Fritz Bernet

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Fritz Bernet (geb. 19. Dezember 1885 in Fürth, gest. 10. Mai 1960 ebd.) war ein Fürther Volksschauspieler. Bernet war seit 1. Mai 1933 Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 3.178.146).[1] Er heiratete im Juni 1913 Anna Kröniger aus Fürth. Aus der Ehe stammte der Sohn Heinrich (Heinz) Bernet, der 1919 auf die Welt kam.

Er war vor allem als Komiker bei der Bevölkerung sehr beliebt und trat auch am Fürther Stadttheater auf. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Großen Carnevalsgesellschaft Fürther Kleeblatt 1912 e. V. Seine Paraderolle war der Gefängniswärter "Frosch" in der Operette "Die Fledermaus" von Johann Strauss.

Aufgrund seiner Parteizugehörigkeit zur NSDAP und als Günstling des ehem. NS-Oberbürgermeistes Franz Jakob sind seine Verdienste umstritten. Durch dessen Gunst brachte er es zum stellvertretenden Intendanten und Oberspielleiter des Stadttheaters. Die im Stadtpark aufgestellte Büste gilt als umstritten hinsichtlich ihres Verbleibs.

Leben und Wirken

Nach der Schulzeit absolvierte Bernet zunächst eine Ausbildung zum Dekorationsmaler. Mit 19 Jahren trat er 1905 erstmals in Kolbermoor bei Rosenheim auf eine Bühne. Es folgten viele kleinere Bühnen, meist in Dorfwirtschaften und Kleinstadtsälen, die er mit einem Wandertheater bespielte. So war er u. a. in Sonneberg, Kulmbach, Hof und Weiden als junger Schauspieler auf der Bühne zu sehen, ebenso in Fürth im Geismannsaal. Mit einem Bauerntheater tourte Bernet ebenfalls durch die Lande, so z. B. im benachbarten Ausland wie in der Schweiz und Österreich. Seine Auftrittsstandorte waren z. B. Lindau, Dornbirn, Feldkirchen, Bregenz, Chur, Winterthur, Biel und Bern. Gelegentlich wechselte Bernet auch das Genre und spielte beim Varieté oder im Cabaret. Anfang der 1910er Jahre gelang Bernet im heimatlichen Kreis wieder Fuß zu fassen, zunächst mit einem Engagement bei den Hans-Sachs-Spielen in Nürnberg-Platnersberg. Während dieser Zeit nahm Bernet in Nürnberg Schauspielunterricht bei Ferdinand Martini, um sich dann wieder einer Wanderbühne anzuschließen.

Im Sommer 1915 folgte ein Engagement am Stadttheater Nürnberg, bis er im Mai 1933 den Ruf des damaligen NS-Oberbürgermeisters Franz Jakob nach Fürth folgte. Bernet sollte dabei mithelfen, die Selbständigkeit des Stadttheaters aufzubauen. Zuvor hatte Bernet noch eine Nebenrolle im Stummfilm "Wenn die Abendglocken läuten", ein Heimatfilm vom bekannten Regisseur Hanns Beck-Gaden.[2] Die Filmaufnahmen entstanden in Oberstdorf und im Walsertal. Der Film galt lange als verschollen und wurde erst 2005 wiederentdeckt.[3]

Aufstieg Fritz Bernet am Stadttheater

„Welturaufführung in Fürth“, unter diesem Titel berichtete die örtliche Zeitung am 29. Februar 1936 über die Uraufführung des Singspiels „Die Winzerkönigin“. Die Musik war vom Kapellmeister des Dresdner Staatsoper Willy Czernik, das Buch von Fritz Bernet und Bruno F. Mackay. Unter der Regie von Oberspielleiter Richard Senius waren die Träger der einzelnen Rollen u.a. die Darstellerinnen Biebl, v. Giesl, Hoffmann, Regeling, Skal und Darsteller Bernet, Giblhauser, Hartenfels, Jankuhn, Kiebler, Nekkamm, Senius, Stadtmüller und Winter. Weiterhin war das gesamte Ballett, sowie der Herren- und Damenchor beschäftigt. Die Tänze wurden von Ballettmeisterin Lilo Engbarth aus dem Wiener Raimundtheater einstudiert, das Bühnenbild stammte von Fritz Dieffenbach. Außer Platzmiete wurde am Sonntagabend das neue Bühnenwerk, das sicher die vollste Zufriedenheit der Zuhörer erringen konnte, zur wiederholt aufgeführt. Der eingesetzte Knabenchor, der zur Aufführung des Singspieles „Die Winzerkönigin“ mitwirkte und vielen eine herzliche Freude bereitete, war der Knabenchor der Pestalozzischule. Gemäß der darauf folgenden Berichterstattung war der geschulten Knabenstimmen selbst in den hohen Lagen noch rein und sicher.

