Schulhof

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Schulhof in Fürth, ca. 1920

links: Hauptsynagoge, rechts dahinter: Rabbinatswohnung und Kanzlei; ganz rechts: Schulhof 1

Der jüdische Schulhof - Israelitischer Schulhof in Fürth war das Gemeindezentrum der altehrwürdigen Jüdischen Gemeinde Fürth.

Gänsbergplan; Schulhof ist gelb markiert

Begriff

Schulhof hieß er, da die jiddische Bezeichnung der Synagoge „Schul“ ist, hebräisch „Beth ha knesset“ (בית הכנסת) - „Haus der Versammlung“. Die „Schul“ ist Bet- und Gotteshaus, Lehr- und Versammlungshaus.

Lage

Der Schulhof erstreckte sich von der Königstraße zur Mohrenstraße. Der Schulhof war mit einer Mauer umgeben und wurde an beiden Straßen mit Toren begrenzt, die nur nachts verschlossen wurden. Diese beiden Eingangsportale wurden im Jahr 1853 gebaut[1].

Die Seitengasse, die über den Schulhof zwischen der Königstraße und der Mohrenstraße führte, nannte man deshalb auch Israelitischer Schulhof, die Umbenennung erfolgte am 14. Mai 1889.

Geschichte

Ruine des Schulhofs nach der Pogromnacht

Der Schulhof entstand ab 1617 mit dem Bau der ersten Synagoge, die später sogenannte Altschul, der Hauptsynagoge und Lehrstätte des Oberrabbiner. Im Laufe der Zeit entwickelte sich daraus das jüdische Gemeindezentrum mit allem was zum jüdisch Sein gehört.

Im Schulhof gab es zu der „Altschul“ von 1617, da die Gemeinde schnell weiter wuchs die „Neuschul“ oder „Kaalsschul“ von 1697 und die privaten Stiftungen „Klausschul“ von 1708 und die „Mannheimer Schul“ von 1896.

Im Schulhof waren neben den Synagogen mit den Talmudschulen des Weiteren noch Gemeindekanzlei mit Bibliothek, Rabbinerwohnung, Hausmeisterwohnung, Scharre (Schächterei) und Mikwe (Ritualbad). Auch gab es einen koscheren Fleischer.

Die Nationalsozialisten zerstörten die Gebäude während und kurz nach dem Novemberpogrom von 1938, nachdem sie in der Nacht des 10. November die Gebäude in Brand steckten. Nach der Räumung der Trümmer war im Bereich des Schulhofs nur noch eine große Freifläche zu finden, da der "Schulhof" gebrandschatzt und abgerissen worden war.

Aller Grundbesitz der jüdischen Gemeinde Fürth wurde am 10. November 1938 de facto enteignet (Kaufpreis für beide Friedhofe und alle Gebäude: 100 RM), sie musste die Kosten der Übertragung in Höhe von 236,50 RM übernehmen, die Grundstücke fielen an die Stadt Fürth. Im Krieg wurde ein Luftschutzbunker auf der Freifläche errichtet.[2] Nach dem Krieg wurde die Gemeinde "entschädigt".

Über die Vorgehensweise bei den Zerstörungen im jüdischen Schulhof gibt es noch genauere Kenntnisse aufgrund der Prozesse gegen die Verantwortlichen in der Nachkriegszeit. Als Handelnde nach der Synagogen-Brandstiftung betätigten sich bei der Beseitigung - auch des Hausmeisterhauses - Angehörige der damaligen Feuerpolizei. Das geht aus der Spruchkammer-Akte über Oberbürgermeister Franz Jakob hervor: neben Brandingenieur Johannes Rachfahl, Hauptbrandmeister Xaver Dimper und sein Kollege Pressel. Die zwei Feuerwehrleute mussten von der Feuerwache einen Kanister Benzin holen und legten dann in der Wohnung des Hausmeisters Robert Oppel im I. Stock ebenfalls Feuer, also im Gebäude gegenüber der noch brennenden Synagoge. Das ganze Gelände sollte demnach freigemacht werden.

Im Zuge der Flächensanierung in den 1970er Jahren wurde das Areal völlig verändert und überbaut. An der Stelle des ehemaligen Eingangstors an der Königstraße befindet sich heute der Neubau Königstraße 54.

Prägende Gebäude, Bauwerke und Baudenkmäler

Da es heute keinen Schulhof mehr gibt, wird der Gebäudebestand nicht zusätzlich mit "(ehemals)" im Lemma gekennzeichnet!

