Vakanz auf der Stelle des Oberrabbiners 1819 - 1831

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Nach dem Tode Meschullam Salman Kohns, am 17. Dezember 1819 begann die Vakanz auf der Stelle des Oberrabbiners in Fürth.

Im Jahr 1820 hatte die Gemeinde Fürth noch 1 Ober- und 5 Unter-Rabbiner, und nachdem bereits hievon bis 1828 zwei Unter-Rabbiner, im März 1829 ein weiterer Josua Moses Falkenauer gestorben waren, so blieben bis zum Juni nur noch 2, der 77jährige Lippmann Herz Gerau, der 59jährige Juda Löb Halberstätter, beide in allgemeiner wissenschaftlicher Bildung und Kenntniß des Talmuds ihrer Stelle nicht entsprechend; Gerau starb am 22. Juni 1829, am 14. April 1831 folgte ihm Halberstätter.[1]

Die am 11. Februar 1821 vorgenommene Wahl eines Ober-Rabbiners fiel auf Josua Bär Herzfelder, Ober-Rabbiner in Rawicz in Posen[2], auf Moses Minz aus Altofen, und Lazarus aus Miclos; allein sie wurde durch höchste Rescripte vom 9. April und 3. September 1821 aus besonderen Gründen nicht genehmigt[3] und endlich stand man von der Wahl eines Ober-Rabbiners ganz ab.
Der Staatsregierung mußte darum zu thun sein, nach Entfernung der sämmtlichen altorthodoxen Rabbiner das Rabbinat Fürth als das hervorragendste in Bayern mit einem gesetzlich befähigt erklärten Manne um so mehr zu besetzen, als das Fortbestehen der Talmudschule eine solche Wahl unerläßlich machte.[4]
Diese Wahl lag in den Händen der jüdischen Gemeinde gesetzlich; und sie im richtigen Verständnisse der Zeit und der eigenen Interessen zu treffen, wurde Aufgabe derselben. Allein sie zerklüftete sich in 2 Partheien, wovon die eine dem althergebrachten Judenthume huldigte, während die andere unter Festhaltung der Talmudlehre nur die Abschneidung ceremoniöser und mit dem Zeitgeist unverträglicher Auswüchse, mit einem Worte geregelten Cultus und geordnetes Gemein-Wesen wollte.[5]
Aus Hamburg, Leipzig, Wien, Breslau und Berlin, wo das reformirte Judenthum nach den Prinzipien eines Mendelsohn und Jakobsohn sich Bahn gebrochen hatte, leuchtete der Strahl der Aufklärung nach Fürth herüber, und wie in jenen Städten, so führte das Sträuben der Anhänger am Alten gegen diese Reformen auch in Fürth einen Kampf herbei, welcher nothwendig zu Gunsten der Reform ausfallen mußte, weil das alte Gebäude durch und durch morsch war.[6]

Nachdem sich der gesamte Prozess also hinzog wurde im Juni 1829 dem israelischen Vereinsausschuss die Neuwahl eines Rabbiners von der Staatsregierung befohlen. Es kam zu Protesten und der Wahltermin wurde bis zum 1. Oktober 1829 verlängert[7]. Widrigenfalls wurde angedroht dem Ausschuss das Wahlrecht zu entziehen und auf Gemeindekosten einen Rabbiner zu bestellen. Neuerliche Proteste samt folgenden Abweisungen verschoben den Wahltermin auf längstens 30. Dezember 1829[8]. Zwei vergeblich durchgeführte Wahlen führten schließlich dazu, dass nach einer wiederholten Wahl am 24. Dezember 1830 die beiden Kandidaten Rabbiner Rosenfeld aus Bamberg und Dr. Loewi aus Uhlfeld der Regierung zur Auswahl und Selbstbestimmung präsentiert werden sollten. Diese bestätigte am 31. Dezember 1830 Loewi als Rabbiner in Fürth. Aufgrund neuerlicher Beanstandungen erfolgte aber erst am 10. März 1831 die allerhöchste Entscheidung[9].

Samson Wolf Rosenfeld war 1830 orthodoxer Gegenkandidat zu dem Reformrabbiner Loewi bei der Wahl in Fürth, der größten bayerischen Gemeinde. „Rosenfeld galt, mit einigem reformistischen Anstrich (er konnte deutsch schreiben), im Allgemeinen für orthodox, und seine Wahl wäre sicher erfolgt“ [10], hätte nicht Meschullam Salman Kohns Schwiegersohn Gewissensbisse gehabt, für den von seinem Schwiegervater Gebannten[11] zu stimmen.[12]

Schließlich bat man Bürgermeister Bäumen um eine Entscheidung. Dieser trat für den Reformrabbiner Dr. Isaak Loewi ein. Am 31. Dezember 1830 bestätigte die bayerische Regierung Loewi als Rabbiner in Fürth.

Weblinks[Bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Beilage zum Fürther Tagblatt 29. März 1861
  2. Josua Beer Herzfeld, geb. 22. September 1760 (eigentl. „Josua Elia‘‘ nannte sich seit 1804 Josua Beer Herzfeld), war seit 1786 Rabbinatsassessor in Rawiz (Rawitsch); Näheres bei Wolfgang D. Herzfeld: „Der Oberrabbiner Josua Beer Herzfeld in Rawitsch und seine Vorfahren“ in: Herzfeld – Familiechronik
  3. offensichtlich erachtete die Regierung die Wahl eines gesetzlich befähigten Inländers für unerlässlich. So etwa Hugo Barbeck: „Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth“, S. 89
  4. Beilage zum Fürther Tagblatt 29. März 1861
  5. ebenda
  6. Beilage zum Fürther Tagblatt 29. März 1861
  7. ebenda
  8. ebenda
  9. ebenda
  10. siehe Rosenfeld, Samson Wolf in: BHR Biographisches Portal der Rabbiner - online
  11. nach liturgischen Reformen 1819 war Rosenfeld wegen Bekenntnis zum religiösen Pluralismus durch den Fürther Oberrabbiner Meschullam Salman Kohn mit dem Bann belegt worden. Siehe Rosenfeld, Samson Wolf in: BHR Biographisches Portal der Rabbiner - online
  12. Er war der erste bairische Rabbiner, der die deutsche Predigt in die Synagoge einführte und für eine zeitgemäße Umbildung des jüdischen Religionswesens wirkte. Siehe: Rosenfeld, Samson Wolf in Deutsche Biographie

Bilder[Bearbeiten]