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Zusätzlich konnten zum Beginn des 20. Jahrhunderts 304 Hilfsschuleinrichtungen mit 921 Klassen verzeichnet werden, in denen etwa 20.150 „schwachsinnige“ Kinder unterrichtet wurden. Es erschienen auch einige einschlägige medizinische und pädagogische Periodika. 1865 gründete sich die “Gesellschaft zur Förderung der Schwach- und Blödsinnigenbildung” in Hannover, 1874 erfolgte in Berlin die erste “Konferenz der Idiotenheilpflege” in dreijährigem Turnus, die sich 1898 in “Konferenz für das Idioten- und Hilfsschulwesen” umbenannte und seit 1907 “Verein für Erziehung, Unterricht und Pflege Geistesschwacher” hieß. Um die Jahrhundertwende verstärkte sich die Diskussion über die alternative Anstalts- oder Hilfsschulerziehung der Schwachsinnigen. Vor allem für Kinder aus armen Familien blieben die hohen Kosten der Anstaltserziehung unerschwinglich.

Der Verein zur Unterstützung Geisteskranker in Fürth wurde schon im Jahre 1861 gegründet (im Bild die Satzung), leistete aber nur eine Art Zusatzkrankenversicherung. (Repro A. Mayer, Original der Satzung im Stadtarchiv Fürth).

6. Geistig behinderte Menschen in Fürth vor 1914 Das erste Datum, das sich für Fürth nachweisen lässt, bezieht sich auf Geisteskranke, was überrascht, denn in der allgemeinen Entwicklung kam den Geisteskranken erst mit einem zeitlichen Verzug zu anderen Behindertengruppen fürsorgliche Aufmerksamkeit

zu. Am 11. Juli 1864 gründete sich in Fürth der “Verein zur Unterstützung Geisteskranker”. Der Verein übernahm die Verpflegungskosten von Mitgliedern und deren Kindern in staatlichen Heil- und Pflegeanstalten, war also eher eine Art Zusatzkrankenversicherung. 1888 waren 22 Personen aus Fürth auf Kosten der Armenpflege in der „Kreisirrenanstalt Erlangen“ untergebracht, auf Kosten des Vereins 14 Personen, auf Privatkosten ebenfalls 14. 1914 hatte der Verein immerhin 4.370 Mitglieder, kam dabei aber nur für 17 kranke und behinderte Menschen auf. Für 1903 findet sich eine Notiz, der zufolge in der „Kreisirrenanstalt Erlangen“ auf Kosten der Armenpflege 39 Geisteskranke untergebracht waren, die Ausgaben betrugen 15.466 Mark. „Epileptiker, Blöde etc.“ waren in Neuendettelsau untergebracht (16 Personen), die Kosten lagen bei 3.710 Mark. Seit dem 1. Mai 1900 bestand in Fürth eine Hilfsschule (d.h. eine oder mehrere Klassen), seit Oktober 1915 ein Kindergarten für körperlich und geistig Zurückgebliebene, der im April 1924 jedoch wieder aufgelassen wurde. Abgesehen von dem Verein lässt sich in Fürth vor dem Ersten Weltkrieg - und im übrigen bis zur Gründung der Lebenshilfe 1961 - nur eine gesonderte Institution für geistig behinderte Menschen im engeren Sinne nachweisen: Am 11. Dezember 1913 erging vom überaus verdienstvollen Stadtschulrat Dr. Bernhard Bauer eine Stiftung über 25. 000 Mark - damals eine ganz erhebliche Summe - zugunsten geistig behinderter Kinder aus Fürth. Die Stiftung war dem Andenken an seine verstorbene geistig behinderte Tochter gewidmet, so berichtet die Fürther Stadtchronik: „Schwere Heimsuchung hat die Familie des erst in Pension getretenen Schulrats Dr. Bauer betroffen. Ihr Schmerzenskind Frieda, das aber um deswillen mit um so größerer Liebe und Aufopferung gehegt und gepflegt wurde, ist nach mehrwöchigem Leiden aus dem Leben abgerufen worden.“ Der Schulrat starb wenig später, wobei der frühe Tod im Alter von 56 Jahren auf die persönlichen Umstände zurückgeführt wurde: Dr. Bauer hatte sich zeitlebens für die Kinder der Stadt engagiert, die Behinderung der Tochter setzte ihm seelisch so zu, dass er früh pensioniert wurde, deren Tod raubte ihm dann den letzten Lebenswillen. Als seine Frau Marie Bauer 1942 verstarb, wollte sie weitere 12.000 Reichsmark der Stiftung zugehen lassen, allerdings unter der Bedingung, dass im Stiftungskuratorium ein evangelischer Pfarrer aufgenommen werde und vor allem protestantische Kinder bedacht würden. Dies lehnten die nationalsozialistischen Machthaber jedoch ab, so dass auch die Summe nicht angenommen wurde. Die Stiftung wurde nach dem Währungsschnitt im Jahre 1949 „wegen Unmöglichkeit der Erfüllung des Stiftungszwecks“ aufgehoben. Vor 1914 gab es im Fürther Krankenhaus „Irrenzellen“, die ab 1914 nur noch vorübergehend belegt wurden. Da eine Überwachung (von Betreuung war keine Rede) nicht geleistet werden konnte, machte der Krankenhauspfleger 1917 den Vorschlag, die Irrenzellen nicht mehr zu benutzen und die Fürther Geisteskranken sofort in die Heil- und Pflegeanstalt Erlangen zu verbringen. Dem wurde wohl entsprochen, jedenfalls lassen sich keine Vermerke mehr auffinden.

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