Gedenken

David Spiro zu Gedenken am Schulhof in: "Nachrichten für den Jüdischen Bürger Fürths", 1954

Rabbiner David Spiro regte 1954 an, den zerstörten Ort des ehemaligen Schulhofs zum Andenken als Grünfläche mit einem Gedenkstein (םצבה, Mazewa) zu gestalten.[3] Damit wäre die Würde gewahrt und ebenso die Heiligkeit, die nach der Zerstörung und Verwüstung weiterbesteht. In den Nachrichten für den Jüdischen Bürger Fürths schrieb er 1954: Wir kamen "zu dem Entschluß den verwahrlosten Schulhof in eine Andenkungsstätte für die ums Leben gekommenen Kedoschim, gewesene Mispallim von diesen Botei T´fillos, - zu verwandeln. Es soll eine Grünfläche auf den ganzen Platz angelegt werden und eine Mazewa, ein "Monument lesecher Olam" (לזכר עולם, ewiges Andenken) aufgestellt werden. Das Monument wird gleichzeitig dienen als Mahnung für Generationen, gegen das größte Verbrechen, gegen den schrecklichsten Vandalismus in der menschlichen Geschichte. Mit dem Realisieren dieser Idee wird die Kehilla sich ein ruhmreiches Kapitel in ihrer Tätigkeit verschreiben."[4]

Heute erinnert an dieses Zentrum der Jüdischen Kultur und Glaubens in Fürth seit 1986 nur noch das Synagogendenkmal in der Geleitgasse, etwas westlich außerhalb des früheren Schulhofs. Die heutige platzartige Erweiterung der Geleitsgasse, auf der sich das Denkmal befindet, überschneidet sich nur auf Randbereichen in wenigen Quadratmetern mit dem ehemaligen Schulhof (v.a. im Bereich der ehemaligen Klausgasse bzw. Klaussynagoge).

Tafel 7

Seit 2007 erinnert auch in der Königstraße am ehemaligen Eingang - heute etwa zwischen Königstraße 54/56 - die Tafel 7 - Ehemaliger Eingang zum israelitischen Schulhof, der Fürther Jubiläumsmeile des Geschichtsvereins an diesen untergegangen bedeutenden historischen Ort in der Fürther Geschichte.

Im Jüdischen Museum lässt sich seit 2022 eine animierte Darstellung des Schulhofs mit einer VR-Brille virtuell erkunden.[5]

»Vergegenwärtigung«

Hier kann per horizontaler Mauszeigerbewegung ein historisches S/W-Foto mit einer kolorierten Fassung überlagert und damit gefühlsmäßig näher an die Jetztzeit herangeholt werden.



  • Foto: Eingang zum Schulhof (Synagogenhof), Aufnahme von ca. 1935 (Urheber: Ferdinand Vitzethum, Kolorierung: Robert Söllner)

Literatur

  • Juden. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 186-189
  • Schulhäuser. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 331 f.
  • Schulhof. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 332
  • Manfred Mümmler: Der Pogrom zu Fürth. Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. In: Fürther Heimatblätter, 1988/4, S.101 - 112
  • Gisela Naomi Blume: Mikwen in Fürth - "Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen". Mikwe im Haus Schulhof 5, Bärmann-Fränkel'sche Klaus (um 1694). In: Fürther Geschichtsblätter, 2/2011, S.46 - 49
  • Gisela Naomi Blume: Mikwen in Fürth - "Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen". Mikwe im Gebäude Schulhof 2, Neuschul, Kaalschul. In: Fürther Geschichtsblätter, 3/2011, S.63 - 69
  • Gisela Naomi Blume: Mikwen in Fürth - "Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen". Nur geplante Mikwe im Haus Schulhof 1, Scharre bis 1804. In: Fürther Geschichtsblätter, 3/2011, S.70 - 71
  • Gisela Naomi Blume: Mikwen in Fürth - "Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen". Nur geplante Mikwe im Haus Königstraße 48. In: Fürther Geschichtsblätter, 3/2011, S.74 - 75
  • Gisela Naomi Blume: Mikwen in Fürth - "Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen". Mikwe im Gebäude Schulhof 5 1/2, Mannheimer Schul. In: Fürther Geschichtsblätter, 3/2011, S.76 - 77

Lokalberichterstattung

  • Sabine Rempe: Viel mehr als die Shoah. In: Fürther Nachrichten vom 27. September 2021, S. 29 (Druckausgabe)

Siehe auch

Weblinks

  • Jüdisches Museum Franken: 3D-Modell des Schulhofes / digitale Panoramaversion online
  • Der Fürther „Schulhof“ in: "HaGalil.com - Jüdisches Leben online" online

Einzelnachweise

  1. siehe: Hugo Barbeck in seinem Buch: „Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth“, S. 91
  2. Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch), S. 52.
  3. David Spiro: "Boruch Haschem" in: Nachrichten für den Jüdischen Bürger Fürths, Ausgabe 1954, Seite 3f
  4. David Spiro: "Boruch Haschem" in: Nachrichten für den Jüdischen Bürger Fürths, Ausgabe 1954, Seite 4
  5. Sabine Rempe: Viel mehr als die Shoah. In: Fürther Nachrichten vom 27. September 2021

Bilder