Senta Josephtal

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Senta Josephtal (auch Senetta Yoseftal, geb. 5. Dezember 1912 in Fürth als Senta Punfud; gest. 26. Juli 2007 in Israel) war vermutlich in Israel die bekannteste deutsche Jüdin, wohingegen in Fürth/Franken sie kaum jemand kannte. Sie spielte beim politischen und wirtschaftlichen Aufbau des Staates Israel eine bedeutende Rolle.

Leben und Wirken[Bearbeiten]

Senta Punfud - spätere Josephtal - kommt 1912 als Tochter einer gutbürgerlichen Familie in Fürth auf die Welt. Der Vater war Teilhaber einer Fahrradfabrik. In einem späteren Interview beschrieb sie ihre Kindheit in Fürth wie folgt: "Meine Eltern besuchten die größte orthodoxe Synagoge, mein Vater ging jeden Freitagabend, meine Mutter nur an den Feiertagen, aber wir Kinder mussten natürlich immer mit. Als ich dann größer und selbstständiger war, ging ich dann nicht mehr hin."[1] Josephtal ist jedoch Mitglied in der zionistischen Bewegung und wird in dieser Zeit bayerische Jugendmeisterin im Tennis. Als aktives Mitglied der zionistischen Jugendbewegung wird ihr - nach eigenen Erzählungen - schnell klar, dass ihre Zukunft nicht in Fürth/Franken liegt, sondern in Palästina. Nach eigenen Angaben sind insbesondere zwei Ereignisse prägend gewesen: Im Goethejahr 1932 wird sie von der Klasse ausgewählt, bei der Abschlussfeier am Nürnberger Mädchenlyzeum ein Gedicht zu rezitieren. Der Schulleiter lässt es aus Furcht vor Elternprotesten nicht zu. Kurze Zeit später beginnt sie an der Erlanger Uni, mit protestantischen Kommilitonen Hebräisch zu lernen: »Die waren alle so antisemitisch, dass man sich das gar nicht vorstellen konnte. Da standen breite Bänke, an denen wir zu dritt sitzen sollten. Ich saß immer allein, denn niemand war bereit, mit mir eine Bank zu teilen.« Vielleicht, so überlegt die Seniorin sarkastisch, war der frühe Antisemitismus in Franken ja auch ein Glück, denn deshalb seien viele noch rechtzeitig ausgewandert.

Emigration[Bearbeiten]

Senta und Georg Josephtal, 1954

Vor der Emigration heiratete sie 1936 den in Nürnberg geborenen Georg Josephthal (9. August 1912 – 23. August 1962), den sie in der zionistischen Jugendbewegung kennen gelernt hatte.[2] Gemeinsam mit ihrem Mann arbeitete sie im Untergrund für die zionistische paramilitärische Untergrundorganisation Hagana in Palästina. Ihre Aufgabe war die Geldbeschaffung für Waffen, um sich gegen arabische Angriffe in den 1930er Jahren zu verteidigen. Dabei sammelte die Familie Josephtal Schwarzgeld bei deutschen Juden. Das Geld wurde zur Hälfte in Palästina ausgezahlt, mit der anderen Hälfte wurden Waffen in der Tschechoslowakei gekauft und über Hamburg per Schiff in Zementfässern ausgeschmuggelt nach Palästina. Den Kauf der Waffen wickelte der spätere Befreiungskrieg-Kommandant von Jerusalem David Scheatil ab. Als der Schmuggel auffliegt, muss die Familie Josephtal Hals über Kopf und auf vielen Umwegen nach Palästina flüchten. Im September 1938 kamen sie schließlich - noch vor der Reichspogromnacht am 9. November 1938 - in Haifa (Palästina) an und wurden in einem Kibbuz aufgenommen. Die Reichspogromnacht verfolgte Senta Josephtal im Radio und schildert ihre ersten Eindrücke in einem Interview gegenüber Peter Zinke: »Das ist mit Sicherheit Gräuelpropaganda. Wir kennen die Deutschen. Die machen zwar die schrecklichsten Gesetze, aber auf der Straße Schaufenster einschlagen, Bücher verbrennen oder Menschen verprügeln, das machen die Deutschen nicht.«, so ihre Analyse zur großen Verwunderung der Umstehenden.[3]

Im Jahr 1945 erfolgte sehr zum Unwillen jüdischer Führungskader in Palästina die Gründung des Kibbuz Gal'ed, der sich nur aus Mitgliedern der deutschen zionistischen Jugendbewegung zusammensetzte. Insbesondere die deutsche Zusammensetzung stieß bei den polnischen und russischen Emigranten auf großen Widerstand. Senta Josephtal ließ sich davon nicht beirren und versuchte in jahrelanger Schwerstarbeit mit den Kibbuzbewohnern aus dem steinigen Boden einen landwirtschaftlichen Ertrag zu erringen - nach eigenen Angaben allerdings nur mit mäßigem Erfolg.

