Gustav Schneider: Unterschied zwischen den Versionen

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|Geburtsdatum=1899/03/18
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'''Gustav "Gustl" Schneider''' (ca. [[1905]] in Fürth; gest. [[28. Dezember]] [[1971]] Teneriffa/Spanien) reiste mit seinem Bruder [[Sepp Schneider|Josef "Sepp" Schneider]] [[1926]] mit dem Paddelboot von Fürth nach Afrika.
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'''Gustav ("Gustl") Heinrich Schneider''' (geb. [[18. März]] [[1899]] in Fürth; gest. [[28. Dezember]] [[1971]] Teneriffa/Spanien) reiste mit seinem Bruder [[Sepp Schneider, geb. 1902|Joseph "Sepp" Schneider]] [[1926]] mit einem Paddelboot von Fürth nach Afrika.
 
== Paddelbootreise nach Afrika ==
[[Datei:Gebrüder Schneider Paddelboot Afrika 1926.jpg|mini|rechts|Die Brüder Joseph und Gustav Schneider kurz vor der Reise nach Afrika, 1926]]
Gustl Schneider erlangte Ende der 1920er Jahre in Fürth große Bekanntheit aufgrund seiner Paddelbootreise nach Afrika. Mit ein paar Freunden hatte er sich eigens dafür ein Paddelboot gebaut, welches zusätzlich bei Bedarf mit einem Segel ausgestattet werden konnte. Damit fuhr er in Begleitung mit seinem Bruder vom Kanalhafen Fürth über Nürnberg nach Kelheim, Regensburg, Wien, Budapest, Belgrad bis ins Schwarze Meer, an dessen Küste entlang nach Konstantinopel (heute Istanbul), nach Smyrna (heute Izmir), Tel Aviv-Jaffa, Jerusalem, Kairo und Alexandria. Dort setzten die beiden Brüder mit dem Dampfer über das Mittelmeer nach Cantania in Sizilien und fuhren erneut mit dem Paddelboot an der Küste entlang bis nach Neapel. Die Weiterfahrt über Rom, Genua, Mailand und dann auf dem Fluss Po nach Venedig und Triest kam unerwartet nicht mehr zustande.
 
=== Reisevorbereitung ===
Die Idee zur Weltreise mittels Boot kam Gustav Schneider nach eigenen Angaben beim Lesen der Arbeitersportzeitung „Wassersport“ Anfang der 1920er Jahre. Insbesondere ein Artikel ließ ihn nicht mehr los. Dabei handelte es sich um den Reisebericht einer Gruppe von drei Paddlern, die in der Donau an der Grenze zwischen Rumänien und dem heutigen Serbien kenterten, wobei einer der Paddler ertrank. Gustl Schneider war nach dem Lesen der Meinung, dass er so eine Reise auch unternehmen könnte, ohne dass es dabei zu solch einem Unfall kommen müsste. Da er kein Boot besaß, kam er auf die Idee selbst eines anzufertigen. Die Pläne entnahm er aus der Zeitschrift des Arbeiter- und Turn- und Sportbundes (ATSB), die sich als Gegenbewegung der sich gerade neu gegründeten nationalsozialistisch geprägten Deutschen Turnschaftsbewegung verstand.
 
