Schulhof 3: Unterschied zwischen den Versionen
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Das Gebäude '''Schulhof 3''', war die Hauptsynagoge in Fürth und wurde. Meist als die ''Altschul'' bezeichnet. Sie befand sich im sog. [[Gänsberg]]viertel. Das Gebäude bestand aus Quadergestein und war im spätgotischen Stil auf dompröpstisch-bambergischen Grund erbaut. Sie war die erste und zugleich größte Synagoge in Fürth und hatte dementsprechend die Funktion einer '''Hauptsynagoge'''. Sie war der Prager [[wikipedia:Pinkas-Synagoge|Pinkas-Synagoge]] nachempfunden <ref>Julia Haarmann: ''Hüter der Tradition'', in: Jüdische Religion, Geschichte und Kultur Bd. 18, Göttingen 2013; S. 36, auch ''Mehr als Steine'' - Synagogen-Gedenkband Bayern, Band II, Seite 270 und Helmut Mahr: ''Die Fürther Hauptsynagoge'' in: "[[Fürther Heimatblätter]]", 1966/6; Seite 130 ff</ref> und existierte bis zur [[wikipedia: | Das Gebäude '''Schulhof 3''', war die Hauptsynagoge in Fürth und wurde. Meist als die ''Altschul'' bezeichnet. Sie befand sich im sog. [[Gänsberg]]viertel. Das Gebäude bestand aus Quadergestein und war im spätgotischen Stil auf dompröpstisch-bambergischen Grund erbaut. Sie war die erste und zugleich größte Synagoge in Fürth und hatte dementsprechend die Funktion einer '''Hauptsynagoge'''. Sie war der Prager [[wikipedia:Pinkas-Synagoge|Pinkas-Synagoge]] nachempfunden <ref>Julia Haarmann: ''Hüter der Tradition'', in: Jüdische Religion, Geschichte und Kultur Bd. 18, Göttingen 2013; S. 36, auch ''Mehr als Steine'' - Synagogen-Gedenkband Bayern, Band II, Seite 270 und Helmut Mahr: ''Die Fürther Hauptsynagoge'' in: "[[Fürther Heimatblätter]]", 1966/6; Seite 130 ff</ref> und existierte bis zur [[wikipedia:Reichspogromnacht|Reichspogromnacht]]. | ||
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Version vom 23. März 2023, 23:38 Uhr
Außenansicht der Hauptsynagoge am ehem. Schulplatz in Fürth, gel. Sept. 1917 |
- Objekt
- Synagoge
- Baustil
- Bruchstein
- Geokoordinate
- 49° 28' 43.61" N, 10° 59' 9.89" E
- Abbruchjahr
- 1938, nach Niederbrennen
Das Gebäude Schulhof 3, war die Hauptsynagoge in Fürth und wurde. Meist als die Altschul bezeichnet. Sie befand sich im sog. Gänsbergviertel. Das Gebäude bestand aus Quadergestein und war im spätgotischen Stil auf dompröpstisch-bambergischen Grund erbaut. Sie war die erste und zugleich größte Synagoge in Fürth und hatte dementsprechend die Funktion einer Hauptsynagoge. Sie war der Prager Pinkas-Synagoge nachempfunden [1] und existierte bis zur Reichspogromnacht.
Geschichte
- Mit der ersten Ansiedlung von Juden war noch kein Synagogenbau verbunden. Dazu war die Zahl jüdischer Bürger zu gering. Weder hätten die Baukosten noch ein Minjan zustande gebracht werden können.[2] Darum wurden Gottesdienste in Privathäusern abgehalten. Angeblich soll schon acht Jahre vor dem Bau der Altschul eine Synagoge, "der erste öffentliche Gebetsraum der Juden in Fürth", in dem Haus des Simon Michel (später Rednitzstraße 28) eingerichtet worden sein: die Eisig-Schul.[3]
- 1616/17: erste Erbauung der Synagoge. Sie wurde am 23. Februar 1617 eingeweiht.[4]. Das Datum 1617 wurde auch durch eine Art Bauinschrift im Inneren der Synagoge wiedergegeben. Über dem Thoraschrein befand sich ein Schriftzug mit dem Teilvers aus Psalm 29,11 b
- "Der Herr wird sein Volk segnen mit Frieden" (יהוה | יברך את עמו בשלןם).
