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Liebe Freunde und -innen. Ich halte es für angebracht, mich mit einem Vorschlag an euch zu wenden. Geht es euch nicht genauso wie mir? Ständig werden wir von den Lehrern tyrannisiert, unterdrückt, verachtet, terrorisiert, in unserer Würde herabgesetzt, ungerecht behandelt, wir sollen ständig zuerät grüßen, sollen nicht abschrei­ ben oder gar bei Schulaufgaben spicken. Ist das ein ertragbarer Zu­ stand? Hoch jetzt klingen mir die Parolen der Lehrerschaft in den Ohren: "wir sprechen uns am 2o. Juli$!" oder "wir sitzen doch am län­ geren Hebel!" Nein Freunde, wir leben in einer Demokratie. Deshalb fordere ich Reformen, die das Klima Schüler-Lehrer verbessern. Unser Ziel wird die ewige Gleichstellung Schüler-Lehrer sein. Dann werden wir ja sehen, wer wen zuerst grüßt, wer wem die Türe hält und wer die Schulaufgabentermine bestimmt. Darum Brüder und Schwestern aller Klassen— vereinigt euch. Nur in der Masse sind wir stark, um den Wis­ sensproporz zu erledigen. Ich schlage daher eine straff durchorganisierte Schülergewerk­ schaft vor, unterteilt in drei Hauptgruppen: Unterstufe (blaues Hals­ tuch), Mittelstufe (gelbes Halstuch) und Oberstufe (rotes Halstuch) Jede Stufe stellt einen Gangoberst. Jede Klasse wählt einen Gruppen­ führer und drei Untergruppenführer. Gangoberst, Gruppenführer und Untergruppenführer bilden den Generalstab. Was nützt es uns, wenn wir Provokationen verursachen, passiven Widerstand walten lassen oder gar zu Hause mit der Faust drohen. Nein Freunde, laßt es mir euch sa­ gen: laßt Taten sprechen. Laßt uns das Joch, das uns unsere Peiniger auferlegt haben, gemeinsam abschütteln. Laßt unsere geballte Faust auf sie heruntersausen. Wir wollen unser Ziel, die Gleichstellung, durch großangelegte Aktionen erreichen. Im ganzen Knoblauchsgau sol­ len sie von unserer Tapferkeit, unserem zähen Widerstand und unserer Windhundschnelligkeit sprechen. __ Die erste Aktion wird wie folgt ablaufen: Treffpunkt der Reaktionä­ re am Tag X um 8 Uhr vor der Schule. Bewaffnung: leichte bis mittel­ schwere Knüppel. Diese werden jedoch erst unmittelbar vor der Aktion ausgegeben, um keine Zivilisten zu gefährden. Die Welt soll ein zwei­ tes Pearl Uarbour erleben. Um 8.15 Uhr dann Sturm der Bastille. Der Lehrkörper wird gestellt und ohne Gewaltanwendung (Beherrschung!) während der Aktion im städtischen Brause- und Wannenbad gegenüber der Schule inhaftiert. Die Unterstufe räumt das Schulaufgabenlager im Keller aus und wirft die Schulaufgaben bis Jahrgang 19^6 in einer Kette transportierend schließlich in der Mitte des Schulhofes auf ei­ nen Haufen. In der Zwischenzeit flattern aus den Fenstern des Direk­ torats die ersten Schülerbögen. Das ist die Arbeit der Oberstufe. Mit­ telstufe hat hier nur die Aufgabe zu jubeln, die Presse zurückzudrän­ gen sowie die Wache für das Brausebad zu stellen. Dann werden die Flammen lodern. Wir selbst werden uns mit verklärten Zügen die Knüppel reichen und feierlich das Lied von der roten Fahne anstimmen. Es wird

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ein erregender Augenblick in unserem Leben sein. Unsere Halstücher wer­ den im Winde wehen, der Blick starr nach vorne gerichtet. Herrlich, die­ se verkohlten Notenbögen. Es werden Sprechchöre aufflammen wie "Freiheit" "Emanzipation" und "knüppelt sie nieder". Damit ist die eigentliche A k ­ tion beendet. Die Pause von 9-1o Uhr (wie es auch zu unseren Forderungen für den Schulalltag gehört) dient der Besinnung und dem Genuß der inneren Befriedigung. Unter dem Motto "heute bleibt die Schule kalt, wir gehen in... trennen wir uns dann, um uns auf die zukünftigen Aufgaben vorzu­ bereiten. Freunde, ich bedanke mich für euer Vertrauen. Der genaue Termin der ersten Aktion wird euch durch die Gruppenführer noch rechtzeitig bekannt­ gegeben. Die Zeit ist reif! p . S .:1) Es werden noch Konstrukteure zum Bau einer Guillotine gesucht. 2) Die reaktionären Kreise des HG's werden gebeten, sich bereits

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Fürth, Schwabocher Straße 58

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