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==Leben und Wirken == | ==Leben und Wirken == | ||
Im Alter von 25 Jahren heiratete Rieß [[1889]], die Ehe blieb jedoch kinderlos. Allerdings nahm er die beiden Kinder seiner Schwester [[1896]] mit im eigenen Haushalt auf. Nach eigenen Angaben in seiner [[1942]] selbstverfassten Biografie sonderte er sich enttäuscht vom "wirtshausgesellschaftlichen Leben" ab und besuchte daraufhin mindestens fünf Jahre lang kein Wirtshaus mehr. Vielmehr legte er Wert auf das familiäre Leben mit den beiden Kindern. Sonntags ging die Familie Rieß nach eigenen Angaben gerne in die Natur. Zu Hause widmete er sich "''dem Studium der Lokalhistorik''". <ref>Stadtarchiv Fürth, Biografische Sammlung Paul Rieß</ref> | Im Alter von 25 Jahren heiratete Rieß [[1889]], die Ehe blieb jedoch kinderlos. Allerdings nahm er die beiden Kinder seiner Schwester [[1896]] mit im eigenen Haushalt auf. Nach eigenen Angaben in seiner [[1942]] selbstverfassten Biografie sonderte er sich enttäuscht vom "wirtshausgesellschaftlichen Leben" ab und besuchte daraufhin mindestens fünf Jahre lang kein Wirtshaus mehr. Vielmehr legte er Wert auf das familiäre Leben mit den beiden Kindern. Sonntags ging die Familie Rieß nach eigenen Angaben gerne in die Natur. Zu Hause widmete er sich "''dem Studium der Lokalhistorik''".<ref>Stadtarchiv Fürth, Biografische Sammlung Paul Rieß</ref> | ||
Beruflich war Rieß Buchbinder und im Kartonagengewerbe tätig, ab [[1888]] sogar in selbständiger Tätigkeit. Allerdings gab er "''nach 10 Jahren langen Mühen, Plagen und Sorgen''" im Oktober [[1899]] das Geschäft wieder auf. Mit Anfang 40 wechselt Rieß [[1906]] als Zuschneider in der Bilderbuchfabrik [[G. Löwensohn]] im der [[Sommerstraße]] und wird dort bis [[1914]] beschäftigt. [[1914]] wechselt Rieß erneuet die Position und wird nun Buchbinder in der Stadtverwaltung. Sechs Jahre später wird Rieß [[1920]] in die städtische Registratur übernommen. Seine Arbeitsstätte war nun das [[Rathaus]] im Zimmer 67. Seine Hauptaufgabe als Buchbinder war das Aktenheften der städtischen Unterlagen. | Beruflich war Rieß Buchbinder und im Kartonagengewerbe tätig, ab [[1888]] sogar in selbständiger Tätigkeit. Allerdings gab er "''nach 10 Jahren langen Mühen, Plagen und Sorgen''" im Oktober [[1899]] das Geschäft wieder auf. Mit Anfang 40 wechselt Rieß [[1906]] als Zuschneider in der Bilderbuchfabrik [[G. Löwensohn]] im der [[Sommerstraße]] und wird dort bis [[1914]] beschäftigt. [[1914]] wechselt Rieß erneuet die Position und wird nun Buchbinder in der Stadtverwaltung. Sechs Jahre später wird Rieß [[1920]] in die städtische Registratur übernommen. Seine Arbeitsstätte war nun das [[Rathaus]] im Zimmer 67. Seine Hauptaufgabe als Buchbinder war das Aktenheften der städtischen Unterlagen. | ||
Rieß publizierte auch für kurze Zeit eigene heimatkundliche Artikel, die in der Regel ab [[1908]] in der "Sonntagspost" des [[Fürther Zentralanzeiger]]s veröffentlicht wurden. Nach der Einstellung der Zeitung im März [[1910]] unterstützte er das [[Fürther Tagblatt]] mit seinem lokalen Wissen, dessen Redakteur [[Georg Wüstendörfer]] er gut kannte und | Rieß publizierte auch für kurze Zeit eigene heimatkundliche Artikel, die in der Regel ab [[1908]] in der "Sonntagspost" des [[Fürther Zentralanzeiger]]s veröffentlicht wurden. Nach der Einstellung der Zeitung im März [[1910]] unterstützte er das [[Fürther Tagblatt]] mit seinem lokalen Wissen, dessen Redakteur [[Georg Wüstendörfer]] er gut kannte und half. | ||
== Rießchronik == | == Rießchronik == | ||