Zur Uraufführung der „Winzerkönigin“ kamen sehr viele Gäste aus Nürnberg. Auch der NSDAP-Frankenführer, Gauleiter Julius Streicher, befand sich unter den Gästen der Uraufführung. In seiner Begleitung befanden sich ebenfalls u. a. seinen Adjutanten, SA-Standartenführer Hanns König, Polizeipräsident Dr. Benno Martin und Bürgermeister Dr. Walter Eickemeyer.

Die Rezensionen waren in den darauf folgenden Tagen vollen Lobes ob der Welturaufführung in Fürth. So schrieb die Tageszeitung am 29. Februar 1936: […] Willy Czernik am Pult interpretierte sich selbst temperamentvoll und umsichtig und setzte, wo dafür die Voraussetzungen vorhanden waren, ein flottes Tempo vor. Die Spielleitung lag in den Händen von Richard Senius, der für die Ausgestaltung der einzelnen Bilder geschmackvolle Gruppierungen schuf und bemüht war, durch ein frisches Bewegungsspiel die Langatmigkeit der Handlung zu überwinden, für die Fritz Diefenbach mit seinen weinumrankten Bühnenbildern einen lustigen, bunten Rahmen schuf. […] Einen biederen, lustigen Kastellan stellte Fritz Bernet auf die Beine. […] Franz Giblhauser, Georg Winter und Adolf Hartenfels sowie Hans Stadtmüller lieferten wohlgelungene Typen, während uns Tilly Skal reichlich aufgetakelt erschien, Else Biebl dagegen und Liselotte Schuler keck aus dem fröhlichen Treiben des jungen Volks herausragten und die übrigen Buben mitrissen. Mit Schneid und Hingabe tanzte Lilo Engbarth und ihr Ballett. Schon am Schlusse des zweiten Aktes wurden die Verfasser des Stückes und auch die einzelnen Darsteller nicht nur durch starken Beifall, sondern auch durch große Lorbeerkränze, Blumen und Sachwerte geehrt. Ein Zeichen dafür, dass man ganz allgemein empfand, wie sehr alle hingebungsvoll bemüht waren, dem deutschen Theater etwas Neues, Zeitgemäßes und Brauchbares zu schenken.[4][5]

Engagement während der NS-Zeit

Fritz Bernet während der Kirchweih 1935

Während des Nationalsozialismus sympathisierte Bernet offen mit dem NS-Regime und wurde am 1. Mai 1933 Mitglied der NSDAP und der Reichkulturkammer.[6] Auch beruflich schien Bernet während der NS-Zeit Karriere zu machen. In einer Publikation des Stadttheaters aus dem Jahr 1933 wird Bernet bereits als stellvertretender Intendant und Oberspielleiter der Operette aufgeführt.[7]

Der damalige Oberbürgermeister Jakob entschied sich aufgrund seiner eigenen besonderen Affinität zum Theater gegen eine weitere Verlängerung des Kooperationsvertrages mit dem Stadttheater Nürnberg, und damit für die erneute Eigenständigkeit des Fürther Stadttheaters, das unter seiner Leitung als Theaterreferent wieder im neuen Glanze erstrahlen sollte. Hierzu holte Jakob als Intendanten den 1. Operetten-Kapellmeister Willy Seidl aus dem Stadttheater Nürnberg, ein strammer Nationalsozialist, der sich zur Aufgabe gemacht hatte „arische“ Operetten aufzuführen, ganz im Geiste „unseres Führers Adolf Hitlers“. Dazu holte Jakob im Mai 1933 Fritz Bernet, ebenfalls aus dem benachbarten Theater. Gemeinsam mit Willy Seidl sollte Bernet als Oberspielleiter der Operette das Fürther Stadttheater wieder zu seiner Selbständigkeit verhelfen. Das Orchester wurde aus erwerbslosen Fürther Musikern zusammengestellt, sodass Ende 1933 im städtischen Jahresbericht festgehalten werden konnte, man habe im neuen Theater 156 Personen an künstlerischem und technischem Personal anstellen können. Das Publikum wurde mittels billigen Abonnements angelockt, ein Angebot, dem sie gerne folgten.

