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* [[Fürther Straßen und Häuser (Buchreihe)|''Fürther Straßen und Häuser - Theresienstraße'']], [[Fürther Geschichtswerkstatt]], 2011, [[Städtebilder Verlag]], 95 S. | * [[Fürther Straßen und Häuser (Buchreihe)|''Fürther Straßen und Häuser - Theresienstraße'']], [[Fürther Geschichtswerkstatt]], 2011, [[Städtebilder Verlag]], 95 S. | ||
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Version vom 25. Oktober 2016, 00:45 Uhr
- Objekt
- Ehemalige Krippenanstalt und Kinderspital
- Baujahr
- 1873
- Baustil
- Neurenaissance
- Architekt
- Josef Bleschart
- Geokoordinate
- 49° 28' 22.90" N, 10° 59' 3.01" E
Das Kinderspital (ehem. Krippenanstalt) wurde 1878 bis 1889 in der Theresienstraße für den protestantischen St. Johannis-Zweigverein gebaut und in den folgenden Jahrzehnten mehrfach umgebaut und erweitert. Die Einrichtung diente zur medizinischen Versorgung von kranken Kindern ab 2 Jahren - in strenger Abgrenzung zum Nathanstift, das der Bevölkerung für Entbindungen und Behandlung von Kindern bis zum 2. Lebensjahr zur Verfügung stand.
Gründung
Die Gründung des St. Johannis-Zweig-Vereins in Fürth erfolgte 1854 überkonfessionell. Dies geschah nicht zuletzt auf Anregung von König Maximilian II im Jahr 1853, in dem er die Bevölkerung dazu aufrief, freiwillige Armenpflege zu leisten, z.B. durch die Gründung solcher Vereine. Seinem Wunsch, Zweig-Vereine im ganzen Königreich zu gründen, kamen unter anderem in Fürth der katholische Stadtpfarrer Zahnleitner, der Kaufmann Salomon Berolzheimer und der Oberrabbiner Dr. Loewi nach. Allerdings konzentrierten sich ihre Aktivitäten schon sehr bald auf die Pflege von Kindern. Ziel und Zweck des Vereines war: … zu vermeiden, daß die Kinder arbeitender und kranker Mütter gesundheitlich und moralisch verwahrlosten… [1]
Unter tatkräftiger Mitwirkung des königlichen Kreis- und Gerichtrates Dr. Wolfring und des künftigen Chefarztes Dr. Wilhelm Hedrich gründete sich am 2. Juni 1856 in der Hirschenstraße die erste Kinderkrippe und ab 1859 konnte das erste Kinderspital eröffnet werden. In der Kinderkrippe konnten anfänglich bis zu 18 Kinder aller Altersstufen Unterschlupf und Pflege finden. Nach wenigen Jahren wurden durchschnittlich 80 bis 90 Kinder am Tag betreut, davon bis zu einem Drittel auch nachts. Diese „Nachtkinder“ waren hauptsächlich Waisenkinder oder Kinder von erkrankten Müttern.
Kranke Kinder aus der Krippe, aber auch andere erkrankte Kinder wurden zunehmend auf der Krankenstation der Kinderkrippe aufgenommen, die ursprünglich von den Schwestern für Pfleglinge eingerichtet worden war. Die exponentielle Zunahme von kranken Kindern in der Krippe führte alsbald zu dem Bau eines Kinderspitals in der Theresienstraße.
Eröffnung Kinderspital
Am 15. September 1889 fand die feierliche Eröffnung statt. Die Baukosten beliefen sich zu diesem Zeitpunkt auf 35.654 Mark ohne Einrichtungsgegenstände. Das Gebäude war somit ursprünglich als Entlastung der benachbarten Krippe gedacht. Im Laufe der Zeit entstand aber auch als neues Ziel das Bestreben, durch die Aufnahme der kranken Kinder die Geschwister vor Infektionen zu schützen (Eingrenzung von Epidemien), und die Familie von der oft belastenden Pflege zu befreien. Bereits im Jahr der Eröffnung wurde das Kinderspital auf eine harte Bewährungsprobe gestellt. Durch eine schwere Diphterie-Epidemie im Winter 1889/90 wurde das Spital bis an seine Leistungsgrenze in Anspruch genommen. Von 39 mit Diphterie aufgenommen Kindern überlebten diese Zeit lediglich 17 Kinder. 22 Kinder starben während des Aufenthaltes, was allerdings die Akzeptanz des Spitals in der Bevölkerung nicht schmälerte. In den laufenden Jahrzehnten wurde das Kinderspital immer wieder umgebaut und erweitert – so letztmalig 1957. Das Kinderspital bot gegen Ende 1950 130 aufgestellte Betten zur Versorgung von kranken Kindern.
