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Altstadtverein Fürth �

ren „Burgfrieden“ schlossen, spaltete sich die sozialdemokratische Bewegung in verschiedene Strömungen auf, so z. B. in die oben beschriebene USPD oder aber in die anarcho-syndikalistischen Bewegung mit fast 150.000 Mitgliedern. Fritz Oerter, der in der Unteren Fischergasse 13 bis zu seinem Lebensende wohnte, hat-

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te gleichzeitig eine Buchhandlung und Leihbücherei in der Pfarrgasse/Ecke Obere Fischerstraße 3. Die anarchistische Bewegung, die den größten Teil seines politischen Handelns ausmachte, spiegelte sich im Wesentlichen in seiner Korrespondenz und den Publikationen wieder. In Fürth selbst konnte sich neben den anfänglichen Aktivitäten einer Soldaten- und Räterepublik im April 1919, kaum Mitstreiter des anarcho-syndikalistischen Bewegung finden. Zwar gab es in Fürth ebenfalls eine aktive sozialdemokratische Bewe-

Pfarrgasse, Buchhand­ lung und Leih­ bücherei von Fritz Oerter

gung, incl. deren Strömungen und G egen s t römu ngen wie die USPD oder KPD, dieser Stand Oerter aber eher skeptisch gegenüber. Seine eigentliche finanzielle Einnahmequelle bestritt Oerter als Journalist und Autor zahlreicher Publikationen und Zeichnungen, so z. B. der Zeitung „Der Syndikalist“ – einer wöchentlich erscheinenden Zeitschrift mit einer Auflage in den 1920er Jahren von bis zu 120.000 Exemplaren. Neben Oerter, der einer der hauptverantwortlichen Redakteure der Zeitschrift war, schrieben fast alle international bekannten Anarchisten in der Zeitschrift, so dass Oerter politisch und gesellschaftlich in der ersten Liga mitspielte, auch wenn es ihm finanziell keine größeren Vorteile verschaffte. Bis zu seinem Lebensende blieb Oerter stets knapp bei Kasse.

Tagebücher 1914/1932

Einen kleinen Einblick in die Denkweise, dem Alltag Oerters und der Stadtgeschichte bieten die nun aufgetauchten Tagebücher, die der Enkel Alfred Hierer vor Kurzem dem Stadtarchiv für die Nachwelt übergeben hat. Leider sind nur die Jahrgän14

ge 1914 und 1932 in Tagebuchform erhalten, ob es weitere Tagebücher gab, ist zumindest dem Enkel Hierer nicht bekannt. Die kleinen Oktavhefte, in denen Oerter in altdeutscher Schrift zum Teil kaum leserlich seine Eindrücke festgehalten hat, stellen jeweils eine Momentaufnahme der Geschehnisse vor den beiden Weltkriegen dar bzw. sind Schlaglichter einer durch große Umbrüche sich ändernden Gesellschaft. Doch seine Tagebücher sind ein deutlicher Beleg dafür, dass die Erkenntnis eines jeweiligen Umbruchs durchaus im Vorfeld erkennbar war. Oerter trat hier klar als ein genauer Analyst der jeweiligen politischen Situation in Erscheinung – und konnte bereits in vielen Fällen schon sehr frühzei-