Im April 1935 feierte Bernet sein 30-jähriges Bühnenjubiläum im Stadttheater. Kurz darauf beging er seinen 50. Geburtstag im Dezember 1935 auf der Bühne. Dabei spielte der in seiner Paraderolle den Gefängnisaufseher Frosch in der Operette „Die Fledermaus“. Das Publikum dankte ihm mit rauschendem Beifall, so die tags darauf erschienene örtliche Tagespresse. Auch die Stadtverwaltung dankte Bernet für sein Wirken und ehrte ihn laut Presse mit einem goldenen Kranz mit grün-weißer Schleife. Von der Künstlerschaft des Theaters erhielt er einen Lorbeerkranz, nebst weiteren Geschenken wie Blumen und einen Teppich(!). Zusammen mit seinem Freund und Dramaturgen Bruno F. Mackay sowie dem Komponisten Willy Czernik verfasste Bernet 1936 das Singspiel „Die Winzerkönigin“ mit über vier Stunden Spielzeit. Dabei trat das gesamte Ballettensemble auf, ebenso der Herren- und Damenchor sowie der Knabenchor der Pestalozzischule.

Bernet wurde durch die Nationalsozialisten häufig für Veranstaltungen und Massenkundgebungen gebucht. Eine feste Größe war Bernet bei der Eröffnung der Fürther Michaelis-Kirchweih. Pünktlich um 11 Uhr verlas Bernet, mindestens über fünf Jahre hinweg, stets zur Eröffnung den vom Mundartdichter und Redakteur Ernst Kiesel verfassten Prolog. Eine historische Tracht lehnte Bernet für sich selbst ab, vielmehr kleidete er sich dabei wie ein heimischer Amtsbüttel.

1938 wurde Willy Seidl vom Reichspropagandaminister Joseph Goebbels nach Wien abberufen, ihm folgte der von Jakob eingesetzte neue Intendant Horst Platen - der Jakob später nach Thorn folgen wird. Erneut als stellv. Intendant mit dabei Fritz Bernet - auch nochmals durch den Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda im August 1940 bestätigt. Allerdings verliert sich (nach aktuellem Kenntnisstand) ab diesem Zeitpunkt die weitere Spur Bernets und seines Wirkens, sowohl im Theater als auch in der Partei. Es wurden lediglich in der örtlichen Presse weitere schauspielerische Aktivitäten berichtet, so z. B. bei der Entthronung des Karnevalprinzen Hans I. im Geismannsaal, unter musikalischer Begleitung der NSDAP-Kreiskapelle - oder den Auftritten bei den Betriebsfeiern der Firma Schickedanz. Spätestens ab 1941 hatte Bernet keine leitende Rolle mehr am Stadttheater. Letzteres könnte mit dem Fortgang von Jakob und Seidl zusammenhängen - oder am fortgeschritten Alter Bernets und dem durch die Kriegswirren zunehmend fehlenden Aufführungsmöglichkeiten am Theater. Spätestens ab Mitte 1944 kam das Theaterleben - und somit auch das Engagement des Ensembles - kriegsbedingt endgültig zum Stillstand.