- Das entscheidende Wort war dabei: שלןם, was ersichtlich wurde, da jeder Buchstabe mit einem kleinen Kreis darüber herausgehoben wurde. Weil das hebräische Alphabet auch gleichzeitig Zahlenwerte erfüllt, ergab sich daraus:
- 300 = ש
- 30 = ל
- 6 = ן
- 40 = ם
- 1621: im Dreißigjährigen Krieg nutzte Oberst Tilly die Altschul am 12. Oktober 1621 um 18 Plünderer auf seinem Zug von Böhmen in die Rheinpfalz dort einzusperren und bewachen zulassen. Tags darauf wurden diese am Schießanger erhängt.[6].
- 1634: Die Kroaten äscherten während des Dreißigjährigen Krieges am 8./9. September 1634 Fürth ein. Die Altschul blieb davon verschont, weil die Kroaten sie als Pferdestall nutzten.[7]
- 1680: Am 22. Mai schlug der Blitz in die Synagoge und beschädigte sie an mehreren Stellen.[8] Im gleichen Jahr äscherte ein Brand am 20. August acht Häuser ein und der Wind trieb die Flammen bis zur Altschul deren Fensterläden verbrannten.
- 1704: Sowohl die vergangenen Beschädigungen als auch das Wachstum der jüdischen Gemeinde[9] machten Umbau- und Erweiterungsarbeiten nötig, die zu dem Aussehen auf dem Boener-Stich von 1704 führten. Die Erweiterung scheint rundum äußere Stützlisenen notwendig gemacht zu haben, um den Gewölbedruck abzufangen. Möglicherweise wuchs der Bau auch an und ermöglichte dadurch eine Neueinteilung mit der Frauenabteilung.[10] Für diese Umgestaltung spricht auch, dass die Dachform kein gleichschenkeliges Dreieck mehr war, d.h. die Nordseite des Daches kürzer und steiler als die Südseite ausfiel. Die Ostwand (Misrach - מזרח) erhielt einen kleinen Anbau, den Toraschrein als Aufbewahrungsort der Torarollen.
Synagoge.JPG Die Altschul von Osten betrachtet
Grundriss Altschul.jpg Grundriss mit zwei Abteilungen
Synagoge innen.jpg Altschul Inneres, Frauenabteilung rechts hinter den Gittern
- 1831 Umbau der Altschul; im gleichen Jahr wurde der reformorientierte Rabbiner Isaak Loewi installiert, der die Renovierung auf den Weg brachte, die vorher u.a. auch durch den orthodoxen Gemeindeteil verhindert wurde. Die Umgestaltung übernahm mit Albert Christoph Reindel der auch die Michaelskirche mit der heute noch dominierenden neugotischen Innenausstattung prägte, was eine (gewollte) Anpassung des Erscheinungsbildes von Synagoge und Kirche mit sich brachte. Den Frauen, die zuvor im durch Gitter abgetrennten Seitenflügel den jüdischen Gottesdienst verfolgten, ließ er an der Nord- und Südseite Frauenemporen einbauen. Weil diese aber ziemlich in das Synagogenschiff hineinragten, machten sie die Männerabteilung so dunkel, dass man an der Nordseite neue Rundfenster in das Mauerwerk brach.
- 1863/1865 erneute Erweiterung der Altschul. Die Hauptsynagoge
- 1875 Einbau einer Orgel in der Hauptsynagoge, der bei orthodoxen Gemeindemitgliedern auf heftige Kritik stieß.