Drei Wochen nach dem Tod [[Paul Käppner]]s im Januar [[1911]] kam [[Magistratsrat]] Scheidig zur Arbeitsstelle von Rieß, der damals noch als Zuschneider in der [[Bilderbücherfabrik Löwensohn]] beschäftigt war. Er fragte Rieß im Auftrag von Oberbürgermeister [[Theodor Kutzer]], ob er die Stadtchronik fortführen wolle, was Rieß hocherfreut annahm. Er nahm die Arbeit sofort auf und holte sie nach bis vor dem Todestage von Käppner<ref name="Altstadtbläddla">Altstadtbläddla 35 - Krieg der Illusionen</ref> | Drei Wochen nach dem Tod [[Paul Käppner]]s im Januar [[1911]] kam [[Magistratsrat]] [[Emil Scheidig|Scheidig]] zur Arbeitsstelle von Rieß, der damals noch als Zuschneider in der [[Bilderbücherfabrik Löwensohn]] beschäftigt war. Er fragte Rieß im Auftrag von Oberbürgermeister [[Theodor Kutzer]], ob er die Stadtchronik fortführen wolle, was Rieß hocherfreut annahm. Er nahm die Arbeit sofort auf und holte sie nach bis vor dem Todestage von Käppner.<ref name="Altstadtbläddla">Altstadtbläddla 35 - Krieg der Illusionen</ref> | ||
Paul Rieß schrieb von [[1911]] bis April [[1942]] die '''Chronik der Stadt Fürth''', die den Untertitel "''Aufzeichnungen aus der Stadt Fürth''" trägt und 35 Bände umfasst. Rieß reicherte die Bände mit Drucken, Ansichts- und Eintrittskarten sowie Werbeblättern an. Zusätzlich fertigte er handschriftlich ein alphabetisches Stichwortverzeichnis an. Die Kriegsjahre des Ersten Weltkrieges finden sich in fünf eigenen Bänden von 1914 bis 1921 wieder - patriotisch "angehaucht". Dabei wurden alle ihm bekannten Kriegsteilnehmer aus Fürth, einschließlich deren Auszeichnungen und Opfer, gewürdigt. Die Chronikbände sind im Stadtarchiv in Burgfarrnbach erhalten und können im Lesesaal während der regulären Öffnungszeiten eingesehen werden. | Paul Rieß schrieb von [[1911]] bis April [[1942]] die '''Chronik der Stadt Fürth''', die den Untertitel "''Aufzeichnungen aus der Stadt Fürth''" trägt und 35 Bände umfasst. Rieß reicherte die Bände mit Drucken, Ansichts- und Eintrittskarten sowie Werbeblättern an. Zusätzlich fertigte er handschriftlich ein alphabetisches Stichwortverzeichnis an. Die Kriegsjahre des Ersten Weltkrieges finden sich in fünf eigenen Bänden von 1914 bis 1921 wieder - patriotisch "angehaucht". Dabei wurden alle ihm bekannten Kriegsteilnehmer aus Fürth, einschließlich deren Auszeichnungen und Opfer, gewürdigt. Die Chronikbände sind im Stadtarchiv in Burgfarrnbach erhalten und können im Lesesaal während der regulären Öffnungszeiten eingesehen werden. | ||
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== Paul Rieß aus Fürth vs. Paul Rieß aus Nürnberg == | == Paul Rieß aus Fürth vs. Paul Rieß aus Nürnberg == | ||
[[Datei:Das lustige Pausala-Buch (Buch).jpg|miniatur|rechts|Buch des "Nürnberger" Paul Rieß, der häufig mit dem "Fürther" Paul Rieß verwechselt wird]] | [[Datei:Das lustige Pausala-Buch (Buch).jpg|miniatur|rechts|Buch des "Nürnberger" Paul Rieß, der häufig mit dem "Fürther" Paul Rieß verwechselt wird]] | ||
In Nürnberg gab es um die Jahrhundertwende einen "Namensvetter", der zur gleichen Zeit von sich Reden machte. Bei der "Nürnberger-Variante" des Paul Rieß handelt es sich um einen bekannten Mundartdichter - der unter dem Pseudonym "Pausala" bekannt wurde. Rieß publizierte in den 1920er Jahren mehrere Mundartgedichtbände unter | In Nürnberg gab es um die Jahrhundertwende einen "Namensvetter", der zur gleichen Zeit von sich Reden machte. Bei der "Nürnberger-Variante" des Paul Rieß handelt es sich um einen bekannten Mundartdichter - der unter dem Pseudonym "Pausala" bekannt wurde. Rieß publizierte in den 1920er Jahren mehrere Mundartgedichtbände unter dem Namen "Das lustige Pausala-Buch". In Nürnberg ist eine Straße nach Paul Rieß benannt, die "Pausala-Straße", die allerdings 1993 in Kritik geriet, da sich Paul Rieß sehr früh dem [[Nationalsozialismus]] andiente.<ref>André Fischer: Wie rassistisch sind Nürnbergs Straßennamen? In: Nürnberger Nachrichten vom 6. April 2017 - [http://www.nordbayern.de/region/nuernberg/wie-rassistisch-sind-nurnbergs-strassennamen-1.5969045?cid=19.490288 online abrufbar]</ref> Der Nürnberger Stadtrat entschied sich in der Diskussion zur vermeintlichen Umwidmung gegen eine andere Straßenbenennung, sodass noch heute die Pausala-Straße in Nürnberg besteht, trotz anhaltender Kritik. | ||