Das Boot sollte zunächst aus Holz gebaut werden mit den Maßen 5,20 m lang und 0,80 m breit. Das erste Exemplar baute Gustl Schneider zu Hause im Schlafzimmer. Der Freund Schneiders, Emil Hildebrandt, schlug zu einem frühen Zeitpunkt vor, dass Boot aus Aluminium und Metall zu bauen, dass gleichzeitig in drei Teil zerlegbar sein sollte. Auch ein weiterer Freund war von der ersten Stunde mit dabei, der Gürtler Robert Sauer, den Schneider seit seiner frühsten Kindheit gut kannte. Bei dem Flaschner Georg Müdsam, dessen Vater in der [[Mondstraße 3]] eine Flaschnerei hatte, wurde nun das neue Boot aus Metall und Aluminum gebaut. Da Schneider nicht vermögend war, einigte man sich, dass er lediglich für die Materialkosten aufkommen müsse (50 bis 60 Mark) - im Gegenzug stellte Schneider für Müdsam ein paar Skier und einen Kleiderschrank her. Das neue Boot wurde in der nahe gelegenen Rednitz das erstmal zu Wasser gelassen und bestand die Feuertaufe. Schneider nahm das Boot in seine Wohnung in der Karolinenstraße und lagerte es erneut im Schlafzimmer, zerlegt in drei Teilen. Im Hof wurde das Boot wieder zusammengebaut und von einem weiteren Freund, dem Grabsteinhauer Hans Kreuzer, bemalt. Dabei wurde dem Boot auch erstmals sichtbar ein Name gegeben: Fried-Liese. Der Name ist ein Akronym der Vornamen der Eltern: Friedrich und Elisabeth. Nach der Fertigstellung wurde das Boot im ehemaligen Wartesaal des Ludwigsbahnhofs eingelagert. Zugriff auf den Raum hatte Gustl Schneider wohl deshalb, da seine Eltern die Kioskbesitzer am Ludwigsbahnhof waren und auch dort ihre Wohnung hatten.
 
=== Mitwirkende ===
Mitfahrer für die Weltreise sollte von Anfang an der Jugendfreund Robert Sauer sein. Eigens hierzu hatte man bereits im September 1925 eine Donaufahrt von Ingolstadt nach Passau unternommen, um das Paddelfahren besser zu erlernen. Jedoch war Sauer von einem Tag auf den anderen weg. Wie sich herausstellte, hatte sich Robert Sauer mit seinem Bruder Oskar und seiner Schwester kurzfristig entschlossen in die USA auszuwandern, sodass Gustl Schneider über Nacht ohne Partner da stand. Nicht nur, dass der Paddelpartner nun fehlte, es fehlten auch knapp 500 Mark in der Reisekasse, die Sauer mitgebracht hätte, sodass das ganze Projekt zu scheitern drohte. Emil Hildebrandt, der ebenfalls von Anfang an mit dabei war und hätte einspringen können, kam leider nicht in Frage, da er keine finanziellen Mittel aufbringen konnte.
 
Schneider ließ sich jedoch nicht entmutigen und entschloss sich weiterzumachen. Sein Freund Emil Hildebrandt unterstützte ihn nach Kräften, und so nutzte man kurz vor Weihnachten 1925 die Gunst der Stunde für eine erneute Probefahrt. Nach starkem Schneefall und Schneeschmelze setzte das Hochwasser in Fürth die Flussauen unter Wasser. Schneider war der Meinung, diese Situation zum Ausprobieren der Segel zu nutzen und setzte das Boot bei der [[Siebenbogenbrücke]] ins Wasser. Als sie jedoch zum Wehr an der [[Foerstermühle]] kamen, kippte das Boot leicht und Emil Hildebrandt sprang heraus - Gustl Schneider fiel dabei heraus und das Boot trieb ab. Während Hildebrandt direkt an das rettende Ufer schwamm, entschied sich Schneider seinem Boot in der Eiseskälte nachzuschwimmen. Erst bei der Stadelner Eisenbahnbrücke gelang es ihm, dass Boot einzuholen und einzusteigen, sodass er im Überschwemmungsbereich bis zum [[Käppnersteg]] alleine zurückpaddelte. Der inzwischen ebenfalls herbeigeeilte Freund Hildebrandt stieg hier hinzu - und so paddelte man gemeinsam bis zum [[Fronmüllersteg]] an der Siebenbogenbrücke. Die Probefahrt wurde zu einem Fiasko, dass die Freundschaft zwar anfänglich belastete - dennoch etwas Gutes mit sich brachte. Damit künftig das Boot nicht so leicht kentern kann, wurde im vorderen Bereich ein wasserdichter Behälter eingebaut, der a) das Boot schwer machte und einen tieferen Schwerpunkt gab, womit das Kentern erschwert werden sollte und b) dem Boot durch die eingeschlossene Luft mehr Auftrieb gab. Selbst der örtlichen Presse blieb dieser Unfall nicht unbemerkt. So berichtete sie, dass die beiden in der Rednitz Schiffbruch erlitten hatten und zum Erstaunen der Anwesenden die Bootsfahrer sich weniger Sorgen um das eigene Leben als um das Boot machten. Statt sich in Sicherheit zu bringen, war man eher bemüht, die im Boot befindlichen Sachen wieder aus dem Fluss zu fischen.
 