Senta Josephtal tritt Mitte der 1950er Jahre in die Mapai-Partei (eine marxistisch-zionistische Arbeiterpartei) ein und zieht als erste deutsche Jüdin in die dritte Knesset ein: "Da waren all diese Großen vertreten, Ben Gurion, Moshe Sharett und wie sie alle hießen".[4] Der Staatsgründer David Ben Gurion soll sie angeblich gegen ihren Willen auf einen aussichtsreichen Platz gesetzt haben mit der Begründung, sie sei eine "Deutsche", eine Frau und noch dazu eine Vertreterin der Kibbuzbewegung. Bereits ein Jahr später wird Josephtal vom damaligen Finanzminister Levi Eshkol als Vertreterin des neu gegründeten Staates Isreal auf die Länderkonferenz zur Wiedergutmachung und Entschädigungszahlungen an Holocaust-Opfern nach Frankfurt geschickt. Diese "Wiedergutmachungszahlungen", die unter Mitwirkung von Senta Josephtal ausgehandelt wurden, ermöglichten dem Staat Israel den weiteren Aufbau des Landes. Josephtal selbst zieht sich nach nur 14 Monaten Knesset-Mitgliedschaft wieder aus der Politik zurück, da sie sich selbst dort für überflüssig hielt: "Die haben stundenlange Reden gehalten. Ich war praktische Angelegenheiten gewohnt und fühlte mich hier überflüssig."[5]

Im Anschluss an die Knesset erhielt sie von der Gewerkschaft eine Stelle zur Eingliederung der Neueinwanderer aus arabischen und afrikanischen Ländern. Ihr Mann Georg Josephtal macht dagegen politische Karriere und wird Arbeits- und Wohnungsbauminister (1959 - 1962) in Israel. Am 23. August 1962 wird seine Karriere jäh beendet, er verstirbt unerwartet in seinem Büro.[6]

Senta Josephtal kam am 1. September 1976 erneut in die Knesset. Sie kam als Nachrückerin für den am 1. September 1976 verstorbenen Zvi Guershoni in die achte Knesset. Mit der Neuwahl 1977 ließ sich Senta Josephtal nicht mehr für ein Amt aufstellen, so dass ihr Amt am 13. Juni 1977 in der Knesset endete.[7]

Bis zu ihrem Tod am 26. Juli 2007 lebte sie in dem von ihr gegründeten Kibbuz Gal'ed in einem einheitlich weißen Steinhaus auf nur 40 qm. Als strenge Verfechterin der Kibbuzidee waren ihr vermeintliche Privilegien verhasst. Nach ihrer politischen Karriere arbeitete sie viele Jahre in einem Kibbuzbetrieb an einer Stanzmaschine für Toilettensitze. Peter Zinke beschreibt in dem Interview, dass er mit ihr im 90. Lebensjahr in Israel geführt hat: "Ihr langes Leben bringt sie auf einen Punkt: »Ich hatte das Privileg, aus nichts meine Heimat aufzubauen«."[8]

Politische Ämter und Funktionen[Bearbeiten]

  • Mitglied der 3. Knesset vom 15. August 1955 bis 24. Oktober 1956
  • Mitglied der Direktion der Vereinten Kibbuz Fond, 1953 - 1955
  • Mitglied des Organisationskomitees der Histadrut, 1956 - 1960
  • Direktor der Wirtschaftsabteilung der Vereinten Kibbuz, 1960 - 1962
  • Generalsekretär der Vereinten Kibbuz, 1962 - 1965 und 1967 - 1970
  • Gründer und Direktor der Abteilung für Absorption und Entwicklung
  • Vorsitzende Mekorot Water Company, 1970 - 1972
  • Direktor der Wirtschaftsabteilung des Landwirtschaftsverbandes, 1974 - 1979
  • Mitglied der 8. Knesset vom 1. September 1976 bis 13. Juni 1977
  • Mitglied des Sekretariats und Zentralkomitees der Vereinigten Kibbuzbewegung und Mitglied des Zentralkomitees der Arbeiterpartei

Auszeichungen[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Peter Zinke: Sonntagsblatt-Bayern, Evang. Wochenzeitung für Bayern, Ausgabe 1-5.1.2003, Von Fürth in die Knesset
  2. Renate Trautwein: Senta Josephtal, in: Bedeutende Fürther Frauen. Fürth, 2009 - S. 9
  3. Peter Zinke: Sonntagsblatt-Bayern, Evang. Wochenzeitung für Bayern, Ausgabe 1-5.1.2003, Von Fürth in die Knesset
  4. Peter Zinke: Sonntagsblatt-Bayern, Evang. Wochenzeitung für Bayern, Ausgabe 1-5.1.2003, Von Fürth in die Knesset
  5. Peter Zinke: Sonntagsblatt-Bayern, Evang. Wochenzeitung für Bayern, Ausgabe 1-5.1.2003, Von Fürth in die Knesset
  6. Wikipedia: Giora Yoseftal. Online abgerufen am 24. November 2015 | 0:37 Uhr - Englische Ausgabe
  7. Wikipedia: Zvi Guershoni Online abgerufen am 24. November 2015 | 00:37 Uhr - Englische Ausgabe
  8. Peter Zinke: Sonntagsblatt-Bayern, Evang. Wochenzeitung für Bayern, Ausgabe 1-5.1.2003, Von Fürth in die Knesset

Bilder[Bearbeiten]