Nachkriegszeit
Analog dem Nathanstift, hatte auch das Kinderspital gegen Ende der 1950er Jahre viele unverkennbare Probleme. Neben dem chronischen Geldmangel und der völligen Überbelegung machte sich die „Flickschusterei“ der letzten Jahrzehnte bemerkbar. In einer Begehung des Gesundheitsamtes der Stadt Fürth am 16. Oktober 1962 hielt der Regierungsmedizinalrat Dr. Horst Schmidt folgendes in einem Aktenvermerk fest: … Trotz dieser Maßnahmen (Umbau und Erweiterung 1956) bleibt noch viel zu veranlassen, wenn die krankenhaus-hygienischen Belange gewahrt bleiben sollen. So liegt der Operationsraum unmittelbar neben dem Haupteingang außergewöhnlich ungünstig. Der gesamte Verkehr bewegt sich am OP-Raum vorbei…. Die einzelnen Stationen des Haupthauses sind nur über schmale Treppenaufgänge erreichbar. Im Falle eines Brandes dürften bei der Räumung dadurch Schwierigkeiten zu erwarten sein. Ein Krankenhausaufzug fehlt. Frisch operierte Kinder müssen von den Schwestern über die schmale Treppe in das erste und zweite Stockwerk getragen werden. Ganz abgesehen von der körperlichen Belastung der Schwestern kann ein derartiger Transport von Frischoperierten nicht gutgeheißen werden… Die Stationen verfügen nicht über die notwendigen Funktionsräume. Ein ärztliches Untersuchungszimmer fehlt…. Die auf dem Gang eingerichtete Geschirrspüle ist mit hygienischen Grundsätzen schwerlich zu vereinbaren…. Insgesamt besteht der Eindruck, dass die einzelnen Krankenzimmern überbelegt sind.[2]
Neubau des Kinderspitals - jetzt Kinderklinik
Trotz aller Erschwernisse und Erkenntnisse über die Missstände im Kinderspital (und ähnlichen Problemen im Nathanstift in der Tannenstraße[3]) und dessen Notwendigkeit eines bzw. mehrerer Neubauten am Stadtkrankenhaus konnte sich die Stadt Fürth zunächst nicht dazu durchringen einen Neubau anzustreben. Unstrittig bei allen Entscheidungen war lediglich die Tatsache, dass wenn überhaupt künftig Neubauten entstehen, diese auf dem Grundstück des Stadtkrankenhauses erfolgen sollen, um so die Synergieeffekte und Rationalisierungspotentiale voll ausschöpfen zu können. Erste Schritte zur Rationalisierung wurden bereits 1954 vorgenommen, in dem die Verwaltung und die Lohn- und Gehaltsbuchhaltung der Beschäftigten im Nathanstift durch das Städt. Krankenhaus abgewickelt wurde.