=== Finanzielle Schwierigkeiten ===
Es folgten weitere Hürden, womit Gustl Schneider nicht gerechnet hatte. Zwar war technisch inzwischen alles soweit reisefertig, allerdings fehlten ihm die formalen Voraussetzungen für seine Weltreise. Er benötigte einen Reisepass und Visa, um seine Reise antreten zu können - allerdings weigerte sich das Fürther Passamt ihm einen Pass auszustellen, da er nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügte. Weiterhin fehlte der Partner für die Fahrt. Emil Hildebrandt kam nicht in Frage, da ihm schlicht die Mittel zur Reise fehlten - weiter Freunde wie Paul Schmidt, Martin Dorn oder Georg Müdsam waren ebenfalls nicht bereit, die Fahrt auf sich zu nehmen. Schließlich entschied sich Schneider, den befreundeten Schwimmverein Franken e. V. um Unterstützung zu bitten, sowohl in finanzieller als auch personeller Art. Schneider bat um 400 Mark, die er nach der Reise durch die Einnahmen von Lichtbildvorträgen wieder zurückzahlen wollte. Als auch diese Option zu scheitern drohte, schlug der Vater Fritz Schneider seinem Sohn vor, dass er ihm die 400 Mark geben würde - unter der Voraussetzung, dass er seinen Bruder Sepp Schneider mitnehmen würde. Die Begeisterung Schneiders hielt sich in Grenzen, da er seinem Bruder diesbezüglich nicht all zu viel zutraute - allerdings blieb ihm nichts weiter übrig, als auf den Vorschlag des eigenen Vaters einzugehen, wenn die Reise noch stattfinden sollte. Gleichzeitig baute der Vater weiter Druck auf seinen Sohn auf, in dem er als Kioskbesitzer seinen Kontakte zur örtliche Presse nutzte, sodass kaum eine Woche verging, in der nicht über die geplante Reise berichtet wurde. Zusätzlich hatte der Vater bereits von seinem Sohn samt Boot Ansichtskarten anfertigen lassen, die er fleißig in seinem Kiosk verkaufte - womit öffentlich der Druck auf Gustl Schneider stetig stieg - zum Leidwesen Gustl Schneiders. Letztendlich entschied sich Schneider für den Start seiner Reise - mit Bruder - ab 11. April 1926.
 
=== Abreise ===
Am 11. April 1926 fand sich ein Tross von mehreren hundert Menschen in Fürth ein, die die beiden Paddler zu Fuß über die Ludwigsbrücke zum Hafen eskortierten. Unter anderem war ungefähr die Hälfte der Mitglieder - knapp 500 Menschen - des Schwimmvereins Franken erschienen, auch die Kanuabteilung war vollzählig erschienen - dabei sang der Geleitzug das Abschiedslied „Muss i denn zum Städtele hinaus“. Dabei begleiteten viele der Anwesenden die beiden Paddler bis nach Nürnberg - nach eigenen Angaben waren es bis zum ehem. Sportplatz des Arbeitersportvereins Nürnberg 04 Süd in Nürnberg-Werderau am Kanal mehrere Tausend Menschen. Dabei gab es zum Abschied mit dem Vater Fritz noch einmal Ärger wegen der Presse, mit der dieser vereinbart hatte, dass für die Berichterstattung pro Zeile jeweils 0,30 Pfennige an ihn gezahlt werden - wovon Gustl Schneider keine Kenntnis hatte. Auch die zugesagten 400 Mark waren nicht da - vielmehr hatte der Vater das Geld auf verschiedenen Banken auf dem Reiseweg verteilt deponiert, sodass eine Auszahlung jeweils nur vor Ort erfolgen konnte. Der Sohn - Gustl Schneider - begann nach eigenen Angaben somit die Fahrt mit sage und schreibe 3 Mark, die er gerade in der Tasche einstecken hatte.
 