==Werke== | ==Werke== | ||
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==Schenkung an die Stadt Fürth== | ==Schenkung an die Stadt Fürth== | ||
Paul Rieß teilte dem Stadtrat und dem Oberbürgermeister von Fürth in einem Brief vom 5. April [[1935]] betreffs seines lokalhistorischen Nachlasses mit: ''Der diesbezügliche Passus in dem Schriftstück meines letzten Willens lautet wörtlich: … Alle Sachen die in meinem Besitz sind u. auf Fürth Bezug haben, als: Tageschroniken, Separatchroniken, gedruckte Bücher, Bilder, Kriegschroniken u.s.w. vermache ich Letztwillig der städt. Sammlung meiner Vaterstadt Fürth. Genau angelegte Verzeichnisse der lokalhistorischen, von mir gesammelten Sachen sind vorhanden. Als Entgegenkommen von Seite der Stadtverwaltung verlange ich die Pflege meines Grabes auf städtische Kosten bis zu dem Verfall. Das Grab habe ich am 7. Oktober 1933 gekauft … Bitte Herr Oberbürgermeister wollen Sie mir mitteilen ob Sie mit meinem Wunsche u. Verlangen einverstanden sind.''<ref>Stadtarchiv Fürth, AGr. 3/273a: Schenkung des Chronisten Georg Paul Rieß</ref> | Paul Rieß teilte dem Stadtrat und dem Oberbürgermeister von Fürth in einem Brief vom 5. April [[1935]] betreffs seines lokalhistorischen Nachlasses mit: ''Der diesbezügliche Passus in dem Schriftstück meines letzten Willens lautet wörtlich: … Alle Sachen die in meinem Besitz sind u. auf Fürth Bezug haben, als: Tageschroniken, Separatchroniken, gedruckte Bücher, Bilder, Kriegschroniken u.s.w. vermache ich Letztwillig der städt. Sammlung meiner Vaterstadt Fürth. Genau angelegte Verzeichnisse der lokalhistorischen, von mir gesammelten Sachen sind vorhanden. Als Entgegenkommen von Seite der Stadtverwaltung verlange ich die Pflege meines Grabes auf städtische Kosten bis zu dem Verfall. Das Grab habe ich am 7. Oktober 1933 gekauft … Bitte Herr Oberbürgermeister wollen Sie mir mitteilen ob Sie mit meinem Wunsche u. Verlangen einverstanden sind.''<ref name="3/273a">Stadtarchiv Fürth, AGr. 3/273a: Schenkung des Chronisten Georg Paul Rieß</ref> | ||
Nachdem ein Gutachten des Stadtgartenamts ergeben hatte, dass bis zum Verfall des Grabes im Jahre [[1963]] Kosten von rund 860 RM anfallen würden - eine nicht allzu große Gegenleistung -, nahm Oberbürgermeister [[Franz Jakob]] mit Schreiben vom 16. April [[1935]] die letztwillige Verfügung an: ''Durch Ihre Lebensarbeit und nicht zuletzt durch das Vermächtnis an die Stadt Fürth haben Sie sich in der Geschichte unserer Stadt ein bleibendes Gedächtnis gesichert.''<ref | Nachdem ein Gutachten des Stadtgartenamts ergeben hatte, dass bis zum Verfall des Grabes im Jahre [[1963]] Kosten von rund 860 RM anfallen würden - eine nicht allzu große Gegenleistung -, nahm Oberbürgermeister [[Franz Jakob]] mit Schreiben vom 16. April [[1935]] die letztwillige Verfügung an: ''Durch Ihre Lebensarbeit und nicht zuletzt durch das Vermächtnis an die Stadt Fürth haben Sie sich in der Geschichte unserer Stadt ein bleibendes Gedächtnis gesichert.''<ref name="3/273a"/> | ||
Bei der Beerdigung von Paul Rieß am 8. März [[1945]] sprach als Vertreter der Stadt der städtische Archivar Dr. [[August Häußler]] einen Nachruf und ließ im Hinblick auf die Grabpflege wissen, dass Paul Rieß die im Testament aufgeführten Werke schon vor längerer Zeit dem städtischen Archiv übergeben habe.<ref>Stadtarchiv Fürth, AGr. 3/273a: Schenkung des Chronisten Georg Paul Rieß, Vermerk vom 10.03.1945</ref> | Bei der Beerdigung von Paul Rieß am 8. März [[1945]] sprach als Vertreter der Stadt der städtische Archivar Dr. [[August Häußler]] einen Nachruf und ließ im Hinblick auf die Grabpflege wissen, dass Paul Rieß die im Testament aufgeführten Werke schon vor längerer Zeit dem städtischen Archiv übergeben habe.<ref>Stadtarchiv Fürth, AGr. 3/273a: Schenkung des Chronisten Georg Paul Rieß, Vermerk vom 10.03.1945</ref> |