Erste Fürther Lumpensortieranstalt: Unterschied zwischen den Versionen
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Unter Lumpen (Hadern) wurden im allgemeinen Abfälle und Reste bzw. Überbleibsel von gebrauchten und ungebrauchten Kleidungsstücken, oder ähnlichen Stücken um die Jahrhundertwende zusammengefasst. Diese Web- und Wirkwaren wurden meist durch einen Häcksler verkleinert und zu einem neuen Rohstoff für die Industrie verarbeitet. Gleichzeitig konnte man damit Putz- und Polsterwolle herstellen. Die Herstellung dieses Rohstoffes war für die Arbeiter nicht ganz ungefährlich, da die sog. Urstoffe (Kleidungs- und Stoffreste) meist mit Ansteckungskeimen stark kontaminiert und verunreinigt waren. Selbst Lumpen aus Krankenhäusern und Kliniken wurden zunächst unbedacht verwendet, so dass in einigen Städten Mitarbeiter in Lumpensortierantstalten sich mit Milzbrand oder Pocken ansteckten. Allein 1907 wurden in Bayern und Hessen 25 solchte Fälle gemeldet, bei denen einige der Mitarbeiter sogar an der Erkrankung verstarben. Man sprach um die Jahrhundertwende bei Milzbrand gar von der "Hadernkrankhkeit" bzw. "Wollsortierkrankheit".<ref>A. Gottstein, A. Schossmann, L. Teleky (Hrsg.): Handbuch der sozialen Hygiene und Gesundheitsfürsorge, Band 2, Julius Springer Verlag Berlin, 1926, S. 713ff.</ref> | Unter Lumpen (Hadern) wurden im allgemeinen Abfälle und Reste bzw. Überbleibsel von gebrauchten und ungebrauchten Kleidungsstücken, oder ähnlichen Stücken um die Jahrhundertwende zusammengefasst. Diese Web- und Wirkwaren wurden meist durch einen Häcksler verkleinert und zu einem neuen Rohstoff für die Industrie verarbeitet. Gleichzeitig konnte man damit Putz- und Polsterwolle herstellen. Die Herstellung dieses Rohstoffes war für die Arbeiter nicht ganz ungefährlich, da die sog. Urstoffe (Kleidungs- und Stoffreste) meist mit Ansteckungskeimen stark kontaminiert und verunreinigt waren. Selbst Lumpen aus Krankenhäusern und Kliniken wurden zunächst unbedacht verwendet, so dass in einigen Städten Mitarbeiter in Lumpensortierantstalten sich mit Milzbrand oder Pocken ansteckten. Allein 1907 wurden in Bayern und Hessen 25 solchte Fälle gemeldet, bei denen einige der Mitarbeiter sogar an der Erkrankung verstarben. Man sprach um die Jahrhundertwende bei Milzbrand gar von der "Hadernkrankhkeit" bzw. "Wollsortierkrankheit".<ref>A. Gottstein, A. Schossmann, L. Teleky (Hrsg.): Handbuch der sozialen Hygiene und Gesundheitsfürsorge, Band 2, Julius Springer Verlag Berlin, 1926, S. 713ff.</ref> | ||
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Aktuelle Version vom 26. November 2021, 22:07 Uhr
Die Erste Fürther Lumpensortieranstalt war eine Firma der Eheleute Marcus und Malka Mandel in der Lilienstraße 7 (ehemals).
Unter Lumpen (Hadern) wurden im allgemeinen Abfälle und Reste bzw. Überbleibsel von gebrauchten und ungebrauchten Kleidungsstücken, oder ähnlichen Stücken um die Jahrhundertwende zusammengefasst. Diese Web- und Wirkwaren wurden meist durch einen Häcksler verkleinert und zu einem neuen Rohstoff für die Industrie verarbeitet. Gleichzeitig konnte man damit Putz- und Polsterwolle herstellen. Die Herstellung dieses Rohstoffes war für die Arbeiter nicht ganz ungefährlich, da die sog. Urstoffe (Kleidungs- und Stoffreste) meist mit Ansteckungskeimen stark kontaminiert und verunreinigt waren. Selbst Lumpen aus Krankenhäusern und Kliniken wurden zunächst unbedacht verwendet, so dass in einigen Städten Mitarbeiter in Lumpensortierantstalten sich mit Milzbrand oder Pocken ansteckten. Allein 1907 wurden in Bayern und Hessen 25 solchte Fälle gemeldet, bei denen einige der Mitarbeiter sogar an der Erkrankung verstarben. Man sprach um die Jahrhundertwende bei Milzbrand gar von der "Hadernkrankhkeit" bzw. "Wollsortierkrankheit".[1]
1936 übernehmen die Brüder Leo und Jean Mandel die Geschäftsführung. Allerdings werden die beiden Brüder, die aus einer polnisch-jüdischen Familie abstammen, am 28. Oktober 1938 im Rahmen der sog. Polenaktion nach Polen deportiert. Das Geschäft und der größtenteils zurückgelassene Familienbesitz wird in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 im Rahmen der Pogromnacht verwüstet von den Nationalsozialisten gezielt zerstört bzw. verwüstet.
Während der Geschäftsinhaber Leo Mandel mit seiner Frau Babeth und dem Sohn Jackie in Polen von den Nationalsozialisten ermordet wurde, gelang dem Bruder Jean Mandel das Überleben der NS-Zeit in Polen bzw. Russland. Bereits kurz nach Kriegsende kam Jean Mandel als einer der ersten ehem. jüdischen Bürger der Stadt Fürth wieder in seine alte Heimatstadt und baute das elterliche Geschäft wieder auf. In der Hirschenstraße 65 entstand die neue Textilfabrik Adema - Jean Mandel Fürth, die Mandel gemeinsam mit seiner Frau bis zu seinem Tod 1974 betrieb. Danach wird das Unternehmen von der Witwe Adele Mandel noch als Stoffexportfirma genutzt, bis auch sie - vermutlich 1978 - das Unternehmen endgültig schloss.
Das ursprüngliche Fabrikationsgebäude in der Lilienstraße 7 fiel der Flächensanierung des Gänsberg zum Opfer. Heute steht hier ein Mehrfamilienmietshaus unter der Adresse Beim Liershof 5.
Siehe auch
- Jean Mandel
- Marcus Mandel
- Malka Mandel
- Adema - Jean Mandel Fürth
- Adam Schoder & Söhne
- Fraveliershof
- Stadt Fürth (Gaststätte)
- Lilienstraße (ehemals)
- Adam Schoder & Söhne
Einzelnachweise
- ↑ A. Gottstein, A. Schossmann, L. Teleky (Hrsg.): Handbuch der sozialen Hygiene und Gesundheitsfürsorge, Band 2, Julius Springer Verlag Berlin, 1926, S. 713ff.
Bilder
Luftbild vom Gänsberg während der sog. Flächensanierung: Im Hintergrund noch die Foerstermühle und der ehem. Schlachthof, im Vordergrund die Reste des ehem. Gänsbergs vor dem Abriss, Mitte unten Lilienstr. 7 (mit gelber Hauswand), rechts daneben der Fraveliershof (Aufnahme ca. 1973)