Die Fahrt führte nun über die Donau Richtung Österreich - und je weiter die Brüder von Fürth kamen - desto unaufgeregter wurde die Fahrt medial verfolgt. Lediglich in Wien wurden die Brüder erneut feierlich begrüßt, ein ortsansässiger Sportverein mit 30.000 Mitgliedern hatte Kunde von der Fahrt erhalten und begrüßte die beiden Brüder mit einem großen Empfang.
 
=== Reiseetappen ===
Die Reiseetappen sahen wie folgt aus:
* 11. April 1926: Start in Fürth
* 12. bis 15. April 1926: Ludwigskanal und Altmühltal
* 16./17. April 1926: Regensburg
* 17. bis 24. April 1926: Auf der Donau bis Wien
* 24. bis 26. April 1926: Wien
* 26. April bis 8. Mai 1926: Von Wien bis Belgrad
* 13. bis 29. Mai 1926: Vom Eisernen Tor zum Schwarzen Meer
* 30./31. Mai 1926: Bosporus und Konstantinopel
* 1. bis 9. Juni 1926: Durchs Mittelmeer bis Jaffa
* 10. bis 22. Juni 1926: Palästina
* 23. bis 30. Juni 1926: Überfahrt nach Ägypten
* 1. bis 10. Juli 1926: Per Bahn zu den Pyramiden
* 11. bis 28. Juli 1926: Rückfahrt über Italien
* 28. August 1926: Rückkehr in Fürth


== Reise ==
=== Nachbereitung ===


== Literatur ==
== Literatur ==

Aktuelle Version vom 3. Oktober 2024, 22:51 Uhr

Gustav ("Gustl") Heinrich Schneider (geb. 18. März 1899 in Fürth; gest. 28. Dezember 1971 Teneriffa/Spanien) reiste mit seinem Bruder Joseph "Sepp" Schneider 1926 mit einem Paddelboot von Fürth nach Afrika.

Paddelbootreise nach Afrika

Die Brüder Joseph und Gustav Schneider kurz vor der Reise nach Afrika, 1926

Gustl Schneider erlangte Ende der 1920er Jahre in Fürth große Bekanntheit aufgrund seiner Paddelbootreise nach Afrika. Mit ein paar Freunden hatte er sich eigens dafür ein Paddelboot gebaut, welches zusätzlich bei Bedarf mit einem Segel ausgestattet werden konnte. Damit fuhr er in Begleitung mit seinem Bruder vom Kanalhafen Fürth über Nürnberg nach Kelheim, Regensburg, Wien, Budapest, Belgrad bis ins Schwarze Meer, an dessen Küste entlang nach Konstantinopel (heute Istanbul), nach Smyrna (heute Izmir), Tel Aviv-Jaffa, Jerusalem, Kairo und Alexandria. Dort setzten die beiden Brüder mit dem Dampfer über das Mittelmeer nach Cantania in Sizilien und fuhren erneut mit dem Paddelboot an der Küste entlang bis nach Neapel. Die Weiterfahrt über Rom, Genua, Mailand und dann auf dem Fluss Po nach Venedig und Triest kam unerwartet nicht mehr zustande.