Strittig war vielmehr zunächst eine fachliche Auseinandersetzung der medizinischen Disziplinen darüber, ob eine Trennung der Wöchnerinnen- und Säuglingsabteilung als Organisationseinheit erstrebenswert ist, oder ob die Entbindungsklinik unmittelbar mit einer Säuglingsklinik zusammengehört. Die damit verbundene Frage – ob es künftig auch weiterhin zwei voneinander getrennte Gebäudeeinheiten mit einer fachlichen Trennung geben soll – wurde von den beteiligten Personen unterschiedlich gesehen und erschwerte somit eine politische Diskussion und deren Entscheidung bzgl. der weiteren Vorgehensweise. Die fachliche Meinung vieler Mediziner dieser Zeit war eher die Verbindung bzw. die Integration der Entbindungskliniken innerhalb der Kinderkrankenhäuser und somit gegen eine Verselbständigung von Entbindungskliniken. [4]
Neben all der fachlichen Diskussion gab es selbstverständlich auch immer eine andere Diskussion, die auch nach wie vor für heutige Großbauten gilt, nämlich die Frage nach der Finanzierung. In einem Schreiben vom 30. Juli 1962 schrieb das Staatsministerium des Innern an die Stadt Fürth: Das Ministerium begrüßt daher, daß die Stadt eine Gesamtplanung aufgestellt hat, um so die betrieblichen Zusammenhänge in den Grundzügen festzulegen…. Als vordringlichste Maßnahme erscheint der Neubau der Entbindungs- und Säuglingsklinik sowie des Kinderkrankenhauses (Kinderspital). Diese wurden daher auch in den ersten Bauabschnitt aufgenommen. [5] Obwohl das Kinderkrankenhaus ausdrücklich durch das Ministerium in den ersten Bauabschnitt mit aufgenommen wurde, klammerte die Stadt Fürth den Neubau in der Detailplanung zunächst mit Rücksicht auf die allgemeine Finanzlage der Stadt Fürth aus. Die ersten Schätzungen vom Frühjahr 1962 ergaben für das neue Nathanstift, der Säuglingsklinik und einem Schwesternwohnheim die stolze Summe von 7.117.000 Millionen Mark.
Als einer der ersten Neubauten auf dem Gelände des Städt. Krankenhauses wurde am 18. Dezember 1967 die neue Geburtshilfe-Abteilung an den ärztlichen Leiter Prof. Dr. Denecke des Krankenhauses und dem neu im Amt befindlichen Chefarzt der Frauenklinik Dr. Hahn übergeben. Die Kostenexplosion von ursprünglich geplanten 7 Millionen DM auf über 10 Millionen DM waren erst ein Vorgeschmack auf noch kommende Kostensteigerungen, die zum damaligen Zeitpunkt in ihrer Gänze noch nicht abzusehen waren. Der Stadtbaurat Schneider verhehlte während des Festaktes vor knapp 100 Festgästen nicht, dass die eingeschalteten und freischaffenden Architekten hinsichtlich der Genauigkeit ihrer Kostenschätzung so manchen Wunsch offen ließen.[6]
Mit der offiziellen Einweihung am 10. Januar 1969 konnte ab März der Umzug in die neuen Räumlichkeiten der Kinderklinik von der ehem. Theresienstraße vollzogen werden. Während sich hier noch die Medien mit der allgemeinen Kritik zurück hielten und bzgl. der neuen Räume vollen Lobes waren, konnte man in der darauffolgenden Berichterstattung bereits eine Kritik laut herauslesen: von den ursprünglich geschätzten 7 Millionen DM Kosten belief sich gegen Ende der Bauarbeiten die Kosten auf über 12,5 Millionen DM – somit also um mehr als 5 Millionen – und dabei handelt es sich nur um einen Schätzbetrag, so der damalige Stadtbaurat Schneider.
Heutige Nutzung
Nach dem Umzug des Kinderspitals auf das Gelände des heutigen Klinikum bezog die Arbeiterwohlfahrt (AWO) das ehem. Kinderspital. Später wurden die Gebäude als Altenheim genutzt, in der Nachkriegszeit ein Anbau hochgezogen und in den vergangenen Jahren wohnten vornehmlich sozial schwache Mieter in der Theresienstraße. Nachdem der St. Johannis Verein mit der Sanierung der Gebäude überfordert war, bot der Verein das Anwesen den Fürther Wohlfahrtsverbänden an. Nur die AWO Stiftung wollte sich dem Anwesen zu wenden. Ein im Jahr 2005 gegründeter Verein, der "Anders Wohnen Verein Fürth e. V." arbeitete mit der AWO Stiftung das Konzept des "Allen gerechten Wohnens" aus. So wurde aus dem einstigen Kinderhospital ein Mehrgenerationen Wohnprojekt mit 15 Wohnungen, einem Musikübungsraum, Fitnessraum sowie einem Veranstaltungsraum. Das Anwesen der Theresienstrasse gibt heute auch der Kulturbrücke ein neues Zuhause.
