Familienentlastenden Dienst (FeD, LebenshilfeFamiliendienst) ein. Der FeD übernahm eine stundenweise Betreuung behinderter Kinder, Jugendlicher
und Erwachsener. Der Lions-Club übernahm seinerseits die Kosten der Einrichtung. Die grundlegende
Finanzierung war eine Grundvoraussetzung für die beantragten Zuschüsse bei Stadt, Land und Bund in
Höhe von etwa 100.000 Mark. Da alle Zuschüsse
aber erst ab 1. Januar 1990 f lossen, übernahm die
Aktion Sorgenkind die Zwischenfinanzierung. Die
hilfesuchenden Familien zahlten dem FeD für eine
Betreuungsstunde fünf Mark. Der FeD sollte helfen,
die Selbständigkeit behinderter Menschen zu fördern
und eine frühzeitige Heimunterbringung von Kindern
und Jugendlichen zu vermeiden. 1990 wurden insgesamt
3.639 Betreuungsstunden geleistet.
Zum Tag der offenen Tür im Juni 1990 konnten die
Mitarbeiter der beschützenden Werkstätten ihren
Leistungsstandard demonstrieren. Spielzeugautos wurden
montiert, Steckdosen zusammengesetzt, Leiterplatten mit
Elektronik bestückt, neben Teilen aus der Fahrzeugelektrik
entstanden komplette Computertastaturen. Abgesehen
von der Lohnmontage bestand auch noch eine Kunststoffspritzerei mit sieben Maschinen. In der
Ausbildungsabteilung konnten in einem zweijährigen
Arbeitstraining die notwendigen Fertigkeiten im Umgang
mit Werkstoffen und Werkzeugen erlernt werden. Die
Löhne waren keineswegs Zuschüsse, sie wurden erwirtschaftet, lediglich die Kosten für das Betreuungspersonal
trug die Sozialhilfe.
Im Dezember 1990 eröffnete „Lennys Hütte“ im neuen Outfit; im Juni 1991 stellten 29 Künstlerinnen
und Künstler zugunsten der Lebenshilfe Werke zur
Verfügung, die in „Lennys Hütte“ versteigert wurden, der
Erlös betrug mehr als 7.000 Mark.
Als Ersatz für ein angemietetes Haus der Außenwohngruppe
Wachendorf erwarb die Lebenshilfe 1991 ein größeres
Objekt in Roßtal (Eichenwald), welches mit 14 Plätzen
belegbar war.
Ebenfalls 1991 mietete die Lebenshilfe in Zirndorf
Räume mit 1.000 qm Fläche als Zweigstelle der
Dambacher Werkstätten an. Sie dienten vor allem
der Beschäftigung und Betreuung von Mitarbeitern
mit hohem Betreuungs- und Pf legeaufwand, da in
den Werkstätten in Dambach die erforderlichen
Voraussetzungen – z.B. ein Wickelraum – nicht zur
Verfügung standen. Auch für schwerstbehinderte
Mitarbeiter, die ein ruhigeres und überschaubareres
Umfeld benötigen, war die Zweigstelle eine Alternative
zum Betreuungs- und Beschäftigungsangebot der
Hauptstelle, auch sie konnten so ein gewisses Maß an
verwertbarer Arbeit erbringen. Bei den Planungen für
die Dambacher Werkstätten war von einem anderen
Personenkreis ausgegangen worden, da die Aufnahme
von schwerstbehinderten Menschen nach den damaligen
Vorgaben des Arbeitsamtes nicht vorgesehen war.
Am europaweiten „Aktionstag der Behinderten“ Anfang Mai 1992 fand auch in Fürth am Bahnhofsplatz eine Demonstration von etwa 20 Rollstuhlfahrern und 40 weiteren Teilnehmern statt. Die Hauptforderung der behinderten Menschen ging vor allem an die Politiker, die im Grundgesetz die Rechte behinderter Menschen verankern sollten. In Ländern wie Frankreich oder den USA hätten behinderte Menschen schon weitaus mehr verbriefte Rechte auf Gleichstellung, so argumentierte eine Sprecherin der Demonstration. Die Stadt Fürth stellte immerhin im Sommer 1992 eine halbe Planstelle für einen „Behindertenbeauftragten“ in Aussicht, der schon lange gefordert, aber aus finanziellen Gründen immer abgelehnt wurde. Der Lions-Club und die Aktion Sorgenkind verschafften dem Familienentlastenden Dienst (FeD) 1992 und 1993 einen geeigneten Fuhrpark für seine Betreuungsdienste. 1993 richtete der FeD eine Freizeitgruppe für geistig und körperlich behinderte Jugendliche und Erwachsene ein, die auf große Resonanz stieß. Der dringende Platzbedarf des FeD war allerdings auch ein Grund für die Vorstandschaft der Lebenshilfe, das Projekt „Lennys Hütte“ aufzugeben. Letzten Endes kam vieles zusammen: Mangelnde Akzeptanz bei der Öffentlichkeit vereitelte die integrative Zielrichtung, die entsprechend mangelnden Einnahmen verhinderten einen kostendeckenden Betrieb. Die Sprachheilschule musste im Frühjahr 1993 zunehmend mit Einschränkungen kämpfen: Im Zuge von Sparmaßnahmen des Kultusministeriums wurde eine Stelle gestrichen und die Gruppenstärke auf elf Kinder erhöht. Diese wurden lediglich von einer Heilpädagogin ohne Hilfe einer Zweitkraft betreut; damit war praktisch der Personalschlüssel eines Regelkindergartens erreicht, eine individuelle Förderung der Kinder kaum noch möglich. Inzwischen musste die Lebenshilfe auch ansonsten Sparmaßnahmen einleiten. Das im Rahmen des Solidarpaktes I (vom 13. März 1993) verabschiedete „Föderale Konsolidierungsprogramm“ sah ein generelles Einfrieren der Pf legesätze aller Behindertenorganisationen auf den Stand von 1992 sowie eine jährliche Kostensenkung von mindestens einem Prozent vor. Konsequenzen für die Lebenshilfe: Personalabbau, da die Gehälter mit 70 bis 80 Prozent des Lebenshilfe-Budgets den dicksten Brocken ausmachten. Dies werde dann eine schlechtere Betreuung bewirken, so der kommissarische Geschäftsführer Georg Jordan im Juni 1993: Statt mit individueller Betreuung werde man sich wohl mit der „satt und sauber“-Devise der längst vergessen geglaubten Anstalten aus der Frühzeit der „Behindertenfürsorge“ begnügen müssen. Finanzierungsprobleme brachten dem so hoffnungsvoll gestarteten Projekt „Lenny‘s Hütte“ zum 1. Juli 1993 das Aus. Mit der integrativen Kleinkunstbühne verlor die Fürther Szene einen weiteren Farbtupfer, aber der Zuschussbedarf lag in keinem Verhältnis zum doch eher geringen Zuspruch.
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