Reisevorbereitung

Die Idee zur Weltreise mittels Boot kam Gustav Schneider nach eigenen Angaben beim Lesen der Arbeitersportzeitung „Wassersport“ Anfang der 1920er Jahre. Insbesondere ein Artikel ließ ihn nicht mehr los. Dabei handelte es sich um den Reisebericht einer Gruppe von drei Paddlern, die in der Donau an der Grenze zwischen Rumänien und dem heutigen Serbien kenterten, wobei einer der Paddler ertrank. Gustl Schneider war nach dem Lesen der Meinung, dass er so eine Reise auch unternehmen könnte, ohne dass es dabei zu solch einem Unfall kommen müsste. Da er kein Boot besaß, kam er auf die Idee selbst eines anzufertigen. Die Pläne entnahm er aus der Zeitschrift des Arbeiter- und Turn- und Sportbundes (ATSB), die sich als Gegenbewegung der sich gerade neu gegründeten nationalsozialistisch geprägten Deutschen Turnschaftsbewegung verstand.

Das Boot sollte zunächst aus Holz gebaut werden mit den Maßen 5,20 m lang und 0,80 m breit. Das erste Exemplar baute Gustl Schneider zu Hause im Schlafzimmer. Der Freund Schneiders, Emil Hildebrandt, schlug zu einem frühen Zeitpunkt vor, dass Boot aus Aluminium und Metall zu bauen, dass gleichzeitig in drei Teil zerlegbar sein sollte. Auch ein weiterer Freund war von der ersten Stunde mit dabei, der Gürtler Robert Sauer, den Schneider seit seiner frühsten Kindheit gut kannte. Bei dem Flaschner Georg Müdsam, dessen Vater in der Mondstraße 3 eine Flaschnerei hatte, wurde nun das neue Boot aus Metall und Aluminum gebaut. Da Schneider nicht vermögend war, einigte man sich, dass er lediglich für die Materialkosten aufkommen müsse (50 bis 60 Mark) - im Gegenzug stellte Schneider für Müdsam ein paar Skier und einen Kleiderschrank her. Das neue Boot wurde in der nahe gelegenen Rednitz das erstmal zu Wasser gelassen und bestand die Feuertaufe. Schneider nahm das Boot in seine Wohnung in der Karolinenstraße und lagerte es erneut im Schlafzimmer, zerlegt in drei Teilen. Im Hof wurde das Boot wieder zusammengebaut und von einem weiteren Freund, dem Grabsteinhauer Hans Kreuzer, bemalt. Dabei wurde dem Boot auch erstmals sichtbar ein Name gegeben: Fried-Liese. Der Name ist ein Akronym der Vornamen der Eltern: Friedrich und Elisabeth. Nach der Fertigstellung wurde das Boot im ehemaligen Wartesaal des Ludwigsbahnhofs eingelagert. Zugriff auf den Raum hatte Gustl Schneider wohl deshalb, da seine Eltern die Kioskbesitzer am Ludwigsbahnhof waren und auch dort ihre Wohnung hatten.

Mitwirkende

Mitfahrer für die Weltreise sollte von Anfang an der Jugendfreund Robert Sauer sein. Eigens hierzu hatte man bereits im September 1925 eine Donaufahrt von Ingolstadt nach Passau unternommen, um das Paddelfahren besser zu erlernen. Jedoch war Sauer von einem Tag auf den anderen weg. Wie sich herausstellte, hatte sich Robert Sauer mit seinem Bruder Oskar und seiner Schwester kurzfristig entschlossen in die USA auszuwandern, sodass Gustl Schneider über Nacht ohne Partner da stand. Nicht nur, dass der Paddelpartner nun fehlte, es fehlten auch knapp 500 Mark in der Reisekasse, die Sauer mitgebracht hätte, sodass das ganze Projekt zu scheitern drohte. Emil Hildebrandt, der ebenfalls von Anfang an mit dabei war und hätte einspringen können, kam leider nicht in Frage, da er keine finanziellen Mittel aufbringen konnte.