Die 1969 bezogene Kinderklinik auf dem Gelände des Klinikums steht seit 2002 weitestgehend leer und soll 2014/15 abgerissen werden. Derzeit befindet sich im Erdgeschoss diverse medizinische Dienste und CLINC - Kreativ und Kunst Centrum, ein Ateliergemeinschaft mit verschienden Künstlern aus Fürth. Letztere belegen seit Mitte 2013 nahezu vollständig das Erdgeschoss. Die heutige Kinderklinik existiert seit 2002 in einem neuen Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite des Klinikumgeländes.
Beschreibung des Baudenkmals
Dreigeschossiger Satteldachbau mit durch Pilaster gegliederter Sandsteinfassade, rustiziertem Erdgeschoss und Zahnschnittfries an der Traufe, Neurenaissance von Josef Bleschart, 1873-83.
Literatur
- Das neue Klinikum Fürth / [Hrsg.: Stadt Fürth]. - Fürth, 1989
- Heinrich Habel: Denkmäler in Bayern - Stadt Fürth, Lipp, 1994
- Nathanstift und Frauenklinik in Fürth, Kamran Salimi (Herausgeber; Klinikum Fürth), Fürth, 2010
- Fürther Straßen und Häuser - Theresienstraße, Fürther Geschichtswerkstatt, 2011, Städtebilder Verlag, 95 S.
- 100 Jahre St Johannis Zweigverein Fürth (Broschüre)
Siehe auch
Weblinks
- Klinikum Fürth - im Internet
- CLINC - im Internet
- Anders Wohnen Verein Fürth - im Internet
Einzelnachweise
- ↑ Eva-Marie Platz, Von der Kinderkrippe zur Kinderklinik (1981), S. 10 f.
- ↑ Akte Klinikum Fürth, Pflegesätze Sammlung, Nr. II/9 – 3522 e 29 Betreff Ausbildung von Kinderkrankenschwestern am Nathanstift in Fürth 1962, S. 1
- ↑ Klinikum Fürth, Protokolle des Stiftungsrates der Nathanstiftung, 12. Sitzung vom 18.12.1954
- ↑ Akte Klinikum Fürth, Rundschreiben Verwaltung 1952-1968, Betriff Neubau des Nathanstift auf dem Krankenhausgelände vom 19.06.1963, S. 3
- ↑ Akte Klinikum Fürth, Rundschreiben Verwaltung 1952-1968, Betriff Neubau des Nathanstift auf dem Krankenhausgelände vom 19.06.1963, S. 1
- ↑ Fürther Nachrichten, Nagelneues Haus für nagelneue Säuglinge, 19.12.1967, S. 13 f.
Bilder
Vorgarten des Kinderspitals, darunter der ehem. Luftschutzkeller (bei den Umbauarbeiten wurde der Keller abgerissen)
Segensspruch in der Leichenkammer (1. UG des Kinderspitals)
Notbetten noch aus dem 2. Weltkrieg im Luftschutzbunker unterhalb des Kinderspitals (heute nicht mehr erhalten)
Treppenhaus im Kinderspital vor dem Umbau
Kirchliche Darstellung eines Lamms im Aussegnungsraum 1. UG des ehemaligen Kinderspitals, Theresienstraße 30
Ehemaliges Kinderspital 2007 vor dem Umbau
Plan vom Luftschutzkeller unterhalb des Kinderspitals von 1950
Plan des Luftschutzkellers unter dem Kinderspital
Innenansicht des Kinderspitals, ca. 1942
Das ehemalige Kinderspital in der Theresienstraße 30 in Fürth (Quelle: Klinikum Fürth)
Patient Norbert Pietsch 1956 im Kinderspital im 1. Stock. Glasfenster links ist Abtrennung zu der Mädchen Abteilung (rechter Anbau mit den 2 großen Fenstern straßenseitig). Auf der Postkarten Abbildung 1942 gleicher und größerer Blickwinkel der Raumsituation dazu.
Klingel des ehemaligen Kinderspitals.
Das ehemalige Kinderspital in der Theresienstraße 30 in Fürth (Quelle: Klinikum Fürth)
Vor den Umbauarbeiten des ehem. Kinderspitals in der Theresienstraße.