Frühere Adressen
- ab 1792 Hausnummer 387
- ab 1827 Hausnummer 52, I
- ab 1860 Schulhof 2
- ab 1890 Schulhof 3
Rabbiner und Kantoren an der Altschul
Siehe auch
Literatur
- Gänsberg-Erinnerungen Band 4, Fürth, Städtebilder Verlag, 2008, S. 72
Einzelnachweise
- ↑ Julia Haarmann: Hüter der Tradition, in: Jüdische Religion, Geschichte und Kultur Bd. 18, Göttingen 2013; S. 36, auch Mehr als Steine - Synagogen-Gedenkband Bayern, Band II, Seite 270 und Helmut Mahr: Die Fürther Hauptsynagoge in: "Fürther Heimatblätter", 1966/6; Seite 130 ff
- ↑ Andreas Würfel: Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth, 1754, Seite 25
- ↑ Gisela Naomi Blume: Der alte jüdische Friedhof in Fürth, Seite 23
- ↑ Helmut Mahr: Die Fürther Hauptsynagoge in: "Fürther Heimatblätter", 1966/6; Seite 132 f. Mahr zitiert dabei aus der Kreßschen Chronik
- ↑ Andreas Würfel: Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth, 1754, Seite 26
- ↑ siehe Helmut Mahr: Die Fürther Hauptsynagoge in: "Fürther Heimatblätter", 1966/6; Seite 124. Mahr beruft sich dabei auf die Starcksche Chronik, die bei v. Soden Kriegs- und Sittengeschichte der Reichsstadt Nürnberg Bd. I. überliefert ist. Die Plünderer sollen den Herrensitz Bremerstall an der Regnitz völlig zerstört und damit das Ansehen der Armee geschädigt haben.
- ↑ Fronmüllerchronik, zu 1634. Seite 96
- ↑ Andreas Würfel: Historische Nachricht ..., Seite 27; auch Eger-Chronik in Fürther Adressbuch von 1819 als Anhang XXIII: Chronik von Fürth, vom achten Jahrhundert an, bis zum Schluß Eintausend Achthundert und Achtzehn, Seite 180; sowie Salomon (Siegfried) Haenle: Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum Ansbach, Seite 181
- ↑ besonders durch die Vertreibung der Wiener Juden durch den Habsburger Kaiser Leopold I. im Jahr 1670, von denen sich etliche in Fürth ansiedelten.
- ↑ Andreas Würfel: Historische Nachricht ..., Seite 26; Helmut Mahr: Die Fürther Hauptsynagoge, Seite 127 interpretiert die Maßnahme als ein Anflicken und vermutet die Maßnahme 1692.
Bilder
Die jüd. Synagoge nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938; Blick von der Südseite
Die jüd. Synagoge nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938; auf der linken Seite die niedergebrannte Neuschul oder Kaalsschul und dahinter die Ruine der Hauptsynagoge, der Altschul.
Die jüd. Synagoge nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938, rechts der zerstörte Westgiebel der Hauptsynagoge (=Altschul), gleich daneben, links hinten die zerstörte Mannheimer Schul
Die jüd. Synagoge nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938. Blick von der Mohrenstraße; links die Neuschul, Mitte die Altschul, rechts das intakte Gebäude die Mohrenstraße 26
Foto vom Schulhof nach der Reichspogromnacht; Ansicht von der Mohrenstraße, hinter dem Tor links Schulhof 2 ("Neuschul"), rechts die "Altschul"
Hermann Schey Konzertbericht, Nürnberg-Fürther Isr. Gemeindeblatt 1. März 1935
Konzert mit Hermann Schey in der Hauptsynagoge, Nürnberg-Fürther Isr. Gemeindeblatt 1.Januar 1935
Außenansicht der Hauptsynagoge am ehem. Schulplatz in Fürth, gel. Sept. 1917
Ansichtskarte mit einem Zeppelinüberflug, die Collage entstand vermutlich zur ersten Landung eines Luftschiffes in Nürnberg am 29. März 1909 (links hinten: Ostwand der Hauptsynagoge)
v.l.n.r.: Schulhof 2 (Kaalsschule oder Neuschul), Schulhof 3 (Haupsynagoge oder Altschul), Schulhof 6, Kirchturm St. Michael, Schulhof 1; Stich G. Löwensohn, Lithographie 1839
Nordansicht der Hauptsynagoge 1838, Zeichnung von J.G. Leonhard Dorst von Schatzberg
Steindruck der "Alt Schul" und im Hintergrund der "Neu Schul" auf dem Schulhof, Ansicht von Nordost
Johann Alexander Boener: Innenansicht der Fürther Hauptsynagoge im Jahre 1705
"Neue Schul" (links, Schulhof 2) und "Alte Schul" (rechts, Schulhof 3) von außen bzw. von Osten gesehen, Postkarte, Boenerstich
Synagoge von innen, Postkarte von 1704, Boenerstich.