Schneider ließ sich jedoch nicht entmutigen und entschloss sich weiterzumachen. Sein Freund Emil Hildebrandt unterstützte ihn nach Kräften, und so nutzte man kurz vor Weihnachten 1925 die Gunst der Stunde für eine erneute Probefahrt. Nach starkem Schneefall und Schneeschmelze setzte das Hochwasser in Fürth die Flussauen unter Wasser. Schneider war der Meinung, diese Situation zum Ausprobieren der Segel zu nutzen und setzte das Boot bei der Siebenbogenbrücke ins Wasser. Als sie jedoch zum Wehr an der Foerstermühle kamen, kippte das Boot leicht und Emil Hildebrandt sprang heraus - Gustl Schneider fiel dabei heraus und das Boot trieb ab. Während Hildebrandt direkt an das rettende Ufer schwamm, entschied sich Schneider seinem Boot in der Eiseskälte nachzuschwimmen. Erst bei der Stadelner Eisenbahnbrücke gelang es ihm, dass Boot einzuholen und einzusteigen, sodass er im Überschwemmungsbereich bis zum Käppnersteg alleine zurückpaddelte. Der inzwischen ebenfalls herbeigeeilte Freund Hildebrandt stieg hier hinzu - und so paddelte man gemeinsam bis zum Fronmüllersteg an der Siebenbogenbrücke. Die Probefahrt wurde zu einem Fiasko, dass die Freundschaft zwar anfänglich belastete - dennoch etwas Gutes mit sich brachte. Damit künftig das Boot nicht so leicht kentern kann, wurde im vorderen Bereich ein wasserdichter Behälter eingebaut, der a) das Boot schwer machte und einen tieferen Schwerpunkt gab, womit das Kentern erschwert werden sollte und b) dem Boot durch die eingeschlossene Luft mehr Auftrieb gab. Selbst der örtlichen Presse blieb dieser Unfall nicht unbemerkt. So berichtete sie, dass die beiden in der Rednitz Schiffbruch erlitten hatten und zum Erstaunen der Anwesenden die Bootsfahrer sich weniger Sorgen um das eigene Leben als um das Boot machten. Statt sich in Sicherheit zu bringen, war man eher bemüht, die im Boot befindlichen Sachen wieder aus dem Fluss zu fischen.

Finanzielle Schwierigkeiten

Es folgten weitere Hürden, womit Gustl Schneider nicht gerechnet hatte. Zwar war technisch inzwischen alles soweit reisefertig, allerdings fehlten ihm die formalen Voraussetzungen für seine Weltreise. Er benötigte einen Reisepass und Visa, um seine Reise antreten zu können - allerdings weigerte sich das Fürther Passamt ihm einen Pass auszustellen, da er nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügte. Weiterhin fehlte der Partner für die Fahrt. Emil Hildebrandt kam nicht in Frage, da ihm schlicht die Mittel zur Reise fehlten - weiter Freunde wie Paul Schmidt, Martin Dorn oder Georg Müdsam waren ebenfalls nicht bereit, die Fahrt auf sich zu nehmen. Schließlich entschied sich Schneider, den befreundeten Schwimmverein Franken e. V. um Unterstützung zu bitten, sowohl in finanzieller als auch personeller Art. Schneider bat um 400 Mark, die er nach der Reise durch die Einnahmen von Lichtbildvorträgen wieder zurückzahlen wollte. Als auch diese Option zu scheitern drohte, schlug der Vater Fritz Schneider seinem Sohn vor, dass er ihm die 400 Mark geben würde - unter der Voraussetzung, dass er seinen Bruder Sepp Schneider mitnehmen würde. Die Begeisterung Schneiders hielt sich in Grenzen, da er seinem Bruder diesbezüglich nicht all zu viel zutraute - allerdings blieb ihm nichts weiter übrig, als auf den Vorschlag des eigenen Vaters einzugehen, wenn die Reise noch stattfinden sollte. Gleichzeitig baute der Vater weiter Druck auf seinen Sohn auf, in dem er als Kioskbesitzer seinen Kontakte zur örtliche Presse nutzte, sodass kaum eine Woche verging, in der nicht über die geplante Reise berichtet wurde. Zusätzlich hatte der Vater bereits von seinem Sohn samt Boot Ansichtskarten anfertigen lassen, die er fleißig in seinem Kiosk verkaufte - womit öffentlich der Druck auf Gustl Schneider stetig stieg - zum Leidwesen Gustl Schneiders. Letztendlich entschied sich Schneider für den Start seiner Reise - mit Bruder - ab 11. April 1926.