Nach dem Mai 1945 wurde er zunächst inhaftiert und erhielt während der Entnazifizierung Berufsverbot.[8] Offensichtlich gelang es Bernet in der Revision das Strafmaß zu mildern, sodass er ab 1955 wieder seinen Beruf als Schauspieler ausüben durfte. Seine Rolle während der NS-Zeit ist aktuell noch nicht hinreichend erforscht. Allerdings zeigt der Umstand, dass sein Revisionsverfahren im Rahmen des Entnazifizierungsverfahrens erst gegen 1955 beendet wurde, dass Bernet nicht nur ein einfacher Mitläufer gewesen sein kann, sondern vermutlich als Minderbelasteter oder gar als Belasteter zunächst in der ersten Instanz verurteilt wurde. Erst in einem Revisionsverfahren, die meist in der Nachkriegszeit milder ausfielen als direkt nach dem Ende des 2. Weltkrieges, wurde offenbar sein Strafmaß gemildert, sodass er seinem Beruf hätte wieder nachgehen können.

Nach der Kriegszeit fertigte er zum Bestreiten seines Lebensunterhalts in seiner Wohnung Kaiserstraße 71 kunstgewerbliche Sachen an, die ihm angeblich die Nachbarn abkauften. Eine Rückkehr in den alten Beruf war ihm zunächst durch das Berufsverbot versagt geblieben. Auch nach der Rehabilitation konnte Bernet, vermutlich altersbedingt mit fast 70 Jahren, nicht mehr an seine alten Erfolgen anschließen. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Bernet vollständig erblindet in dem Altenheim an der Würzburger Straße (alte Pfründ - heute Grete-Schickedanz-Heim). Der örtlichen Presse war zu entnehmen, dass zu seiner Trauerfeier am 12. Mai 1960 eine „ansehnliche Trauergemeinde“ erschienen war. Auf Wunsch der Verwandten wurde der Lebenslauf Bernets, wie sonst bei Trauerreden üblich, in dieser bewusst nicht erwähnt.

Auszeichnungen

Sechs Jahre nach dem Tod des Fürther "Bernet´s Fritzla" wurde am 10. Mai 1966 im Stadtpark eine Büste von dem "populären Volksschauspieler" aufgestellt. Die Büste in Bronze hatte der Fürther Bildhauer Philipp Siebenkäß 1938 „nach dem lebenden Modell“ geschaffen.[9] Um die Aufstellung der Büste, nahe der Freilichtbühne im Stadtpark, hatte sich besonders der damalige Bürgermeister Heinrich Stranka bemüht. Eingeladen zur Eröffnung der Fritz-Bernet-Gedenkstätte hatte der damalige Oberbürgermeister Kurt Scherzer - dem viele Menschen folgten. Über den Verbleib der Bernet-Büste gab es 2021/22 eine kontroverse Debatte in der Zeitung.

Lokalberichterstattung

  • Andreas Dalberg: Stadtpark: Muss die Fritz-Bernet-Büste weg? In: Fürther Nachrichten vom 4. September 2021 (Druckausgabe) bzw. Vorwürfe: Muss die Fritz-Bernet-Büste im Fürther Stadtpark weg? In: nordbayern.de vom 4. September 2021 - online
  • Andreas Dalberg: Auch Fritz-Bernet-Büste auf dem Prüfstand. In: Fürther Nachrichten vom 20. Januar 2022 (Druckausgabe) bzw. Rassismus: Was passiert mit der Bernet-Büste im Fürther Stadtpark? In: nordbayern.de vom 21. Januar 2022 - online

Literatur

Einzelnachweise

  1. Bundesarchiv R 9361-VIII KARTEI 2140417
  2. Wikipedia: Wenn die Alpenglocken läuten, 1930, online abgerufen am 12. Januar 2015 um 14:12 Uhr
  3. Arte TV Homepage, online abgerufen am 12. Januar 2015 um 14:11 Uhr - Arte TV
  4. Alfred Lindemann: Die Winzerkönigin, Uraufführung eines Singspiels von Bernet-Mackay-Czernik im Stadttheater Fürth, Samstag 29. Februar 1936
  5. Rieß-Chronik im Stadtarchiv, Band 1936, Recherche Peter Frank, 30. September 2022
  6. Bundesarchiv R 9361 V/46337
  7. Einladungsheft zur Platzmiete 1933, Stadttheater Fürth, S. 2
  8. Ausführungen von Peter Frank vom 11. Januar 2016
  9. Fürth 1964 - 1984. Ein Rückblick auf 20 Jahre Stadtgeschichte. Stadt Fürth, Selbstverlag. 1984

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