traufseite mit zwei Fenstern. Umringt ist das Ganze von Buschwerk und kleinen Bäumen. Im Vergleich mit den Gebäuden in der als „Der Flecken Fürth“ bezeichneten Siedlung findet sich nur ein Bauwerk in vergleichbarer Größe. Es wird durch separate Beschrif-