Abreise

Am 11. April 1926 fand sich ein Tross von mehreren hundert Menschen in Fürth ein, die die beiden Paddler zu Fuß über die Ludwigsbrücke zum Hafen eskortierten. Unter anderem war ungefähr die Hälfte der Mitglieder - knapp 500 Menschen - des Schwimmvereins Franken erschienen, auch die Kanuabteilung war vollzählig erschienen - dabei sang der Geleitzug das Abschiedslied „Muss i denn zum Städtele hinaus“. Dabei begleiteten viele der Anwesenden die beiden Paddler bis nach Nürnberg - nach eigenen Angaben waren es bis zum ehem. Sportplatz des Arbeitersportvereins Nürnberg 04 Süd in Nürnberg-Werderau am Kanal mehrere Tausend Menschen. Dabei gab es zum Abschied mit dem Vater Fritz noch einmal Ärger wegen der Presse, mit der dieser vereinbart hatte, dass für die Berichterstattung pro Zeile jeweils 0,30 Pfennige an ihn gezahlt werden - wovon Gustl Schneider keine Kenntnis hatte. Auch die zugesagten 400 Mark waren nicht da - vielmehr hatte der Vater das Geld auf verschiedenen Banken auf dem Reiseweg verteilt deponiert, sodass eine Auszahlung jeweils nur vor Ort erfolgen konnte. Der Sohn - Gustl Schneider - begann nach eigenen Angaben somit die Fahrt mit sage und schreibe 3 Mark, die er gerade in der Tasche einstecken hatte.

Die Fahrt führte nun über die Donau Richtung Österreich - und je weiter die Brüder von Fürth kamen - desto unaufgeregter wurde die Fahrt medial verfolgt. Lediglich in Wien wurden die Brüder erneut feierlich begrüßt, ein ortsansässiger Sportverein mit 30.000 Mitgliedern hatte Kunde von der Fahrt erhalten und begrüßte die beiden Brüder mit einem großen Empfang.

Reiseetappen

Die Reiseetappen sahen wie folgt aus:

  • 11. April 1926: Start in Fürth
  • 12. bis 15. April 1926: Ludwigskanal und Altmühltal
  • 16./17. April 1926: Regensburg
  • 17. bis 24. April 1926: Auf der Donau bis Wien
  • 24. bis 26. April 1926: Wien
  • 26. April bis 8. Mai 1926: Von Wien bis Belgrad
  • 13. bis 29. Mai 1926: Vom Eisernen Tor zum Schwarzen Meer
  • 30./31. Mai 1926: Bosporus und Konstantinopel
  • 1. bis 9. Juni 1926: Durchs Mittelmeer bis Jaffa
  • 10. bis 22. Juni 1926: Palästina
  • 23. bis 30. Juni 1926: Überfahrt nach Ägypten
  • 1. bis 10. Juli 1926: Per Bahn zu den Pyramiden
  • 11. bis 28. Juli 1926: Rückfahrt über Italien
  • 28. August 1926: Rückkehr in Fürth

Nachbereitung

Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise

Bilder